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# taz.de -- Studie zu Einwanderung nach Deutschland: Kein Integrationsweltmeist…
> Deutschland macht in der Integrationspolitik laut einer neuen Studie kaum
> Fortschritte. Es fehlen vor allem Bleibeperspektiven.
Bild: Leider nicht für abgelehnte Asylbewerber:innen: Die „Jobbörse für Ge…
Berlin taz | Deutschland ist aus den Top Ten der besten Integrationsländer
gerutscht. Das geht aus einem Vorabbericht zum fünften internationalen
Integrationsindex MIPEX hervor, den der Rat für Migration am Montag
vorgestellt hat. Das exakte Abschneiden wird erst – wie der komplette
Bericht – am Mittwoch veröffentlicht. Fest steht aber, dass Deutschland 58
von maximal 100 möglichen Punkten erreicht. Im Vergleich zu 2014 hat man
sich um gerade mal einen Punkt verbessert.
Damit landet Deutschland in einer Gruppe mit Ländern wie Frankreich, den
Niederlanden oder Großbritannien. An der Spitze liegen Schweden (86
Punkte), Finnland (85) und Portugal (81).
„Deutschland stagniert in seinen Bemühungen“, sagte Thomas Huddelston,
Leiter der Forschungsabteilung von der Migration Policy Group. Der
Brüsseler Thinktank hat die Integrationspolitik von 52 Ländern in acht
Politikfeldern miteinander verglichen, darunter Arbeitsmarkt,
Einbürgerungsmöglichkeiten oder Zugang zu Gesundheit. Die Autor:innen
rechnen Deutschland der Gruppe von Ländern zu, die eine „vorübergehende
Integration“ unterstützten. Das sei auf dem Arbeitsmarkt zu sehen. Dort
wurden die Rechte von Nicht-EU-Ausländer:innen gestärkt, indem etwa die
Anerkennung ausländischer Abschlüsse vereinfacht wurde.
Der Bericht kritisiert jedoch, dass die deutsche Integrationspolitik
Migrant:innen aus Nicht-EU-Ländern eine sichere Aufenthaltsperspektive
verwehre. Dafür verantwortlich seien etwa die [1][strengen Regeln beim
Familiennachzug], die Hürden für einen permanenten Aufenthaltstitel. Auch
erhielten Migrant:innen oft nicht die nötige Unterstützung, etwa wenn
sie zum Arzt müssten oder sich gegen Diskriminierung wehren möchten.
## Fehlende Sicherheit als „zentrale Schwäche“
Sabine Hess, Direktorin des Centers für Globale Migrationsforschung der
Universität Göttingen und im Vorstand des Rats für Migration, kritisierte
die „Integration auf Zeit“, die sich vor allem an ökonomischen Bedürfniss…
orientiere. Bei der Familienzusammenführung seien die Regeln in den
vergangenen Jahren sogar restriktiver geworden. „Geflüchtete aus
sogenannten sicheren Herkunftsstaaten können ihre Angehörige nicht
nachholen“, so Hess.
Ähnlich äußerte sich auch Albert Scherr, Leiter des Instituts für
Soziologie an der Pädagogischen Hochschule Freiburg und ebenfalls im Rat
für Migration. Die fehlende Sicherheit für Migrant:innen bezeichnet er
als eine „zentrale Schwäche“. Besonders schwierig sei dies für
[2][Flüchtlinge] mit Duldung. Menschen hangelten sich über Jahre von einem
Aufenthaltstitel zum nächsten.
Scherr empfiehlt einen Rechtsanspruch auf Bleiberecht für Menschen, die
drei oder fünf Jahre in Deutschland leben. Außerdem fordert er die
Aufhebung des Arbeitsverbots für Geflüchtete aus „sicheren
Herkunftsstaaten“.
Bisher sieht das Asylrecht nur in bestimmten Fällen eine Arbeitserlaubnis
vor. Die Forderungen der Wirtschaft, abgelehnten Asylbewerber:innen einen
Zugang zum Arbeitsmarkt zu gewähren, hat die Bundesregierung in dem seit
März geltenden Fachkräfteeinwanderungsgesetz nicht berücksichtigt.
## Geflüchtete bei jedem vierten Unternehmen
„Die verabschiedeten Gesetze im Bereich der Duldungen müssen wir
dahingehend nachsteuern, dass Menschen, die sich anstrengen, gut
integrieren und nichts zuschulden kommen lassen, auch die Möglichkeit für
eine echte Bleibeperspektive bekommen“, sagt Lars Castellucci,
migrationspolitischer Sprecher der SPD, der taz.
Er verweist aber auch auf die Erfolge. Über die Hälfte der Geflüchteten sei
heute sozialversicherungspflichtig beschäftigt oder in Ausbildung. „Das ist
mehr, als ich selbst erwartet habe.“ Nach einer Umfrage des Instituts der
deutschen Wirtschaft (IW) vom September beschäftigt knapp jedes vierte
Unternehmen in Deutschland Geflüchtete.
Die migrationspolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, Filiz
Polat, fordert, die Potenziale von Geflüchteten stärker in den Blick zu
nehmen: „Die Studie zeigt einmal mehr: Deutschland als Einwanderungsland
macht seine Hausaufgaben nicht. Menschen, die von Abschiebung bedroht, aber
in Deutschland integriert sind, brauchen eine aufenthaltsrechtliche
Perspektive.“
7 Dec 2020
## LINKS
[1] /Gefluechtete-in-Deutschland/!5734361
[2] /Schwerpunkt-Flucht/!t5201005
## AUTOREN
Ralf Pauli
## TAGS
Integrationspolitik
Schwerpunkt Flucht
Migration
Schwerpunkt Coronavirus
Gesellschaftliche Teilhabe
Einwanderung
Integration
Schwerpunkt Rassismus
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