# taz.de -- Künstlerin über Gewalt gegen Frauen: „Schicksale sind divers“ | |
> Aktivist:innen protestieren am Donnerstag gegen eine Ausstellung, die | |
> Frauen als Objekte darstellt. Die Künstlerin Julia Schramm erklärt die | |
> Kritik. | |
Bild: Auf Instagram zeigen Künstler:innen, wie man Gewalt gegen Frauen anders … | |
taz: Frau Schramm, nahe dem Brandenburger Tor ist am Donnerstag eine | |
eintägige Installation des Künstlers Dennis Meseg zu sehen, die Gewalt | |
gegen Frauen thematisiert. Sie und andere Feminist:innen protestieren | |
dagegen. Warum? | |
Julia Schramm: Die Ausstellung heißt „Broken“, „zerbrochen“. Das ist | |
problematisch. Viele wollen nicht darauf reduziert werden, dass ihnen | |
Gewalt widerfahren ist. Deshalb haben wir für unseren Gegenprotest, den | |
Hashtag [1][#stillnotbroken] gewählt. | |
Welche Kritik gibt es noch? | |
Die Außenwirkung der Figuren finde ich ganz wichtig. Der Künstler hat | |
Schaufensterpuppen in Klebeband eingewickelt, „raped“ draufgeschrieben und | |
andere extreme Aussagen. Es gibt Betroffene, die uns sagten, dass sie | |
getriggert werden. | |
In einem Statement schreiben Sie auch, dass die Frauen zu einseitig | |
dargestellt werden. | |
Er hat ein problematisches Frauenbild. Meseg schreibt von Müttern, | |
Schwestern und von archetypischen Frauentypen. Das sind sehr schnulzige | |
Worte. Dazu kommt die Opferzuschreibung. Meseg sagt, er spricht alle an. | |
Einzelschicksale sind divers. Alle Puppen von ihm sind weiß und | |
Schaufensterpuppen haben ja unrealistische Körperteile. Aber die Kritik, | |
die diversere Gruppen, People of Color und trans Personen üben, spricht er | |
ab. | |
Sie schreiben in Ihrem Statement, dass Sie die Fokussierung auf die | |
vermeintlichen Opfer stört, weil sie triggern kann. Würde eine Fokussierung | |
auf die Täter nicht auch triggern? | |
Die Balance zu finden, ist nicht einfach. Uns erreicht über Instagram Kunst | |
von Frauen, die sich mit dem Thema beschäftigen und empowernd ist. | |
Wie hat der Künstler auf die Kritik reagiert? | |
Er hat gesagt: Er möchte eine Retraumatisierung. Er lässt überhaupt nicht | |
mit sich reden. | |
Die Ausstellung war schon in anderen Städten. Wie reagierten Passant:innen | |
dort? | |
Die Figuren wurden von Passant:innen teilweise angefasst, auf sexuelle Art | |
und Weise. Uns wurde gesagt, dass da nicht eingeschritten wurde. | |
Sie sind selbst Künstlerin und haben sicher einen anderen Blick auf die | |
Ausstellung als andere Aktivist:innen. | |
Als Frau in der Kunstszene weiß ich: Es sind die männlichen Künstler, die | |
besonders laut sind, die sich gut vermarkten. Das macht Meseg und dazu auf | |
dem Rücken der [2][betroffenen Frauen]. Frauen sind zweimal benachteiligt: | |
Sie sind in der Kunst unterrepräsentiert und der Künstler präsentiert sich | |
als der Retter, der was für die Frauen tut. Es geht nicht darum, dass er | |
ein Mann ist. Es geht darum, wie er auf Kritik reagiert. Die blockiert er. | |
Sie versammeln sich deshalb nahe seiner Ausstellung in Berlin zu einer | |
Protestaktion. Wie sieht die aus? | |
Wir sind am Donnerstag von 10 bis 18 Uhr mit einem Infostand über | |
[3][Frauenzentren] vor Ort. Den genauen Ort geben wir unter #stillnotbroken | |
bekannt. | |
Werden Sie versuchen, mit dem Künstler ins Gespräch zu kommen? | |
Wir werden versuchen, Gesprächsangebote zu machen. | |
10 Dec 2020 | |
## LINKS | |
[1] http://Blinder%20Fleck%20der%20Gesetzgebung | |
[2] /Gewalt-gegen-Frauen-in-Deutschland/!5731362 | |
[3] /Gewalt-gegen-Frauen-und-Kinder/!5728093 | |
## AUTOREN | |
Nicole Opitz | |
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