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# taz.de -- Protest gegen Pandemie-Maßnahmen: Corona-Verharmloser suchen Gewalt
> GegnerInnen der Coronamaßnahmen und Rechtsextreme wollen am Mittwoch den
> Bundestag belagern. Protest in unmittelbarer Nähe wird aber verboten.
Bild: Rund um den Bundestag in Berlin werden nur friedliche Proteste erlaubt
Es soll eine Art Belagerung werden. Zu Mittwoch mobilisieren
[1][Corona-VerharmloserInnen und Rechtsextreme] nach Berlin zum Bundestag,
um gegen die dortige Verabschiedung des neuen Infektionsschutzgesetzes zu
demonstrieren – mit teils martialischer Rhetorik.
Das Parlament will am Mittag das neue Infektionsschutzgesetz beschließen,
in dem etwa Anordnungen von Schutzmaßnahmen wie Maskenpflichten konkreter
benannt werden. Dagegen mobilisieren bereits seit Tagen GegnerInnen der
Coronamaßnahmen. In Aufrufen ist von einem „Ermächtigungsgesetz“ die Rede,
es drohe die Einführung einer „Gesundheitsdiktatur“. Der Mittwoch sei „d…
Tag der Entscheidung“, es gehe um „die wichtigste Demo in der deutschen
Nachkriegsgeschichte“.
Zu den Protesten rufen auch die NPD und Reichsbürger auf. Und hier ist der
Ton noch mal schärfer. Die Zeit des friedlichen Protests sei vorbei, so der
Tenor. Man müsse den Bundestag blockieren, um das Gesetz zu verhindern.
„Wir werden die Regierung aus dem Amt jagen“, schreibt ein Nutzer. Ein
anderer: „Berlin muss brennen.“ Sicherheitsbehörden konstatierten eine
„bundesweite Mobilisierung durch extremistische Gruppierungen“ und
„vereinzelt konkrete Gewaltaufrufe“.
Bereits zuletzt hatte es in Leipzig Ausschreitungen bei Protesten von
Corona-VerharmloserInnen und Rechtextremen gegeben. Ende August liefen sie
in Berlin auf die Bundestagstreppe. Für Mittwoch meldete die Gegner der
Coronamaßnahmen nun mehrere Kundgebungen ab 9 Uhr mit 250 bis 4.000
TeilnehmerInnen an. Die Polizei erwartete in einer internen Einschätzung um
die 10.000 Demonstrierende.
## Angriffe auf staatliche Gebäude erwartet
Am Dienstagabend aber untersagte das Bundesinnenministerium im Einvernehmen
mit dem Bundestag Proteste in direkter Nähe des Parlaments. Der Bundestag
gilt als „befriedeter Bezirk“. Ihn umgibt eine Bannmeile, in dem
Demonstrationen grundsätzlich verboten sind – außer sie werden vom
Bundesinnenministerium erlaubt. Das geschieht regelmäßig, wenn ein
friedlicher Verlauf erwartet wird. Das Innenministerium sieht das für die
Coronaprotest jedoch nicht: „Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.“ Es
verwies auf die angekündigten Blockaden der Bundestagszugänge.
Der Sicherheitsbeauftragte des Bundestags hatte bereits zuvor in einem
Rundschreiben an die Abgeordneten auf eine LKA-Einschätzung verwiesen, laut
der mit Angriffen auf „staatliche Gebäude zu rechnen“ sei, auch mit
„gesundheitlichen Gefährdungen für Zutrittssuchende“. In dem Schreiben, d…
der taz vorliegt, werden deshalb auch verschärfte Einlasskontrollen und
zusätzliche Kontrollstellen an Verbindungspunkten zwischen den
Bundestagsgebäuden angekündigt. Möglicherweise müssten „lagebedingt“ ei…
Eingänge zeitwillig geschlossen werden. Ziel sei es, die Arbeitsfähigkeit
des Bundestags aufrechtzuerhalten.
Bereits am Montag hatten Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik und
Innensenator Andreas Geisel (SPD) angekündigt, gegen Verstöße wie das
Ignorieren eines Mund-Nasen-Schutzs „hart und entschlossen, aber auch mit
Augenmaß“ vorzugehen. Ein Polizeisprecher sagte am Dienstag der taz, man
wolle auch dafür sorgen, dass Zugänge zum Bundestag nicht blockiert würden.
Solche Versuche würden „konsequent geahndet“.
Der Berliner Verfassungsschutz warnte, dass schon zuletzt
RechtsextremistInnenen den Coronaprotest instrumentalisiert, teils auch
initiiert hätten. Von den übrigen Demonstrierenden habe es dabei „keinerlei
Abgrenzungsbemühungen“ gegeben.
## Unterstützung von der AfD
Eine der ursprünglichen Protestorganisatoren für den Mittwoch, eine Gruppe
von ImpfgegnerInnen, zog ihre Anmeldung inzwischen wieder zurück. Grund sei
das Risiko „gewalttätiger Auseinandersetzungen nach einer massiven
Mobilisierung links- und rechtsextremistischer Gruppen“. Man werde am
Mittwoch aber weiter „unorganisiert“ mitprotestieren. Eine weitere Gruppe
von Corona-VerharmloserInnen reagierte darauf umgehend und erklärte, die
Demo-Organisation zu übernehmen.
Die zuletzt sehr aktiven Querdenker-Gruppen mobilisieren nicht direkt zu
den Protesten, teilen aber die Aufrufe – ein möglicher Versuch, sich bei
Krawallen aus der Verantwortung ziehen zu können. Sie riefen dazu auf,
[2][Bundestagsabgeordnete mit Protestbriefen] zu überziehen.
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil (SPD) kritisierte am Dienstag die
Aktion. Dass das Infektionsschutzgesetz mit dem „Ermächtigungsgesetz“
gleichgesetzt werde, argumentiert „komplett gegen unsere Geschichte“. Es
gehe „um das Kaputtmachen, um das Spalten“.
Auf die Seite der Protestierenden stellte sich dagegen die AfD. Deren
Abgeordneter Karsten Hilse, der zuletzt mit Querdenken-Shirt im Bundestag
auftrat, sprach ebenfalls von einem „Ermächtigungsgesetz“, sein Kollege
Robby Schlund von einer aufziehenden „Gesundheitsdiktatur“. AfD-Chef Tino
Chrupalla kündigte an, seine Fraktion werde dem Gesetz „geschlossen
entgegentreten“. Dieses sei ein „Raubbau an unserer Demokratie“.
18 Nov 2020
## LINKS
[1] /Corona-Protest-nach-Leipzig-Demo/!5724075
[2] /Debatte-nach-rechter-Anti-Corona-Demo/!5710704
## AUTOREN
Konrad Litschko
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