# taz.de -- Krise der Gastronomie in der Provinz: Hoffen, hoffen, hoffen | |
> Die Gaststätte „Sonne“ ist dicht. Das Ehepaar Reichert hält sich mit | |
> Essenslieferungen über Wasser. Zu Besuch bei einer am Boden liegenden | |
> Branche. | |
Bild: Kerstin und Andreas Reichert in ihrer leeren Gaststätte | |
Acht Essen verkaufen sie an diesem Tag. Acht Mal Szegediner Gulasch, | |
Kartoffeln, große Würfel Fleisch, rote Soße, Sauerkohl. | |
Zwei Mal Gulasch fährt er mit dem Auto aus, zwei weiße Behälter in einem | |
schwarzen Kasten, er liefert nicht weit, fünf Minuten nach Norden, Süden, | |
Westen und Osten, er sagt, sonst lohne sich der Aufwand nicht. Sechs Essen | |
hat sie an der Tür verteilt, nicht vorn, wo die Gäste reinkommen, wenn ihre | |
Gaststätte geöffnet ist, nein, hinten an der Tür raus auf den Hof. | |
Sie, das ist Kerstin Reichert, 54 Jahre alt, ihr gehört die Gaststätte „Zur | |
Sonne“, seit 80 Jahren im Familienbesitz, sie kocht und sie macht das Büro. | |
Sie ist schon als kleines Mädchen im Schankraum herumgesprungen, in dem es | |
zu DDR-Zeiten abends knackevoll war, weil die Arbeiter direkt nach der | |
Schicht auf dem Feld ihr Bier hier getrunken haben. Einer hat sogar mal | |
seine Ziege mitgenommen, er wollte beweisen, dass die Pils trinkt. | |
Er, das ist Andreas Reichert, 55 Jahre alt, er hat mal Mikrochips gebaut | |
und sich dann fürs Kellnern entschieden, für das Stehen hinterm Tresen, | |
fürs Zapfen, dafür, nachts um zwei ins Bett zu gehen und morgens zwischen | |
halb acht und acht wieder aufzustehen. | |
## Die besten Monate und kaum ein Geschäft | |
So wäre es jedenfalls, wenn alles normal wäre. Der Winter, das ist ihre | |
Zeit. November, Dezember und Januar sind unsere besten Monate, sagt Kerstin | |
Reichert. Da kommen die Leute in die „Sonne“, hier in Tauche, knapp 90 | |
Kilometer südöstlich von Berlin, sie kuscheln sich zusammen zwischen den | |
mit braunem Holz verkleideten Wänden, auf dunkelbraunen Stühlen, unter | |
Lampen, die aussehen wie leuchtende Ohrenquallen im Schwebeflug. „Zur Sonne | |
ist die beste Medizin“ steht auf einem Schild mit gelben Blumen, auf einem | |
anderen „Freibier gibt es morgen“. Hinter dem Gastraum haben sie noch ein | |
Zimmer, wo sich die Vereine gerne treffen, und dahinter gibt es einen Saal | |
für große Feiern: Rentnerweihnacht, Familienfeste. | |
Fastnacht ist hier ein Riesending, aber das fällt auch flach. Es sind keine | |
normalen Zeiten, es ist Corona, und die Reicherts mussten im November | |
zumachen, so wie alle Gaststätten im Land. 1.000 bis 2.000 Euro würde ihnen | |
eine Familienfeier einbringen, sagt Kerstin Reichert. Ihr Mann schätzt, | |
dass ihnen in diesem Jahr 80 Prozent des Umsatzes flöten gehen, vielleicht | |
mehr. Beim [1][Hotel- und Gaststättenverband] haben sie eine Umfrage unter | |
ihren Mitgliedern in ganz Deutschland gemacht. 71,3 Prozent sehen sich in | |
ihrer Existenz gefährdet, jeder sechste Betrieb fürchtet die Insolvenz. | |
Zahlen, wie viele Gaststätten und Hotels schon schließen mussten, gibt es | |
nicht. | |
Jetzt verkaufen die Reicherts ihr Essen an Menschen, die bei ihnen | |
bestellen: Rentnerinnen, die Arbeiter von der Agrargenossenschaft im | |
Nachbardorf, ein Mann, der seine Mutter zu Hause pflegt. Anfang des Monats | |
hat Andreas Reichert Essenspläne in die Briefkästen seines Dorfes geworfen. | |
Montag ist Ruhetag, Dienstag stehen Buletten mit Mischgemüse und Kartoffeln | |
auf der Karte, heute ist Mittwoch und Kerstin Reichert hat Gulasch gekocht, | |
für sechs Euro den Teller, acht Essen sind bestellt, das macht 48 Euro für | |
den Tag. | |
„Fleisch geht immer gut“, sagt Kerstin Reichert, wir sitzen am Vierertisch | |
links vor dem Tresen, es ist Mitte November, elf Uhr, eine knappe Stunde | |
noch, dann fährt Andreas Reichert seine zwei Essen aus. Ja, Fleisch geht | |
immer gut, sagt Kerstin Reichert, aber Suppe würden auch einige mögen. | |
Besonders wenn Fleisch drin ist. „Die Arbeiter wollen etwas Handfestes“, | |
sagt Andreas Reichert. „Na ja, die Rentner auch“, sagt Kerstin Reichert. Am | |
Ende dieser Woche werden sie fünfunddreißig Essen verkauft haben. | |
Sie erzählen von früher, von den 100 Litern Bier, die hier an einem Abend | |
über den Tresen gingen, zu DDR-Zeiten war das noch, „da bin ich als kleines | |
Kind gar nicht durchgekommen, so voll war das hier“, sagt Kerstin Reichert. | |
Ihre Stimme ist die festere, ihr Mann spricht sanfter. Beide haben Schatten | |
um die Augen. 1994 übernimmt sie die „Sonne“ von ihrem Vater, es sind die | |
Zeiten nach Revolution und Mauerfall, viele Menschen werden arbeitslos, die | |
Reicherts müssen zusehen, wie sie Geld verdienen. Sie übernehmen das Essen | |
für die Schule, holen die Kartoffeln vom eigenen Feld und schälen sie, | |
jeden Morgen mehrere Eimer voll, sie machen das so lange, bis einer das | |
Schulessen so billig anbietet, dass sie den Preis nicht mehr unterbieten | |
können. | |
Sie holen sich Spielautomaten, die bringen Geld, aber auch die Einbrecher. | |
„Einmal haben sie uns nachts mit einer Mülltonne das Fenster vorne | |
eingeworfen“, sagt Andreas Reichert. „Ich hab gestanden im Bett“, sagt | |
seine Frau. Gefährlich wird es damals ohnehin manchmal, die | |
Baseballschlägerjahre spülen ab und an auch hier die Nazibanden in die | |
„Sonne“, der schwarze Sänger einer Band wird angegriffen, die Männer aus | |
dem Dorf sitzen einmal mit Knüppeln im Schankraum, Glatzen haben sich | |
angesagt. | |
Wie viel Geld sie in einem Jahr ohne Corona verdienen, möchten die | |
Reicherts nicht sagen. Große Sprünge könnten sie nicht machen, sagt Kerstin | |
Reichert, für zwei Wochen wegfahren im Jahr, das sei drin, wenn alles | |
glattgeht. Mit einer Gaststätte auf dem Dorf wird man nicht reich, in | |
Brandenburg noch weniger als anderswo. Der durchschnittliche Umsatz im | |
Gastro-Gewerbe, dazu zählen auch weit größere Häuser als die „Sonne“, l… | |
hier bei etwa 274.000 Euro, bundesweiter Schnitt sind 313.000 Euro. | |
Die Reicherts sagen, sie freuen sich über jede Coronahilfe, selbst über die | |
rund hundert Euro, die ihnen die Gema erlassen hat, das ist die | |
Organisation, die im Auftrag von Künstler*innen Geld bei Gaststätten und | |
anderen einkassiert, die öffentlich Musik abspielen. Sie ärgern sich auch: | |
Im Frühling, da hätten sie 60 Prozent Umsatzverlust nachweisen müssen, um | |
Geld vom Staat zu kriegen, aber es waren bei ihnen nur 58 Komma irgendwas. | |
Eine vierstellige Summe kommt am Ende zusammen, sagt Kerstin Reichert, aus | |
Sofort- und Überbrückungshilfen. Ihr Mann ist auf [2][Kurzarbeit], im April | |
gab es deutschlandweit mal über 460.000 Angestellte in | |
Gastronomiebetrieben, die das gemacht haben, die Zahlen für November sind | |
noch nicht bekannt. | |
Es klingelt, Kerstin Reichert geht in die Küche; Herd, Ofen, Spüle, | |
Schränke mit Tassen und Tellern stehen und hängen links und rechts an den | |
weiß gekachelten Wänden, auf einem metallglänzenden Tisch in der Mitte | |
verpackt sie das Gulasch in weiße Assietten, sie läuft durch den Raum mit | |
den Kühltruhen hinter der Küche vorbei an der Treppe, die nach oben führt, | |
da wohnt die Mutter, da wohnen Kerstin Reichert und ihr Mann. Sie öffnet | |
die Tür, sie sagt: Hallo, Willi. Willi ist rund, am Bauch und im Gesicht, | |
Willi kommt mit dem Fahrrad, er ist Rentner, aber keiner in Beige, er trägt | |
eine robuste Hose, als würde er gleich zur Arbeit fahren. Willis Frau ist | |
vor ihm gestorben, für mich alleine kochen lohnt sich doch nicht, sagt er, | |
er bezahlt seine sechs Euro für das Gulasch und die drei-dreißig für die | |
Nudelsuppe mit Huhn gleich mit, die gibt es morgen. | |
Andreas Reichert fährt die zwei Essen aus, kurz vor zwölf ist es, die | |
Hälfte des Himmels draußen ist von Wolken bedeckt, ihr grausuppiges Meer | |
bricht sich wie die Wellen am Strand der Ostsee an der anderen, der blauen | |
Hälfte. Von dort blendet die Sonne durchs Vorderfenster seines Autos. Am | |
Rande von Tauche stehen zwei Neubaublöcke, mit diesen Kästen hat die DDR | |
einst die Wohnungsnot bekämpft. Eine Treppe hoch, aus der Tür rechts kommt | |
eine Frau mit grauen Haaren und Brille, klar kann ich selbst kochen, sagt | |
sie, aber man muss doch helfen. Die „Sonne“ soll leben. | |
Die Reicherts sind Überlebende. Andreas Reichert erzählt das, wieder am | |
Vierertisch, als er von seiner Tour zurück ist. In der Küche zerkleinert | |
seine Frau das Huhn für die Nudelsuppe, die sie für morgen kocht, und setzt | |
sich dann wieder dazu. In den zwölf Ortsteilen der Gemeinde Tauche hat es | |
früher überall Kneipen gegeben, klar zu Ostzeiten die meisten, aber auch | |
später noch viele. „In den letzten drei, vier Jahren haben hier in der | |
Gegend bestimmt fünf oder sechs Gaststätten zugemacht“, sagt Reichert. Er | |
findet das traurig, er ist auch Ortsvorsteher von Tauche, also von | |
Kern-Tauche, so etwas wie ein Bürgermeister für seinen Ortsteil. Er sagt | |
die Geselligkeit gehe verloren, wenn alle Gaststätten schließen. „Wenn es | |
uns auch trifft, dann wäre einer der letzten Kommunikationspunkte für die | |
Menschen hier weg“, sagt Andreas Reichert. Ein Lebensmittelpunkt, sagt | |
seine Frau. | |
## Aufgegeben: „Zur Spree“ in Briescht | |
Tatsächlich machen hier selbst Läden zu, von denen man aus vergangenen | |
Sommern weiß, da hat es doch immer gebrummt. Wenn man von der „Sonne“ zwö… | |
Minuten mit dem Auto fährt, über Landstraße und einen langen Plattenweg | |
nach Briescht, einer der Ortsteile von Tauche, da gab es neben einer Brücke | |
aus Holz bis Ende 2019 eine Gaststätte. Dort saßen die Einheimischen ebenso | |
wie die Radfahrer und die Paddler, der Radweg führt direkt neben dem Haus | |
vorbei und unter der Holzbrücke fließt die Spree, von der hat das Haus | |
seinen Namen. An manchen Tagen im Sommer bekam man keinen Platz in der | |
Gaststätte „Zur Spree“. | |
Die Gegend ist im Frühling grün und im Sommer leuchtet das Getreide gelb | |
unter dem Himmel, es gibt viele Seen, das Land wölbt sich zumeist eher | |
sparsam, hier kann auch Fahrrad fahren und wandern, wer den steilen Anstieg | |
scheut. Die Dörfer bieten schlichtes Fachwerk, Brandenburger Ziegelpanorama | |
in braungelb und backsteinrot, den grauen Bröckelputz aus Ostzeiten. | |
Dazwischen steht auch allerlei Sterilsaniertes in grau, weiß und pastell, | |
aber schön ist es hier trotzdem. Die Gaststätte an der Holzbrücke in | |
Briescht ist geschlossen, am Haus wird gebaut. Die Wirtin möchte nur am | |
Telefon sprechen, sie arbeitet wieder in dem Beruf, den sie einmal gelernt | |
hat, als Krankenpflegerin in einem Altenheim. | |
Als ihr Mann gestorben sei, habe sie die Arbeit alleine nicht mehr | |
geschafft, sagt sie und Personal finde sie hier kaum. Die Tochter wollte | |
die Wirtschaft nicht übernehmen, da habe sie eben verkauft, obwohl die | |
Gaststätte seit langem der Familie gehörte. Viel Geld blieb bei ihr nie | |
hängen, die Preise mussten für Touristen und Einheimische gleichermaßen | |
verdaulich sein, sie kam über die Runden, weil sie keine Miete zahlen | |
musste. Sie ist froh, dass sie vor Corona den Absprung geschafft hat, die | |
Pandemie hätte ihr finanziell das Genick gebrochen. Es ist ihre Geschichte | |
und es ist die Geschichte anderer Wirtinnen in den Dörfern ringsum, die | |
Familie muss mitziehen, wenn jemand krank wird oder zu alt, dann ist es | |
schnell vorbei. Wenn man Aushilfen oder Angestellte bezahlen kann, findet | |
man nur wenige. Wer möchte schon arbeiten, wenn andere feiern oder Urlaub | |
machen? | |
Hier sind meistens Tagestouristen unterwegs und mit denen lässt sich schwer | |
planen. Am Mittwoch rennen dir vielleicht 30 Leute die Bude ein, am | |
Donnerstag ist keiner da. Das ist auch für die Lebensmittel nicht | |
unerheblich, die Leute aus Berlin hätten es gerne frisch und regional, aber | |
wenn die Wirtin nicht damit rechnen kann, dass heute jemand kommt, dann hat | |
sie den Zander eben nur TK, also in der Tiefkühltruhe. | |
Die Reicherts würden das so nicht sagen, aber ihnen hat das Aufgeben der | |
anderen genützt. An den warmen Tagen kommen mehr Gäste als noch vor ein | |
paar Jahren. Vier Tische haben sie bei gutem Wetter draußen, nicht viel, | |
aber daran können noch einmal so viele Gäste essen und trinken wie drinnen | |
unter Corona-Bedingungen – wenn denn überhaupt geöffnet werden darf. | |
Dieses Jahr waren von Frühling bis Herbst in und um Tauche vielleicht auch | |
deswegen mehr Leute unterwegs, weil viele wegen der Pandemie in Deutschland | |
Urlaub gemacht haben. Besonders Zelten war beliebt und etwa ein Fünftel der | |
brandenburgischen Camping-Plätze liegt hier in der Region, schätzen sie | |
beim Tourismusverband Seenland Oder-Spree. | |
## Keine Hochzeit in der „Alten Försterei“ | |
Nicht weit weg von der Spreegaststätte in Briescht, einmal vor bis zur | |
schmalen Hauptstraße, einmal links um die Kurve und noch ein paar Meter | |
weiter liegt die „[3][Alte Försterei]“. Wenn die „Sonne“ in Tauche eine | |
gemütliche Höhle ist, ein Platz wo man Schutz sucht vor der Kälte des | |
Winters, dann ist die Försterei ein Sommerort, etwas für die warmen Tage. | |
Auf der weiten Wiese stehen im April, Juni, August und Oktober die Stände | |
eines Antikmarktes, da kommen tausende Menschen. Die Scheune auf der Wiese | |
ist groß, aus dunklem Holz und an kühlen Tagen nicht zu heizen, hier steht | |
die Bar, hier werden die Hochzeiten gefeiert, hier spielen Bands aus der | |
Umgebung und aus Osteuropa. | |
In diesem Sommer ist das anders. „Viele große Veranstaltungen konnten wir | |
wegen der Coronabeschränkungen nicht machen“, sagt Kai-Uwe Rettig. Wir | |
sitzen in der Küche des um die Wende ins zwanzigste Jahrhundert erbauten | |
Forsthauses. Es steht am Rand der Wiese, in der Küche sieht es ähnlich aus | |
wie zu Kaisers Zeiten: weiße Bauernschränke, eine Kochmaschine aus den | |
Neunzehnhundertzwanzigern, das Ding gleicht einer aufgepumpten eisernen | |
Kommode mit Fächern, Schubladen und einer Herdplatte obendrauf. Einen | |
Thermomix und einen Kühlschrank gibt es aber auch. | |
80 Prozent des Umsatzes haben sie verloren, sagt Rettig. Er ist 47 Jahre | |
alt, er kommt aus der Gegend wie seine Partnerin, die gerade in Berlin | |
unterwegs ist. Sie waren beide eine Weile weg und sind zurückgekehrt, sie | |
wollen Kultur aufs Land bringen und der Kultur der Gegend eine Bühne geben. | |
Ihr Geschäft läuft anders als in der Gaststätte „Zur Sonne“, aber manche | |
Probleme gleichen sich. Feiern mit der Familie sind schwierig zu planen, | |
wenn sich immer wieder ändert, wie viele Menschen sich treffen dürfen. Wen | |
lädt man aus und wieder ein, ohne die halbe Verwandtschaft zu beleidigen? | |
„Viele Hochzeiten sind abgesagt oder auf nächstes Jahr verschoben “, sagt | |
Rettig, „gestern hat jemand angerufen und seine Feier von 2021 nach 2022 | |
verlegt.“ | |
Er konnte nach dem Anruf nicht schlafen, er rutscht auf seinem Stuhl hin | |
und her, als er das sagt, er legt die Hände vor dem Mund aneinander, die | |
Zeigefinger berühren sich, er schiebt die Finger nach oben, er rammt sie | |
von unten gegen seine Nase, einmal, zweimal, dreimal. Er fürchtet, die | |
Verschiebung nach 2022 könnte nur die erste von vielen sein. Vierstellige | |
Summen fehlen ihm und seiner Partnerin mit jeder aufgeschobenen Feier. | |
Sie leben beide vom Geld, das sie einnehmen, viel Erspartes ist nicht da. | |
„Ich könnte was vom Grundstück verkaufen“, sagt Rettig, „aber wie | |
nachhaltig ist das?“ Einen Kredit will er nicht aufnehmen, er will | |
niemandem etwas schulden. Maximal noch eine schlechte Saison wie dieses | |
Jahr könnten sie verkraften, sagt Rettig. Und dann? „Müssen wir uns | |
umorientieren.“ Wohin? Keine Ahnung. Hilfen hat er nie beantragt, die | |
passen alle nicht für mich, sagt er. Wenn es keine Hochzeiten gibt, keine | |
Konzerte, dann hat er keine Betriebskosten für Veranstaltungen, die er für | |
die Überbrückungshilfe geltend machen könnte. Und die Novemberhilfe? Die | |
werde doch anhand des Umsatzes im Vorjahresmonat berechnet, sagt Rettig, | |
und die Försterei macht ihren Umsatz im Sommer. Sein Steuerberater wird ihm | |
ein paar Wochen später jedoch raten, sich das noch einmal zu überlegen. | |
Rettig kann den Durchschnitt des Umsatzes im Jahr 2019 errechnen und dann | |
einen Antrag stellen. So sollen auch Saisonbetriebe wie die Alte Försterei | |
an Geld vom Staat kommen. | |
Anruf Ende des Monats in der „Sonne“, Kerstin Reichert geht ans Telefon. | |
Der Teil-Lockdown wurde verlängert. Wie geht es weiter? Reichert sagt, sie | |
habe erneut Hilfsgelder beantragt, aber noch keine Nachricht, ob sie und | |
ihr Mann etwas kriegen. Wir hoffen einfach, sagt sie, wir hoffen von Monat | |
zu Monat. | |
Eine Stelle im Text ließ sich ursprünglich so lesen als ließe sich die | |
Novemberhilfe ausschließlich auf der Grundlage des Umsatzes vom November | |
2019 beantragen. Als Grundlage für den Antrag kann jedoch auch der | |
Durchschnitt des Umsatzes im Jahr 2019 errechnet werden. Wir haben diese | |
Passage überarbeitet. | |
2 Dec 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.dehoga-bundesverband.de/ | |
[2] /Ausweitung-auf-24-Monate/!5162741 | |
[3] http://www.alte-foersterei-briescht.de/forsthof/ | |
## AUTOREN | |
Daniel Schulz | |
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