# taz.de -- Protokoll Arbeit und Corona: „Wir hatten uns gerade gefangen“ | |
> Theaterleiter Frank Heuel aus Bonn sieht sich und seine Branche | |
> finanziell benachteiligt. Die erste Folge unserer Protokollreihe. | |
Bild: So wie hier im Staatstheater Nürnberg sieht es gerade in allen Theatern … | |
Frank Heuel, 60, ist frei arbeitender Regisseur und künstlerischer Leiter | |
des freien Theaters „fringe ensemble“ in Bonn. | |
„Corona trifft uns hart – wie alle Theater. Der zweite Lockdown ist für das | |
fringe ensemble, das ich 1999 in Bonn gegründet habe, ein kalter Schock. Im | |
Sommer hatten wir uns gerade wieder gefangen. Jetzt können wir Projekte wie | |
‚Map to Utopia‘, in dem wir am Beispiel Istanbuls fragen, wie ein | |
Zusammenleben in den Metropolen der Zukunft aussehen soll, nur noch online | |
spielen. | |
Das ist natürlich alles andere als ideal: Als künstlerischer Leiter | |
vermisse ich die direkte Arbeit mit den Schauspieler:innen. Besonders fehlt | |
uns aber der Dialog mit dem Publikum. | |
Finanziell wird Corona erst 2021 voll durchschlagen. Unterstützer wie das | |
Land NRW oder die Stadt Bonn haben ihre Projektförderung in diesem Jahr | |
nicht zurückgezogen. Allerdings gibt es schon Hinweise, dass diese Hilfen | |
eingeschränkt werden sollen. Zudem fürchte ich, dass die Leute aus Angst | |
vor Corona auch nach dem Lockdown seltener ins Theater gehen – die | |
Abendeinnahmen könnten also noch weiter schrumpfen. | |
Dabei ist die Situation schon jetzt hart. Für eine Online-Aufführung können | |
wir nicht die gleichen Preise verlangen wie für einen Theaterabend. Wir | |
haben also weniger Geld für die Honorare unserer 17 Künstler:innen, von | |
denen die meisten seit Jahren zum Ensemble gehören. Wir arbeiten alle frei | |
und projektbezogen. Festanstellungen kann sich unser Theater nicht leisten. | |
Kurzarbeitergeld hat deshalb niemand von uns bekommen. | |
Auch von der Überbrückungshilfe der Bundesregierung kommt kaum etwas bei | |
uns an. Als produzierendes freies Theater bestehen unsere Betriebskosten zu | |
über 90 Prozent aus Honoraren – und die werden eben nicht erstattet. Auch | |
die Novemberhilfe bringt nichts – wir haben ja nicht komplett geschlossen. | |
Wir bekommen deshalb kaum einen Cent. | |
Hartz IV hat trotzdem niemand von uns beantragt. Viele fürchten die | |
Bürokratie. Ich bin stattdessen an meine Rücklagen gegangen. Immerhin: Im | |
November habe ich durch unsere Onlineprojekte Arbeit. Im Dezember sieht es | |
aber schon wieder mau aus. | |
Wirklich geholfen haben uns nur die Künstlerstipendien von 7.000 Euro, die | |
das Land zusammen mit unseren Verbänden wie dem NRW-Kulturrat aufgelegt | |
hat. Das war unbürokratische schnelle Unterstützung zur richtigen Zeit. Die | |
Bundeshilfen dagegen müssen passgenauer werden – egal wie oft | |
Kanzleramtsminister Helge Braun im Fernsehen erzählt, wie toll die sind. | |
Wenn das nicht passiert, werden einige Theater ins Gras beißen.“ | |
16 Nov 2020 | |
## AUTOREN | |
Andreas Wyputta | |
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