# taz.de -- Gewalt gegen Frauen und Kinder: Mehr Schutzraum für Gewaltopfer | |
> Die Pandemie erhöht den Druck: Noch in diesem Jahr will die | |
> Gesundheitsverwaltung ein zusätzliches Frauenhaus in Berlin einrichten. | |
Bild: Eskaliert in der Enge der Streit? | |
In Berlin soll noch in diesem Jahr ein siebtes Frauenhaus eröffnen. Dafür | |
will die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung eine | |
temporäre Notunterkunft für von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder in | |
ein dauerhaftes Angebot umwandeln. Die Anzahl an Frauenhausplätzen soll so | |
von derzeit 335 auf 390 Plätze erhöht werden. | |
Die Coronapandemie und die damit verbundenen Maßnahmen hatten schon ganz zu | |
Beginn die Befürchtungen geschürt, dass in der Enge von Lockdown und | |
Kontaktbeschränkungen, mit fehlenden Freizeiteinrichtungen und | |
Arbeitsmöglichkeiten die Gewalt in Familien ansteigen könnte. Tatsächlich | |
erhöhte sich in der Zeit des ersten Lockdowns die Anzahl der | |
Polizeieinsätze im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt in Berlin um 20 | |
Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. 3.412 Mal rückten | |
Polizist*innen zwischen dem 14. März und dem 31. Mai deshalb aus – das sind | |
mehr als 40 Einsätze pro Tag. Expert*innen vermuten, dass die Zahlen auch | |
deshalb höher waren, weil viele Nachbar*innen ebenfalls zu Hause waren und | |
Vorfälle meldeten. Die Zahl der erfassten Straftaten hat sich nach | |
Polizeiangaben seitdem zwar nicht so deutlich erhöht, bleibt aber mit rund | |
1.300 Fällen pro Monat unverändert hoch. | |
Man könnte sagen, dass die Pandemie ein Schlaglicht auf das Thema häusliche | |
Gewalt geworfen hat, den Handlungsdruck erhöhte. Die zuständige | |
Senatsverwaltung hatte bereits im Frühjahr 130 kurzfristige Notplätze | |
eingerichtet, falls die Plätze in den vorhandenen sechs Frauenhäusern nicht | |
ausreichen sollten. | |
## Jahrelanger Disput | |
Die Berliner Frauenhäuser waren indes schon vor der Pandemie am Limit. Seit | |
Jahren drängen sie auf die Einhaltung der auf europäischer Ebene | |
verabschiedeten Istanbul-Konvention, in der deutlich höhere Platzzahlen | |
festgeschrieben sind. Ebenso lang hat es aber zwischen den überwiegend | |
autonom organisierten Frauenhilfeeinrichtungen und der Senatsverwaltung | |
[1][einen Disput] darüber gegeben, ob die Berliner Frauenhäuser tatsächlich | |
ausgelastet beziehungsweise überlastet sind. | |
„Insofern begrüßen wir es, dass jetzt doch noch in diesem Jahr ein siebtes | |
Frauenhaus eröffnet werden soll“, sagt Kristin Fischer von der BIG | |
(Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen e.V.)Koordinierung, in der die | |
Frauenhilfeeinrichtungen vernetzt sind. Das Geld sei ohnehin im Haushalt | |
eingestellt gewesen, aber es habe Probleme mit der geplanten Immobilie | |
gegeben. Nun wird aus einer der Noteinrichtungen ein dauerhaftes Frauenhaus | |
mit 55 Plätzen. Die Notplätze sollen laut Senatsverwaltung an anderer | |
Stelle ersetzt werden. Für die Jahre 2021 und 2022 stellt sie die | |
Errichtung zweier weiterer Frauenhäuser in Aussicht. | |
„Das siebte Frauenhaus ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber der | |
Weg bis zur Erfüllung der Istanbul-Konvention ist noch weit“, sagt Kristin | |
Fischer. Welche zusätzlichen Auswirkungen die Pandemie auf die ohnehin | |
missliche Lage habe, müsse eine Langzeitstudie untersuchen, fordert | |
Fischer. | |
11 Nov 2020 | |
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[1] /Frauenhaeuser-im-Berliner-Doppelhaushalt/!5647854 | |
## AUTOREN | |
Manuela Heim | |
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