# taz.de -- Profisportregelung bestraft Frauenteams: Eishockey-Spieltag fällt … | |
> Die Eisbärinnen dürfen nicht spielen. Der Senat hat ihnen aufgrund des | |
> Infektionsschutzes das Spiel untersagt. Die Eisbären aber dürfen | |
> antreten. | |
Bild: Die Frauen Eisbären Juniors spielen hier mit rosa Schnürsenkel als Zeic… | |
BERLIN taz | Eigentlich hätte es an diesem Wochenende zwei Spitzenspiele im | |
Berliner Eishockey gegeben: Die Eisbären treten in einem | |
Vorbereitungsturnier gegen das Topteam aus München an, die Eisbärinnen | |
hätten zu Hause gegen den Tabellenzweiten aus Mannheim gespielt. | |
Eigentlich. Denn die Frauen Eisbären Juniors, wie sie offiziell heißen, | |
dürfen vorerst keine Heimspiele mehr bestreiten, des Infektionsschutzes | |
wegen. Das entschied der Senat diese Woche. | |
Die Männer dürfen spielen, die Frauen nicht: Ein Sprecher der | |
Senatsverwaltung begründet das damit, dass die Frauen-Bundesliga im | |
Eishockey keine ausgegliederte professionelle Liga sei, also unter anderem | |
nicht von einer Betriebsgesellschaft geführt werde. „Insofern ist es auch | |
eine logische Konsequenz, dass der Spielbetrieb nicht zulässig ist, da es | |
sich nicht um eine professionelle Liga handelt“, so der Sprecher. | |
Es ist richtig, die Eisbärinnen sind keine Profis. Während des Lockdown | |
light ist der Amateursport bis auf einige Ausnahmen weitgehend eingestellt, | |
nur der Profibetrieb soll laufen. Doch bei den Spielverboten gibt es eine | |
große Grauzone. | |
„Berlin will uns nicht spielen lassen, weil sie keinen Bock haben, dass | |
dann 140 andere Vereine auf der Matte stehen und das Gleiche verlangen“, so | |
ist die Deutung der Co-Trainerin der Eisbärinnen, Kathrin Fring. „Das kann | |
ich auch verstehen. Aber die haben nicht alle ein Nationalteam dahinter, | |
das nächstes Jahr eine Olympiaqualifikation spielen muss, und vor allem | |
wurden in vielen Sportfachverbänden die Wettkämpfe eingestellt.“ | |
## Es spielt, wer eine Lobby hat | |
Wo Spitzensport aufhört und Breitensport anfängt, ist schwer zu definieren | |
– und oft ein politisches Spiel. Viele Verbände erklärten ihre SpielerInnen | |
zum Beispiel der dritten Herren-Liga im Tischtennis oder der zweiten | |
Frauen-Liga im Volleyball flugs zu (Halb-)Profis, beide dürfen spielen. | |
Außerdem zählt offenbar maßgeblich die Frage, ob eine Liga ausgegliedert | |
ist. Nicht nur die Zweitliga-Volleyballerinnen, auch die nicht | |
professionellen Zweitliga-Basketballerinnen fallen deshalb darunter. Die | |
Frauenfußball-Bundesliga wiederum ist nicht ausgegliedert, darf aber | |
trotzdem spielen. Ein bürokratisches Durcheinander voller Inkonsequenz. | |
Und es spielt auch, wer eine Lobby hat. Die Eishockeyspielerinnen wurden | |
vom DEB zu Spitzensport erklärt, aber der hat die Liga bisher nicht | |
ausgegliedert, so reichte es nicht. Jedenfalls nicht in Berlin. | |
Denn der Rest der Liga darf spielen. „Merkwürdigerweise ist die Liga in | |
allen Bundesländern erlaubt, nur in der Sportmetropole Berlin nicht“, so | |
Fring. Mit der Konsequenz, dass die Eisbärinnen jetzt nur noch | |
Auswärtsspiele bestreiten und versuchen müssen, die Heimspiele zu | |
verschieben. Alles auswärts zu spielen können sie sich nicht leisten. „Die | |
ganze Situation ist klare Wettbewerbsverzerrung“, so die Co-Trainerin. Sie | |
hätte sich auch mehr Unterstützung vom DEB gewünscht. „Wir sind alles | |
Ehrenamtliche, wir sind nicht geschult im Umgang mit der Politik.“ | |
## Es gibt eine Geschlechterkomponente | |
Es gibt zwei Komponenten in dieser Thematik. Die eine ist der | |
Infektionsschutz. Corona-Absagen und Terminnot häufen sich quer durch die | |
Sportarten, Quarantäne wird bisweilen eher halbherzig interpretiert. Ob | |
Spielbetrieb derzeit überhaupt sinnvoll ist, kann man hinterfragen. Und es | |
gibt eine Geschlechterkomponente. | |
Denn natürlich sind es vor allem die Frauenligen, die nicht ausgegliedert | |
sind oder nicht von ihrem Sport leben können, durch historische Verbote und | |
fehlendes Investment. Fring sagt: „Jetzt werden wir für das Unterinvestment | |
doppelt bestraft.“ | |
Männer spielen, Frauen öfter nicht. Selbst dann, wenn beide Berliner | |
Eishockeyteams – Eisbären und Eisbärinnen sind zwei getrennte Vereine, weil | |
die Männer in eine GmbH ausgegliedert sind – denselben Sport betreiben und | |
beide in der ersten Liga spielen. Fring sagt, es sei vielleicht an der | |
Zeit, jetzt über eine Ausgliederung der Frauenliga nachzudenken und damit | |
dem Beispiel der deutschen VolleyballerInnen zu folgen. | |
Dass der eigene Eishockeyverband DEB die Frauen jüngst über den männlichen | |
Nachwuchs stellte, eigentlich eine Selbstverständlichkeit, gilt in einem | |
Sport wie diesem schon als großer Schritt Richtung Gleichberechtigung. „Das | |
passt im Eishockey auch nicht jedem“, so Fring. Und wäre es in der ganzen | |
Debatte um die Deutsche Nachwuchsliga der Männer gegangen, glaubt sie, gäbe | |
es das Spielverbot nicht. | |
Das Team hofft nun, bis zu den Final Four alle Spiele nachholen zu können. | |
„Die Frage ist: Wie lange zieht sich der Lockdown Light? Haben wir Zeit, | |
alle Spiele nachzuholen?“, so die Co-Trainerin. Das Final Four ist für März | |
angesetzt. Bis 30. November gilt das Verbot vorerst, dann wird neu | |
entschieden. | |
21 Nov 2020 | |
## AUTOREN | |
Alina Schwermer | |
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