# taz.de -- Eishockeyduell ungleicher Weltmächte: Harter Verteidigungskampf | |
> Gegen die USA sind Russlands Eishockeyspielerinnen trotz Unterstützung | |
> chinesischer Fans chancenlos. Letztlich ist es doch einfach nur ein | |
> Spiel. | |
Bild: Russlands Torfrau Maria Sorokina konnte sich als einzige im Team auszeich… | |
PEKING taz | Wie heißt es immer so schön, wenn das Internationale | |
Olympische Komitee sagt, dass politische Auseinandersetzungen bei den | |
Spielen nichts verloren haben? Rivalitäten sollen rein sportlich | |
ausgetragen werden. Dann schauen wir doch mal. Gleich am ersten offiziellen | |
Wettkampftag trafen die Eishockeymannschaften der USA und Russlands | |
aufeinander. Wenig sprach vor dem Duell für einen ausgeglichenen Wettkampf. | |
Fraueneishockey ist in Russland bei Weitem nicht [1][so entwickelt wie in | |
den USA], deren Team vor vier Jahren Olympiasieger wurde. Kein Wunder also, | |
dass am Ende die Amerikanerinnen mit 5:0 gewonnen hatten. | |
Es war ein harter Verteidigungskampf, den die Russinnen ihren Gegnerinnen | |
da lieferten. Einer, der gewiss mehr Publikum verdient hätte als die paar | |
Hundert Leutchen, die sich am Samstagabend im Wukesong Sports Centre | |
eingefunden hatten. Die blieben arg ruhig, schwenkten bisweilen brav die | |
Fähnchen, die man ihnen ausgeteilt hatte, und wollten sich auch dann nicht | |
bewegen, als ein völlig überdrehter DJ in einer Auszeit mit einer | |
grauenvollen Plastiktechnoversion des russischen Gassenhauers „Katjuscha“ | |
den Aufpeitscher zu geben versuchte. | |
Mit der Auswahl des Liedes lag er ganz richtig. Denn die Anwesenden standen | |
eindeutig hinter dem russischen Team. Immer wenn eine Stürmerin vor dem | |
US-Tor auftauchte, waren Anfeuerungsrufe zu hören – zurückhaltend zwar, | |
aber deutlich vernehmbar. Weil das im gesamten ersten Drittel aber nur | |
zweimal der Fall war, blieb es weitgehend ruhig in der Halle. | |
Die Frage, wer eigentlich eine der seltenen Karten für ein Olympiaevent | |
ausgehändigt bekommt, drängte sich da auf. In einer Präsentation des | |
Organisationskomitees hieß es, die 150.000 Karten, die insgesamt für | |
Zuschauer außerhalb der olympischen Blase vergeben werden, seien vor allem | |
für „internationale Freunde, die in China leben, Botschaftsmitglieder, | |
Sponsoren, Wintersportfanatiker, Bewohner von Vororten, Grund- und | |
Mittelschüler“ reserviert. Das lässt nicht viele Rückschlüsse darauf zu, | |
wie die Russenfreunde für das Eishockeyspiel ausgewählt wurden. | |
## 62 Torschüsse der US-Frauen | |
Die sahen ein irrsinnig schnelles Team aus den USA. Sie feuerten auf das | |
russische Tor, dass es eine Qual für die Zuschauer gewesen sein muss. Am | |
Ende hatten sie 62-mal abgezogen, während es die Russinnen nur auf zwölf | |
Schüsse brachten. Es wären noch mehr gewesen, hätten die Russinnen nicht | |
immer wieder ihre Körper in die Schussbahn geworfen. „Wir haben viele blaue | |
Flecken und kleine Verletzungen, aber das ist okay, das ist Eishockey“, | |
sagte der russische Trainer Jewgeni Bobariko hinterher. | |
Er wusste auch, dass er es vor allem seiner 26-jährigen Torfrau Maria | |
Sorokina zu verdanken hatte, dass die USA nach zwei Dritteln erst zwei Tore | |
geschossen hatte. Schier unfassbare 38 Paraden waren ihr gelungen. „Dafür | |
bin ich ja da“, sagte die hinterher, als wäre das die größte | |
Selbstverständlichkeit. „Und wenn es 500 wären, das ist doch meine | |
Aufgabe.“ Sie lächelte, so wie sie gelächelt hat, als sie nach dem fünften | |
Tor ersetzt wurde. Es soll ja schließlich Spaß machen und es stehen noch | |
ein paar Spiele an in der Vorrundengruppe A. | |
Wer da allerdings für die Russinnen auf dem Eis stehen wird, ist ungewiss. | |
Nach der Anreise nach Peking waren sechs Spielerinnen [2][nach positiven | |
Coronatests in Quarantäne geschickt worden]. Eine von ihnen, Angelina | |
Gontscharenko, war kurz vor dem Spiel aus der Isolation entlassen worden. | |
Damit hatte auch der Trainer nicht gerechnet. Um 23 Uhr abends sei er | |
angerufen worden. Man könne die Spielerin jetzt abholen. Eigentlich wollte | |
Bobariko die Rückkehrerin noch nicht spielen lassen. Doch dann kam die | |
Nachricht, dass Jelena Dergatschowa positiv getestet worden ist, und so | |
ließ er Gontscharenko doch spielen. Nach sieben Tagen ohne Training habe | |
sie ihre Sache ganz gut gemacht. | |
Für ihn gab es also Wichtigeres, als über die Rolle seines Teams im Kampf | |
der Großmächte zu sinnieren. In dieser Hinsicht sorgte die 19-jährige Abbey | |
Murphy für den Höhepunkt des Abends. Sie zimmerte Maria Petschnikowa eine | |
stramme Linke auf den Helm, nachdem sie von dieser gefoult worden war. Doch | |
das war hinterher für niemanden mehr der Rede wert. Es war dann doch nur | |
ein Spiel. | |
6 Feb 2022 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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