# taz.de -- Neue Frauen-Profiliga in Nordamerika: Verrückt nach Eishockey | |
> In den USA und Kanada kommt die von einem Milliardär finanzierte neue | |
> Profiliga bestens an. Minnesota und Boston spielen den ersten Meister | |
> aus. | |
Bild: Die Schweizerin Alina Müller erzielt im dritten Spiel der Finalserie ein… | |
Die Schweizer Mittelstürmerin Alina Müller, die für Boston Eishockey | |
spielt, war am Sonntag Protagonistin eines Play-off-Dramas. Die 26-Jährige | |
schoss vor 13.000 Zuschauern in Spiel vier der Finalserie gegen Minnesota | |
das Siegtor für ihr Team zum 1:0 – und zwar in der zweiten Overtime, | |
nachdem zuvor ein Treffer der Gegnerinnen, das den Titelgewinn bedeutet | |
hätte, wegen Torhüterbehinderung nicht anerkannt worden war. | |
So steht es in der Serie 2:2, und es kommt in der Nacht zum Donnerstag in | |
Minnesota zu einem Entscheidungsspiel um die erste Meisterschaft [1][der | |
Professional Women’s Hockey League], kurz PHWL. Spannender geht es kaum, | |
aber nicht nur deshalb feiert die neu gegründete Frauen-Profiliga ihre | |
erste Saison als großen Erfolg. | |
Dass Frauen [2][besonders in Nordamerika sehr ansehnliches, schnelles, | |
körperbetontes und technisch versiertes Eishockey] spielen, ist lange | |
bekannt. Denn schließlich machen Kanada und die USA traditionell sämtliche | |
WM-Titel und olympische Goldmedaillen untereinander aus. Versuche, eine | |
professionelle Liga ins Leben zu rufen, die den Sportlerinnen ein | |
finanziell abgesichertes Leben im Leistungssport bietet, waren zuvor jedoch | |
immer gescheitert. Und zwar am Geld. | |
Im Gegensatz zu früheren Versuchen genießt die PWHL, die es erst seit dem | |
1. Januar gibt, nun beträchtlichen finanziellen Rückhalt, bietet soziale | |
Absicherung, einen Tarifvertrag und Gehälter zwischen 35.000 und 80.000 | |
Dollar pro Saison. Ähnlich wie bei den Männern in der National Hockey | |
League, nur um circa zwei bis drei Nullen reduziert. Immerhin können die | |
Spielerinnen von ihrem Sport leben. Das ist im Eishockey weltweit einmalig. | |
Möglich macht es ein 64-jähriger Milliardär namens Mark Walter, dem die | |
Frauen-Liga und ihre sechs Teams gehören, neben Boston und Minnesota sind | |
es New York, Toronto, Montreal und Ottawa. Der fast 16 Kilo schwere Pokal, | |
den die Siegerinnen in dieser Woche in die Höhe stemmen werden, heißt | |
deshalb „Walter Cup“. Animiert, ins Frauen-Eishockey einzusteigen, hat ihn | |
Tennislegende und Frauenrechtlerin Billie Jean King. Für Walter dürfte es | |
ein vergleichsweise kleines Investment im Profisport sein, er ist außerdem | |
Besitzer des Baseball-Klubs Los Angeles Dodgers und Miteigentümer des FC | |
Chelsea aus der Premier League. | |
## Über 5.000 Zuschauer im Schnitt | |
Das Geld scheint in der PWHL gut angelegt zu sein, denn die Liga kommt beim | |
Publikum an. „Wir sind weiter begeistert und überrascht“, sagt die frühere | |
kanadische Nationalspielerin Jayna Hefford, Direktorin der Hockey | |
Operations der PWHL, der BBC. Die Zuschauerzahl der Hauptrunde betrug | |
219.856, was einem Schnitt von 5.235 pro Begegnung entspricht. Und es gab | |
einen Weltrekord für das Frauen-Eishockey: Im April sahen 21.105 Besucher | |
in Montreal die Liga-Begegnung gegen Toronto. | |
Hefford führt den guten Besuch nicht nur auf das Niveau der Spiele, sondern | |
auch auf eine „einladende Umgebung“ in den Arenen zurück, die besonders | |
Frauen anspreche. „Wir treffen auch auf eine ältere Generation von Frauen, | |
die vorher nicht die Gelegenheit hatte, so etwas zu sehen, und die jetzt zu | |
großen Fans der Liga werden“, berichtete sie. | |
Auch mit den digitalen Reichweiten der Spiele ist die Liga zufrieden. | |
[3][Der Youtube-Kanal], auf dem die Spiele alle kostenfrei zu sehen sind, | |
hat fast 110.000 Abonnenten. Aus 88 Ländern, wie es heißt. Dort wird am 10. | |
Juni auch der Draft, die Talentziehung der Liga, übertragen. Die jungen | |
Sportlerinnen auf Kufen, die vorab am höchsten gehandelt werden, stammen | |
mehrheitlich aus Kanada und den USA. Es finden sich in der Liste der zehn | |
Favoritinnen aber auch zwei Finninnen und eine Tschechin. | |
Überhaupt eröffnet die neue Liga Eishockeyspielerinnen weltweit neue | |
Perspektiven. Sie können nun wie die männlichen Kollegen davon träumen, in | |
Nordamerika auf der großen Eishockeybühne durchzustarten und vom Sport zu | |
leben. Wie die deutsche Torhüterin Sandra Abstreiter, die in Ottawa unter | |
Vertrag steht. Oder Alina Müller aus dem Aargau, die 2023 von Boston an | |
insgesamt dritter Position gedraftet wurde. Sie bereue es nicht, die Heimat | |
verlassen zu haben, sagte sie unlängst: „Hier sind alle, auch im | |
Frauenbereich, sehr verrückt nach Eishockey. Das hat meine Erwartungen noch | |
übertroffen. Ich kann nur jeder empfehlen, das zu tun und | |
hierherzukommen.“ | |
29 May 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.thepwhl.com/en/ | |
[2] /Eishockeyduell-ungleicher-Weltmaechte/!5830603 | |
[3] https://www.youtube.com/live/heLW3d0L-ak?si=2f8gs_TUEn37Zhd3 | |
## AUTOREN | |
Christiane Mitatselis | |
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