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# taz.de -- Corona-Lage in anderen Metropolen (VIII): Sputnik V soll es richten
> Moskau wäre gern auch beim Kampf gegen die Pandemie am schnellsten und
> besten. Doch eine Mehrheit will sich schon mal gar nicht impfen lassen.
Bild: Weihnachtseinkäufe im Kaufhaus Gum, denn die „Jahresendmärkte“ dür…
Weltweit kämpfen Metropolen gegen das Virus. Manchmal ist der Umgang mit
der Pandemie erstaunlich ähnlich wie hier, oft gibt es überraschende
Unterschiede. Die taz.berlin wirft einen Blick über den heimischen Lockdown
hinaus nach anderswo.
MOSKAU taz | Bis zum Jahresende soll es endlich losgehen: 2 Millionen Dosen
des russischen Impfstoffs Sputnik V sollen bis zum neuen Jahr lieferbar
sein, das jedenfalls versprach die für Medizin zuständige stellvertretende
Ministerpräsidentin, Tatjana Golikowa. 120.000 Dosen befänden sich bereits
in Produktion. Doch damit nicht genug, auch EpiWakKorona, ein zweiter
Impfstoff stünde kurz vor der Vollendung. Russland schätzt Rekorde, Moskau
wäre am liebsten immer am schnellsten und am besten. Ob beim Vakzin,
Raketen, im Schachspielen oder Sport.
Trotz des Serums sind allerdings nur etwas mehr als ein Drittel der Russen
überhaupt bereit, sich mit Sputnik V impfen zu lassen, wie eine Umfrage des
Lewada-Zentrums jüngst ermittelte. Auch Präsident Wladimir Putin wird sich
noch nicht immunisieren lassen, meldete Pressesprecher Dmitri Peskow. Noch
sei das Präparat nicht zertifiziert, ein Präsident könne sich das nicht
erlauben. Das Misstrauen gegen eigene Errungenschaften und Verlautbarungen
der Führung sitzt tief in Russland.
Was Golikowa dann noch mitzuteilen hatte, war schon etwas beunruhigender.
Auf der annektierten Krim, in Orlow, der Republik Mordwinien, in
Petersburg, Komi und in Iwanowo sei die Lage ziemlich angespannt, sagte
sie. Dort sind mehr als 90 Prozent der Intensivbetten bereits von
Corona-Infizierten belegt. Durchschnittlich sind es in Russland 78 Prozent.
## Veranstaltungsverbot an Weihnachten
Die zweite Infektionswelle schlägt in Russland kräftig zu. Mehr als 25.400
Neuinfektionen und 524 Todesfälle meldete das Land am Donnerstag. Das war
bislang ein Höchststand.
Dem Treiben auf Moskaus Straßen ist der Infektionsanstieg indes nicht
anzusehen. Geschäfte, Restaurants, Kneipen und Friseurläden sind weiterhin
geöffnet. Nur die Gastronomiebetriebe mussten in der Hauptstadt ab 23 Uhr
bis 6 Uhr in der Früh die Türen schließen. Bis dahin wird genossen wie eh
und je. Allerdings verhängte die Stadt für Weihnachts- und Silvesterfeiern
ein Veranstaltungsverbot. Jahresendmärkte bleiben in diesem Jahr
geschlossen.
Gleichwohl haben Betriebe den Mitarbeitern Heimarbeit empfohlen, ältere
Schüler lernen bereits im Fernunterricht, Freizeiteinrichtungen für Kinder
bleiben geschlossen.
Ältere Menschen dürfen weiterhin ihr Zuhause nicht verlassen. Diese
Maßnahme hatte die Stadt bereits Ende September verhängt, sie betrifft
Menschen über 65 Jahre und chronisch Kranke. Wie Bürgermeister Sergei
Sobjanin am Donnerstag mitteilte, wird diese Regelung nun bis zum 15.
Januar verlängert.
## Nicht alle Regionen bestellen Impfstoff
Dennoch, so recht traut Moskau den Coronanachrichten nicht, so scheint es
zumindest. Die Maskenpflicht verkam allgemein zum lässigen Kinnladenschutz.
Die Wirklichkeit weicht unterdessen ins Netz aus. Dort kursieren Videos aus
sibirischen Krankenhäusern, die ihre Leichen in Plastiksäcken in
Kellerräumen zwischenlagern.
Burjatien, die Republik an der Grenze zur Mongolei, ist der einzige Ort,
der in Russland einen regionalen Lockdown anordnete. Dort gingen Einwohner
auch demonstrieren: gegen die Ungerechtigkeit der lokalen Behörden, die
kleinen Gewerbetreibenden das Geschäft verbieten. Denn große Händler und
Ketten blieben in den Einkaufszentren davon verschont.
Zu guter Letzt stellte sich bei einer Revision der pharmazeutischen
Anbieter noch heraus, dass von den 85 Regionen Russlands zwanzig keine
Verträge mit den Herstellern des Impfstoffs geschlossen hatten. Misstrauen,
Fahrlässigkeit oder fehlender Glaube an das Virus?
27 Nov 2020
## AUTOREN
Klaus-Helge Donath
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