# taz.de -- Koalitionsstreit nach Coronademo: CDU-Innenminister unter Druck | |
> In Sachsen schießen sich die Parteien nach der Demo in Leipzig auf Roland | |
> Wöller ein. Bürgermeister wirft Gerichten ideologische Erwägungen vor. | |
Bild: Wie geht es mit ihm in Sachsen weiter? Innenminister Roland Wöller (CDU) | |
Dresden taz | Nach einem Jahr Koalition steht die sächsische Regierung | |
[1][wegen der Leipziger „Querdenken“-Exzesse] vor ihrer größten | |
Zerreißprobe. In der Kabinettssitzung am Dienstag und in den für Donnerstag | |
erwarteten Sondersitzungen der Landtagsausschüsse für Inneres und Justiz | |
[2][wird es vor allem um den Polizeieinsatz gehen]. Die Stellvertreter von | |
CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer, Wirtschaftsminister Martin Dulig | |
(SPD) und Umweltminister Wolfram Günther (Grüne) sagten, der Staat habe | |
sich am Samstag vorführen lassen. Grünen-Landessprecher Norman Volger | |
verlangte „persönliche Konsequenzen“ von Innenminister Roland Wöller (CDU… | |
der beim polizeilichen Notstand versagt habe. | |
In der SPD kommen Rücktrittsforderungen vorerst nur von den Jusos, dem | |
Leipziger Landtagsabgeordneten Holger Mann und der früheren | |
Generalsekretärin und Bundestagsabgeordneten Daniela Kolbe. | |
Ministerpräsident Kretschmer ließ eine klare Verteidigung seines | |
Jugendfreundes Wöller vermissen. | |
Der wiederum hatte das Bautzener Oberverwaltungsgericht (OVG) scharf | |
attackiert. Die Verantwortung für das polizeiliche Desaster sieht er in | |
dessen Eilentscheidung, in letzter Minute den Aufmarsch in der Leipziger | |
Innenstadt zu ermöglichen. Ähnliche Kritik kam auch von Linken und SPD. | |
Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) hatte dem Gericht gar | |
„ideologische Erwägungen“ unterstellt. | |
Zuständig für Fragen des Versammlungsrechts ist der sechste Senat des OVG | |
unter Vorsitz des Richters Matthias Dehoust. Der sitzt zugleich in der | |
dreiköpfigen Redaktion der Sächsischen Verwaltungsblätter, einer | |
„Zeitschrift für öffentliches Recht und öffentliche Verwaltung“. | |
Die jüngste Ausgabe veröffentlicht nun einen Beitrag des Rechtsanwalts Dirk | |
Wüstenberg aus Offenbach unter dem Titel: „Nächste Epidemie Grippe? – Zum | |
Ausstieg aus der Corona-Pandemie“. Darin heißt es: „Die Krankheit COVID-19 | |
ist im Vergleich mit der gewöhnlichen Grippe keine wesentlich schlimmere. | |
Die öffentliche Gesundheitsversorgung ist nicht kollabiert.“ | |
Aus der umstrittenen Herausgebertätigkeit von Richter Dehoust lasse sich | |
aber kein Generalverdacht gegenüber dem sächsischen OVG ableiten. Das | |
betont der Ex-Vorsitzende des Verfassungs- und Rechtsausschusses im | |
Landtag, Klaus Bartl (Linke). Gleichwohl kritisiert er ebenfalls die | |
OVG-Eilentscheidung. Sie habe zwar die kollidierenden Grundrechte auf | |
Versammlungsfreiheit mit aktuellen coronabedingten Eingriffen abzuwägen | |
gehabt. Dabei hätte man aber beachten müssen, dass klar war, dass die | |
Anmelder die Hygieneauflagen missachten würden. „Das OVG läuft manchmal | |
Gefahr, weit weg vom Leben zu sein“, so Bartl. | |
9 Nov 2020 | |
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## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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