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# taz.de -- Demos gegen Abtreibungsverbot in Polen: Solidarität aus Deutschland
> Claudia Roth stellt sich auf die Seite der Protestierenden gegen das
> Abtreibungsverbot in Polen. Pro Familia schreibt einen Brief an Maas und
> Merkel.
Bild: Claudia Roth (Bündnis90/Die Grünen) hat sich mit den Protestierenden in…
Berlin taz | Die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags, Claudia Roth,
hat sich mit den Protestierenden in Polen solidarisiert, die seit mehr als
einer Woche gegen ein fast vollständiges Verbot von
Schwangerschaftsabbrüchen auf die Straße gehen. Der Nachrichtensender des
öffentlich-rechtlichen Fernsehens in Polen, TVP Info, zeigte Roth am Montag
auf seiner Onlineseite mit dem Slogan der Protestierenden „Das ist Krieg“.
Der Sender zitiert sie mit den Worten: „Es ist Zeit, dass die
Bundesregierung und die Europäische Union den politischen Druck auf die
polnische Regierung maximal erhöhen und die europäischen
Menschenrechtsstandards einfordern.“ Diesen Text postete Roth auch auf
ihrer Facebookseite.
Der Staatssekretär der Regierungspartei PiS im polnischen Außenministerium
zeigte sich laut TVP Info „entsetzt“ über Form und Inhalt von Roths
Beitrag. Der Slogan „Das ist Krieg“ im Munde einer deutschen Politikerin
wecke schlimmste Assoziationen. „Druck“ von Seiten der Bundesregierung oder
der EU auf Polen entbehre außerdem jeder rechtlichen Grundlage.
Die polnischen Demonstrierenden kritisieren mit dem Slogan den „Krieg“ des
Staates gegen ihre Körper. Roths Büroleiterin sagte, vor dem historischen
Hintergrund sei es zwar unsensibel gewesen, ausgerechnet dieses Bild der
Bewegung auszuwählen. Deshalb habe man es auch von der Facebookseite
genommen. Die [1][Solidarität mit den streikenden Frauen] bleibe aber
selbstverständlich bestehen.
## „Exzessive Gewalt“ gegen Demonstrierende
Zudem hat sich die Deutsche Gesellschaft für Familienplanung Pro Familia
wegen des Verbots von Abbrüchen in dem Nachbarland an die Bundesregierung
gewandt. „Bitte verurteilen Sie Angriffe und Gewalt durch nichtstaatliche
Akteur*innen einschließlich rechtsextremer Gruppen“, schreibt Pro Familia
in einem offenen Brief an Außenminister Heiko Maas (SPD) und
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). „Setzen Sie sich dafür ein, dass
diejenigen, die Demonstrant*innen angreifen, zur Rechenschaft gezogen
werden.“
Das polnische Verfassunsgericht hatte die ohnehin extrem restriktive
Regelung zu Schwangerschaftsabbrüchen in Polen im Oktober weiter
verschärft. Frauen müssen nun auch Föten austragen, von denen sie wissen,
dass diese mit schweren Einschränkungen zur Welt kommen oder die Geburt
nicht überleben werden. Seitdem allerdings reißen die Proteste von
polnischen Frauenrechtsgruppen wie Strajk Kobiet (Frauenstreik) nicht ab.
Landesweit werden sie inzwischen von Gewerkschaften, aber auch
Taxifahrenden oder Landwirt:innen unterstützt. [2][Großdemonstrationen]
legen Innenstädte wie die von Warschau lahm.
Gleichzeitig, schreibt Pro Familia, zeige Filmmaterial, wie die Polizei
Tränengas und Pfefferspray gegen Protestierende einsetze. „Die Anwendung
exzessiver Gewalt durch Strafverfolgungsbeamte“ stünde im Widerspruch zu
internationalen Menschenrechtsnormen und der EU-Charta, die das Recht auf
friedliche Versammlung garantieren, heißt es in dem offenen Brief. Auch
Aktionen rechtsextremer Gruppen seien „beunruhigend, da sie oft ungestraft
handeln können, was in krassem Gegensatz zu den repressiven Maßnahmen der
Behörden“ stehe.
Die frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Cornelia
Möhring, sagte: „In Polen entlädt sich die Wut gegen die immer autoritäter
werdende Regierungspolitik.“ Protestiert werde nicht nur gegen den
Gebärzwang, sondern gegen die menschenfeindliche Politik der PiS-Regierung.
Leider, so Möhring, sei von der Bundesregierung wenig zu erwarten:
Zumindest die Union poche auch hierzulande auf den sogenannten
„Lebensschutz“. Umso nötiger sei Solidarität mit den Pol:innen.
Ulle Schauws, die frauenpolitische Sprecherin der Grünenfraktion im
Bundestag, sieht die Bundesregierung trotzdem in der Pflicht. „Die
Aushöhlung von Grundrechten, die die polnische Regierung gegen Frauen, aber
auch gegen LGBTI richtet, ist nicht tragbar“, so Schauws. Auch weil
Deutschland derzeit die Präsidentschaft im Rat der Europäischen Union
innehat, müsse die Bundesregierung den Druck auf Polen erhöhen und auf die
Einhaltung von Rechtsstaatlichkeit im EU-Mitgliedsland Polen pochen: „Die
Gewaltanwendung gegen protestierende Frauen und Aktivist*innen muss
verhindert werden.“
3 Nov 2020
## LINKS
[1] /Aktivistin-zu-Abtreibungsverbot-in-Polen/!5724288
[2] /Konflikt-um-Abtreibungsverbot/!5724935
## AUTOREN
Patricia Hecht
## TAGS
Schwerpunkt Abtreibung
Polen
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