# taz.de -- Berliner Versammlungsgesetz: „Überflüssig wie ein Kropf“ | |
> Zwei Polizeiveteranen zeigen sich im Innenausschuss des Berliner | |
> Abgeordnetenhauses am Montag wenig begeistert vom neuen | |
> Versammlungsgesetz. | |
Bild: Berliner Polizei bei einer Demo gegen Corona-Auflagen am 25. Oktober | |
BERLIN taz | Bei einer Anhörung hat der Innenausschuss des | |
Abgeordnetenhauses am Montag über das geplante neue Versammlungsgesetz | |
beraten. Alle Fraktionen hatten Gelegenheit, Sachverständige zu der Sitzung | |
zu laden. | |
Der Gesetzentwurf der rot-rot-grünen Regierungskoalition trägt den | |
anspruchsvollen Titel „Versammlungsfreiheitsgesetz“. Vorgesehen sind unter | |
anderem Lockerungen beim Vermummungsverbot. Gegendemonstrationen in Hör- | |
und Sichtweite sollen künftig ermöglicht werden. Auch Versammlungen auf | |
öffentlich zugänglichem Privatgelände wie dem Berliner Flughafen oder in | |
Shoppingsmalls sind darin geregelt. Man werde nun über die Änderungsanträge | |
abstimmen, sagte Sebastian Schlüsselburg (Linke) nach der Ausschusssitzung | |
zur taz. Spätestens in der ersten Plenarsitzung des neuen Jahres wolle man | |
das Gesetz im Abgeordnetenhaus beschließen. | |
Zwei als Sachverständige geladene ehemalige Polizisten übten an dem | |
Gesetzesvorhaben am Montag grundsätzliche Kritik. Oliver Tölle, früher | |
Justitiar im Polizeipräsidium, sprach von verquasten Regelungen, die für | |
die Polizei nicht dazu geeignet seien, überraschende Veränderungen vor Ort | |
aufzufangen. „Das muss man sich gut überlegen bei diesem Hexenkessel in | |
Berlin“ sagte Tölle. Die SPD hatte ihn für die Anhörung vorgeschlagen. | |
In das gleiche Horn blies auch Michael Knape, früher Leiter der | |
Polizeidirektion 6. „Dieses Gesetz ist überflüssig wie ein Kropf“, sagte | |
Knape, der seit geraumer Zeit im Ruhestand ist und an der Hochschule für | |
Recht und Verwaltung Studierenden Rechtskenntnisse beibringt. Im | |
Abgeordnetenhaus ist er Mitarbeiter der FDP-Fraktion. Die hatte ihn als | |
Sachverständigen geladen. Das Gesetz habe viel zu viele unbestimmte | |
Rechtsbegriffe, sagte Knape. Für schnelle Anwendung auf der Straße sei es | |
zu kompliziert. Ganz Seminarreihen müsste die Polizeipräsidentin | |
organisieren, um es den Mitarbeitern der Polizei zu vermitteln. Überhaupt, | |
so Knape, frage er sich, warum Berlin das Gesetz brauche. Vielmehr müsse es | |
einheitliches bundesweites Gesetz geben. | |
## Linken-Abgeordneter erschüttert | |
Berlin hat bisher kein eigenes Versammlungsgesetz, zur Anwendung kommt das | |
Bundesversammlungsrecht. „Das ist aber nur verständlich, wenn man seit den | |
80er Jahren die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verfolgt hat“, | |
sagte Schlüsselburg. Von der Argumentation der beiden Polizisten zeigte | |
sich der Linkenpolitiker erschüttert. Sie seien offenbar der Meinung, dass | |
Versammlungsgesetz speziell Polizeirecht sei. Intention des neues Gesetzes | |
sei genau das Gegenteil. Das Gesetz werde gemacht, um die | |
Versammlungsfreiheit zu stärken und Demonstrationsteilnehmer möglichst | |
wenig zu gängeln. | |
Grüne und Linke hatten unter anderem eine Vertreterin der Gesellschaft für | |
Freiheitsrechte eingeladen. Benötigt werde ein Gesetz, das Protest auf der | |
Straße niedrigschwellig ermögliche, sagte Vivian Kube. | |
2 Nov 2020 | |
## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
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