# taz.de -- Klimawandel durch hohen Energieverbrauch: Wenn Kühlen zu mehr Wär… | |
> Expert:innen gehen davon aus, dass in 30 Jahren mehr Energie ins Kühlen | |
> als ins Heizen fließt. Das kann den Klimawandel weiter beschleunigen. | |
Bild: Auch in Düsseldorf könnten sie wichtiger werden: Klimageräte | |
Berlin taz | Bald beginnt sie wieder, die Heizsaison mit ihren Regeln. | |
Thermostat runter, Fenster auf, fünf Minuten Lüften, und wieder zurück. Auf | |
den Energieverbrauch beim Heizen zu achten kriegen die meisten von uns in | |
diesen Breitengeraden schon im Kleinkindalter eingeimpft. | |
Was wir aber bisher unterschätzen: Die Welt hat einen gigantischen und | |
durch die globale Erhitzung weiter zunehmenden Kühlbedarf – der die | |
Klimakrise durch die nötige Energieproduktion wiederum anheizen könnte. Den | |
„toten Winkel der Nachhaltigkeitsdebatte“ nennen das britische | |
Wissenschaftler:innen, die dazu gerade eine [1][Studie] im Fachmagazin | |
Nature Sustainablity veröffentlicht haben. | |
„Die Weltgemeinschaft muss nachhaltig kühlen oder sie droht in eine | |
Rückkopplungsschleife zu rutschen, in der die Nachfrage nach Energie zum | |
Kühlen für noch mehr Treibhausgase sorgt und damit in einer noch stärkeren | |
globalen Erwärmung mündet“, sagt die Leitautorin Radhika Khosla von der | |
Smith School of Enterprise and the Environment der britischen Universität | |
Oxford. | |
Die Internationale Energieagentur [2][geht zum Beispiel davon aus], dass | |
wir zur Mitte des Jahrhunderts weltweit mehr Energie ins Kühlen stecken | |
werden als ins Heizen. Das hat nicht nur mit der Klimakrise zusammen, | |
sondern auch damit, dass sich in Ländern wie China und Indien immer mehr | |
Menschen Klimaanlagen leisten können. Zwei Drittel der Haushalte weltweit | |
könnten 2050 eine Klimaanlage haben, schätzt die IEA. Dafür müsste die Welt | |
ihre Energieproduktion um dasselbe Maß erhöhen, wie USA, Japan und die EU | |
zurzeit insgesamt erzeugen. | |
## Einfach nicht mehr kühlen? Ist auch keine Lösung | |
Khosla und ihre Koautor:innen haben tausende Einzelstudien ausgewertet. | |
Einfach nicht zu kühlen, ist demnach auch keine Lösung – denn das gefährde | |
nahezu alle 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung der Vereinten | |
Nationen (SDGs). Zum Beispiel gleich das erste: die Bekämpfung von Armut. | |
Extreme Hitze schränkt die Möglichkeit vieler Menschen zum Arbeiten und | |
damit Geldverdienen ein. | |
Oder das vierte Ziel: Bildung für alle. Dass Schüler:innen in überhitzten | |
Schulgebäuden schlechter lernen, ist nachgewiesen. In den SDGs selbst, | |
kritisieren die Forscher:innen wird das Kühlen aber kein einziges Mal | |
erwähnt. | |
Und wie soll es nun gehen? Die Wissenschaftler:innen unterscheiden | |
„aktives“ Kühlen, zum Beispiel durch eine Klimaanlage, vom „passiven“. | |
Damit ist zum Beispiel der Bau von Häusern gemeint, die sich von vornherein | |
nicht so stark aufheizen. Sie warnen aber auch: Das persönliche Verhalten | |
und technologische Innovationen können bestenfalls ein Teil des | |
nachhaltigen Wandels sein. Ohne die Politik geht es nicht. | |
8 Nov 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.nature.com/articles/s41893-020-00627-w | |
[2] https://www.iea.org/reports/the-future-of-cooling | |
## AUTOREN | |
Susanne Schwarz | |
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