| # taz.de -- Die Wochenvorschau für Berlin: Ein Brückenstreit, viele Dominoste… | |
| > Aufregen kann man sich diese Woche über eine Brücke und die Räumung eine | |
| > Jugendzentrums. Beim Beruhigen hilft dann backen und Märchen hören. | |
| Bild: Tipp gegen die Langeweile: Dominosteine backen – je mehr, desto besser | |
| Grau ist der November für gemeinhin, kalt und nass, ein von von vorne bis | |
| hinten schwieriger Monat, und wir sind jetzt mittendrin. Da muss man sich | |
| eben warme Gedanken machen, was natürlich in diesen ebenfalls von vorne bis | |
| hinten schwierigen Pandemiezeiten auch leichter gesagt als getan ist. In | |
| zwei Wochen ist Advent, man könnte also schon mal die ersten | |
| Probe-Lebkuchen backen. Schön lange dauern übrigens Dominosteine, wenn | |
| einem langweilig wird, sind die eine nicht zu unterschätzende Option. | |
| Aber das hier ist ja keine Rezeptkolumne, weshalb wir uns den Dingen | |
| zuwenden, die unsere schlecht gelaunte November-Aufmerksamkeit wirklich | |
| verdient haben. Gleich am Montagabend zum Beispiel betrifft das eine | |
| Brücke, und zwar nicht irgendeine, sondern eine zentrale, die | |
| Mühlendammbrücke, die seit 1968 die Fischerinsel mit dem Molkenmarkt | |
| verbindet. Hier schlägt die Bundesstraße 1 zwischen Potsdamer- und | |
| Alexanderplatz einen Bogen über die Spree. | |
| Diese Brücke soll, so weit so gewöhnlich für eine arg in die Jahre | |
| gekommene Brücke, abgerissen und neu gebaut werden – doch wie genau, daran | |
| scheiden sich die Geister in der Senatsverwaltung für Verkehr einerseits | |
| und dem Bezirk Mitte andererseits. Denn der zuständige SPD-Stadtrat im | |
| Bezirk, Ephraim Gothe, ist erzürnt über die Pläne der grünen | |
| Verkehrssenatorin Regine Günther, die seiner Meinung nach dem Autoverkehr | |
| auf dem avisierten Brückenneubau deutlich zu viel Raum geben will. Gothe | |
| hingegen will Auto-, Fuß- und Radverkehr gleichberechtigt viel Platz | |
| einräumen, auch Tramgleise sollen künftig über die Brücke führen. | |
| Nun versucht die Verkehrsverwaltung mit einer | |
| „Bürgerinformationsveranstaltung“ ein bisschen Druck aus dem Kessel zu | |
| lassen. Coronakonform in digitaler Form kann man sich am Montag um 18 Uhr | |
| den Youtube-Kanal der Verkehrsverwaltung nach Hause aufs Sofa streamen und | |
| Staatssekretär Ingmar Streese und Bezirksstadtrat Gothe beim Diskutieren | |
| zuschauen. | |
| Ein Vertreter vom ausführenden Planungsbüro und ein Vertreter der | |
| Interessengemeinschaft Leipziger Straße sollen dann dem einen respektive | |
| dem anderen entsprechend zur Seite springen. | |
| ## Irgendwann ist Corona mal vorbei | |
| Was interessiert mich eine Brücke in Mitte, sagen Sie? Recht haben Sie, | |
| aber die Verkehrswende, um die es da bei dem Brückenstreit eigentlich geht, | |
| die ist schon interessant. Irgendwann ist Corona mal vorbei, und dann | |
| müssen wir alle wieder ins Büro, und die Autos und die blöde, olle Brücke | |
| am Alex sind dann immer noch da. Essen Sie einen Lebkuchen dazu, dann | |
| rutscht so eine Youtube-Diskussion besser. | |
| Alternativ können Sie sich auch in den Streit über das Schöneberger | |
| Jugendzentrum Potse einmischen. Am Mittwochabend kommt die | |
| Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg – wegen der Pandemie | |
| muss man sagen: voraussichtlich – zusammen, um über einen Antrag der FDP zu | |
| diskutieren. Die will nämlich in Erfahrung bringen, wie ernst es dem | |
| zuständigen Bezirksstadtrat Oliver Schworck (SPD) jetzt eigentlich ist mit | |
| einer Räumung des selbstverwalteten Jugendzentrums. Das ist seit Anfang | |
| 2019 ohne Mietvertrag in den Räumen in der Potsdamer Straße, das | |
| Amtsgericht Tiergarten hatte im September ein Räumungsurteil bestätigt. | |
| Der Bezirk ist hingegen um eine friedliche Lösung bemüht – aber wie kann | |
| die aussehen? Die alternativen Räume, die der Potse bisher seitens des | |
| Bezirks vorgeschlagen wurden, sind nicht brauchbar, sagt der Jugendclub. | |
| Insofern: ausnahmsweise mal eine gute Frage gestellt, FDP! | |
| Wem das alles zu schwere Kost ist: Die Berliner Märchentage laufen noch bis | |
| zum 22. November, und dieses Jahr unter dem Motto „Himmel und Erde – | |
| Märchen von oben und unten“. Fast jeden Tag gibt es diese Woche tolle | |
| Lesungen und Veranstaltungen, natürlich auch nur digital, aber was heißt | |
| hier schon „nur“? Am Freitag zum Beispiel gibt es Märchen aus der Mongolei, | |
| und die Preisfrage: Warum begann der große Dschingis Khan seine Reden stets | |
| mit dem Satz: „Auf Wunsch des ewigen blauen Himmels“? Hören Sie die Antwort | |
| hier: [1][berliner-maerchentage.de] | |
| 9 Nov 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Anna Klöpper | |
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