# taz.de -- Erste Ausstellung im Humboldt Forum: Wir müssen reden | |
> Die in der umstrittenen Berliner Schlossattrappe geplanten Ausstellungen | |
> müssen hohe Erwartungen erfüllen. Es fängt gut an. | |
Am 7. Januar geht es los. Da eröffnet im Humboldt Forum die erste | |
Ausstellung der Humboldt-Universität im Humboldt Forum. Nur eine gute Woche | |
später folgt die Berlinausstellung des Stadtmuseums in der viel | |
kritisierten Schlossattrappe. Es ist schon einiges bekannt über diese | |
Ausstellung namens Berlin Global, zum Beispiel, dass in sieben Räumen die | |
Themen Freiraum, Grenzen, Vergnügen, Mode, Krieg, Verflechtung und | |
Revolution verhandelt werden. Und dass die massive Stahltür des legendären | |
Berliner Technoclubs Tresor zu sehen sein wird. Seit Montag aber konnte man | |
sich die Ausstellung nur vorstellen – jetzt, seit Dienstag, kann man sich | |
den ersten Ausstellungsraum von Berlin Global online ansehen, konkret das | |
375 Quadratmeter große Wandbild „Weltdenken“. | |
Für dieses haben die Ausstellungsmacher und Kuratorin Yasha Young, | |
Gründerin des Urban Nation Museum, das New Yorker Künstlerduo HOW AND NOSM | |
gewonnen. Der Stil von HOW AND NOSM ist beeindruckend. Rosa, rot, lila, | |
schwarz und weiß, klare Linien, die Perspektiven außer Rand und Band, was | |
manchmal an Picasso-Gemälde wie Guernica erinnert. Aber das alles wirkt nur | |
auf den ersten Blick poppig. Auf den zweiten Blick stellt es so komplexe | |
wie schmerzhafte Fragen, die zweifelsfrei sehr umfassend auf die | |
Ausstellung Berlin Global vorbereiten. | |
## Es ist kompliziert | |
Das Verhältnis Berlins zur Welt war kompliziert, das zeigt bereits die | |
erste Wand von HOW AND NOSM, auf der die Namensgeber des Humboldt Forums, | |
Wilhelm und Alexander von Humboldt, zu sehen sind. Allerdings geht es nicht | |
nur um die viel beschriebene wissenschaftliche Neugier der Brüder, sondern | |
auch um die Folgen ihres Tuns. Vieles von der Vielfalt der Sprachen, die | |
Wilhelm lobte, ging im Zuge der Kolonialisierung der Welt verloren. Und die | |
Einsicht Alexanders, dass die Ausbeutung der Natur das Ökosystem zerstört, | |
wird bis heute von der großen Politik kaum ernst genommen. Darum schwimmt | |
bei HOW AND NOSM im Valenciasee, dessen Zerstörung Alexander beschrieb, | |
eine Flaschenpost voller qualmender Atomreaktoren und Bomben. | |
Die Botschaft von HOW AND NOSM ist klar: Der Kolonialismus wurde auch in | |
Berlin forciert, sei es durch Kurfürst Friedrich Wilhelm oder Rudolf | |
Virchow. Sie alle tauchen im riesigen Wandgemälde auf. Darüber hinaus aber | |
ist der Kolonialismus nicht abgeschlossen. Auch das macht das Gemälde | |
deutlich. Mensch und Natur werden bis heute ausgebeutet – und wir müssen | |
darüber reden, wir müssen handeln. | |
10 Nov 2020 | |
## AUTOREN | |
Susanne Messmer | |
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