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# taz.de -- Die neuesten Entwicklungen im Überblick: Coronakrise spitzt sich zu
> Erstmals gibt es über 11.000 Neuinfektionen, auch Jens Spahn ist
> erkrankt. Weitere Staaten sind nun Risikogebiet. Dänemark macht die
> Grenzen für Deutsche dicht.
Bild: Schlechte Aussichten: Die Zahl der Risikogebiete steigt an
Berlin dpa/afp/reuters | Die Zahl der Neuinfektionen mit dem
[1][Coronavirus] innerhalb eines Tages ist in Deutschland erneut stark
gestiegen und hat erstmals den Wert von 10.000 überschritten. Die
Gesundheitsämter meldeten nach Angaben des Robert-Koch-Instituts vom
Donnerstagmorgen 11.287 Fälle binnen 24 Stunden. Der vorherige Höchstwert
stammt vom Samstag und lag bei 7.830 Neuinfektionen. Das RKI gab am
Donnerstag außerdem bekannt, dass 30 weitere Menschen im Zusammenhang mit
einer Covid-19-Erkrankung gestorben seien. Die neuesten Entwicklungen im
Überblick:
## Einordnung der Zahlen
Expert:innen zufolge sind die neu gemeldeten Infektionen wegen der Zeit
zwischen Ansteckung, Test, Ergebnis und Meldung ein Hinweis darauf, wie
stark das Virus vor etwa einer Woche in der Gesellschaft unterwegs war.
Deshalb dauere es auch, bis sich politische Maßnahmen in den Meldezahlen
niederschlagen könnten. Die jetzigen Werte sind allerdings nur bedingt mit
denen aus dem Frühling vergleichbar, weil mittlerweile wesentlich mehr
getestet wird – und damit auch mehr Infektionen entdeckt werden.
Die Reproduktionszahl, kurz R-Wert, lag in Deutschland laut RKI-Lagebericht
vom Mittwoch bei 1,09 (Vortag: 1,25). Das bedeutet, dass zehn Infizierte
knapp elf weitere Menschen anstecken. Der R-Wert bildet jeweils das
Infektionsgeschehen etwa eineinhalb Wochen zuvor ab. Das sogenannte
Sieben-Tage-R liegt nach RKI-Schätzungenbei 1,17 (Vortag: 1,23). Der Wert
zeigt das Infektionsgeschehen von vor 8 bis 16 Tagen und unterliegt weniger
Schwankungen als andere Indikatoren.
## Robert-Koch-Institut warnt
Der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, zeigte sich bei
[2][einer Pressekonferenz am Donnerstag] besorgt: „Inzwischen ist die
Situation insgesamt sehr ernst geworden“, sagte Wieler in Berlin. Aber er
fügt hinzu: „Derzeit haben wir noch die Chance, die weitere Ausbreitung des
Virus zu verlangsamen.“ Voraussetzung dafür sei aber die konsequente
Einhaltung der Hygieneregeln. Im Vergleich zur ersten Welle der Pandemie im
Frühjahr nehme derzeit die Ausbreitung des Virus in privaten Haushalten
deutlich zu. Ursache sei, dass sich Menschen vor allem bei privaten
Begegnungen ansteckten und das Virus mit nach Hause brächten.
## Dänemark schließt Grenzen
Dänemark schließt angesichts der hohen Zahl an Corona-Neuansteckungen seine
Grenze für Urlauber aus Deutschland weitgehend. Das dänische
Außenministerium gab am Donnerstag bekannt, dass Menschen aus Deutschland
ab Samstag nur noch einreisen dürfen, wenn sie einen triftigen Grund haben.
Urlaubreisen sind damit wieder bis auf wenige Ausnahmen passé.
Ausgenommen sind etwa Deutsche, die ein Ferienhaus inDänemark besitzen, wie
Außenminister Jeppe Kofod am Donnerstag sagte. Wer sich im Land aufhalte,
müsse aber nun nicht überhastet abreisen. Auch aus der Grenzregion
Schleswig-Holstein soll man vorerst noch einreisen können – vorausgesetzt,
die Infektionszahl steigt dort nicht auf über 30 pro 100 000 Einwohner. Ein
triftiger Grund für die Einreise kann gegeben sein, wenn ein Deutscher in
Dänemark arbeitet oder seine Familie oder seinen Partner besuchen will.
Die dänischen Behörden raten von Reisen ins Ausland ab, wenn es dort binnen
einer Woche mehr als 30 neue Corona-Infektionen pro 100 000 Einwohner
gegeben hat. Die Maßnahme wird zurückgenommen, wenn der Wert wieder auf
unter 20 fällt. Wer aus einem Land mit einem Wert über 30 nach Dänemark
zurückkehrt, wird zur 14-tägigen Quarantäne aufgefordert. Die dänischen
Quarantäneregeln gelten nun für alle europäischen Länder außer Norwegen,
Griechenland und wenige Regionen in Schweden.
## Klage gegen Beherbungsverbot abgewiesen
Das Bundesverfassungsgericht hat den Eilantrag einer Familie aus Tübingen
gegen das Beherbergungsverbot in Schleswig-Holstein als unzulässig
abgelehnt. Der Eilantrag sei unzureichend begründet, erklärte das Gericht
am Donnerstag. Ob das Beherbergungsverbot grundsätzlich rechtens ist,
entschieden die Karlsruher Richter deswegen nicht.
Die Familie wollte in den Herbstferien nach Sylt fahren. Da der Kreis
Tübingen wegen der vielen Infektionen als Risikogebiet gilt, hätte die
Familie aber nur auf der Insel übernachten können, wenn sie einen aktuellen
negativen Corona-Test vorlegt. Darum reichte sie einen Eilantrag gegen die
schleswig-holsteinischen Regelungen ein.
Die Antragsteller:innen hätten jedoch nicht erklärt, warum sie sich nicht
auf Corona testen lassen könnten, argumentierte das
Bundesverfassungsgericht. Tatsächlich bewirke ein Beherbergungsverbot
„schwerwiegende Eingriffe in Grundrechte“, die verhältnismäßig sein
müssten. Ob das Verbot deswegen außer Vollzug gesetzt werden müsse, hätten
die Richter:innen in dem Fall aber nicht zu entscheiden gehabt.
Das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein hatte das Beherbergungsverbot
am 15. Oktober bestätigt. In mehreren anderen Bundesländern war es dagegen
von den Oberverwaltungsgerichten als unverhältnismäßig gekippt worden.
## Viele neue Reisewarnungen
Das Robert-Koch-Institut am Donnerstag außerdem die Liste der
Coronarisikogebiete in Europa erneut deutlich ausgeweitet. Unter anderem
werden seit Donnerstagmorgen ganz Polen, die ganze Schweiz, ganz Irland und
ganz Liechtenstein in dieser Kategorie geführt. In Österreich sind nun acht
von neun Bundesländern betroffen – nur Kärnten gilt nicht als Risikogebiet.
Auch zahlreiche italienische Regionen wurden neu als Risikogebiete
eingestuft. Ebenfalls als Risikogebiet wird das gesamte Vereinigte
Königreich von Großbritannien und Nordirland geführt. Das RKI nahm noch
zahlreiche weitere europäische Regionen in die Liste auf, etwa in Schweden,
Bulgarien, Ungarn und Kroatien. Dagegen wurden die Kanarischen Inseln, die
zu Spanien gehören, von der Liste gestrichen.
Für Länder oder Regionen, die als Risikogebiet eingestuft wurden, gibt das
Auswärtige Amt eine Reisewarnung heraus. Entscheidend für die Einstufung
als Risikogebiet ist, dass die Zahl der Neuinfektionen binnen sieben Tagen
bei mehr als 50 Fällen pro 100.000 Einwohner:innen liegt. Für Menschen, die
aus den aufgelisteten Gebieten nach Deutschland einreisen, gilt eine
Quarantänepflicht.
## Jens Spahn infiziert
Bereits am Mittwochabend war bekannt geworden, dass sich auch
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) [3][mit dem Coronavirus
infiziert hat]. Sein Ministerium teilte mit, er habe am Mittwochnachmittag
Erkältungssymptome bekommen, sich direkt testen lassen und dann nach dem
positiven Ergebnis umgehend zu Hause isoliert. Nun werden die
Testergebnisse der anderen Kabinettsmitglieder erwartet. Nach Informationen
der Bild-Zeitung (Donnerstag) sollen sich alle testen lassen, die mit ihm
am Mittwoch an der Kabinettssitzung im Kanzleramt teilgenommen hatten.
Das Kabinett als Ganzes soll aber nicht in Quarantäne gehen. Ein
Regierungssprecher erklärte, es tage unter Einhaltung von Hygiene- und
Abstandsregeln, die darauf abzielten, dass auch bei Anwesenheit einer
infizierten Person eine Quarantäne anderer oder gar aller Teilnehmer:innen
nicht erforderlich werde. Bei der Sitzung abwesend waren laut Bild Heiko
Maas (Außenminister), Hubertus Heil (Arbeitsminister) und Julia Klöckner
(Landwirtschaftsministerin).
Familienministerin Franziska Giffey (SPD) war bereits mit einem Schnelltest
am späten Mittwochnachmittag negativ getestet worden, wie eine Sprecherin
der Deutschen Presse-Agentur gesagt hatte. Ein weiterer Schnelltest sollte
noch folgen. Giffey hatte am Freitag bei einer Pressekonferenz sehr lange
mit Spahn zusammen auf dem Podium gesessen.
22 Oct 2020
## LINKS
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