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# taz.de -- Einigung über Agrarreform: EU-Landwirtschaft soll grüner werden
> Agrarminister wollen Subventionen stärker an Umweltauflagen koppeln. Doch
> Umweltverbände kritisieren die Einigung als „faulen Kompromiss“.
Bild: Landwirte sollen für ihre Subventionen künftig umweltfreundlicher wirts…
Luxemburg dpa/taz | Die EU-Staaten haben sich auf eine Reform der
milliardenschweren Agrarpolitik geeinigt. Landwirtschaftsministerin Julia
Klöckner (CDU) sprach am Mittwochmorgen nach fast zweitägigen Verhandlungen
in Luxemburg von einem „Systemwechsel“. „Wir zeigen, dass eine stärkere
Umwelt- und Klimaambition zusammengeht mit Ernährungssicherung und der
notwendigen Einkommensstützung für die Betriebe.“ Für eine grünere
Landwirtschaft sollen in den kommenden Jahren vor allem sogenannte
Ökoregelungen sorgen.
Das sind Umweltvorgaben, die über die verpflichtenden Anforderungen
hinausgehen, die Bauern im Gegenzug für Direktzahlungen erfüllen müssen.
Dem Kompromiss der EU-Staaten zufolge müssen die EU-Staaten künftig
mindestens 20 Prozent der Direktzahlungen für diese Ökoregelungen
reservieren. Erfüllt ein Landwirt sie, bekommt er zusätzliches Geld. So
soll klima- und umweltfreundliche Landwirtschaft für die Bauern attraktiver
werden. In Deutschland wäre demnach eine Milliarde Euro im Agrarbudget für
die sogenannten Eco-Schemes vorgesehen, wie Klöckner sagte. Weil
Deutschland derzeit den Vorsitz der EU-Staaten innehat, leitete sie die
mühsamen Verhandlungen.
Bereits am späten Dienstagabend hatte das Europaparlament Eckpfeiler seiner
Position für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) benannt – es fordert für die
Ökoregelungen einen Anteil von mindestens 30 Prozent der Direktzahlungen.
Seine endgültige Linie will das Parlament bis Ende der Woche festlegen.
Anschließend könnten beide Seiten – das Parlament und die EU-Staaten –
miteinander über die Agrarreform verhandeln.
Umweltschützer hatten die Parlamentsposition bereits deutlich kritisiert
und als unzureichend für die Erreichung der EU-Klimaziele bezeichnet. „Das
Geld der Steuerzahler fließt ohne Umweltvorgaben weiterhin größtenteils als
Direktzahlungen, von denen besonders Großbetriebe profitieren“, sagte
Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Lasse van Aken. Die Beschlüsse des
Ministerrats, die noch dahinter zurückbleiben, stießen entsprechend auf
noch schärfere Kritik. „Was der Agrarrat hier vorlegt hat, ist ein fauler
Kompromiss, der keinen ökologischen Mehrwert zur vorherigen Förderperiode
darstellt“, erklärte WWF-Naturschutzvorstand Christoph Heinrich. „Um
ausreichende Wirkung zu entfalten, müssten es eigentlich verbindliche 50
Prozent sein, als minimaler Einstieg wären gerade noch mindestens 30
Prozent akzeptabel.“
EU-Landwirtschaftskommissar Janusz Wojciechowski sagte am Mittwochmorgen
dagegen, die Ökoregelungen seien ein Schlüsselelement für eine umwelt- und
klimafreundlichere Agrarpolitik. Zugleich betonte er, dass er sich noch
größere Ambitionen der EU-Staaten wünsche.
Allerdings hatten etliche EU-Staaten die verpflichtenden Ökoregeln [1][im
Laufe der Verhandlungen noch abgelehnt]. Deshalb ging Klöckner in der Nacht
zum Mittwoch mit einem Kompromissvorschlag in die Ministerrunde. Nach
weiteren Nachbesserungen stand der Kompromiss dann am frühen Morgen.
Demnach ist nun unter anderem eine zweijährige „Lernphase“ für die
Ökoregelungen vorgesehen. Sie soll sicherstellen, dass ungenutztes Geld aus
diesen Umweltprogrammen für die EU-Staaten nicht verloren geht. Zudem
sollen die Länder auch Umweltleistungen, die in der sogenannten zweiten
Säule erbracht werden, bei den Eco-Schemes anrechnen lassen können.
Neu soll auch sein, dass die Hauptstädte künftig nationale Strategiepläne
erstellen müssen, die von der EU-Kommission genehmigt werden müssten. Darin
sollen sie darstellen, wie sie eine Reihe vorgegebener Ziele erreichen
wollen – etwa die Erhaltung der Natur, den Klimaschutz und die Sicherung
der Lebensmittelqualität.
Die EU-Kommission hatte 2018 eine [2][umfassende Agrarreform] für die Jahre
2021 bis 2027 vorgeschlagen. Mittlerweile gilt für die nächsten zwei Jahre
eine Übergangsphase, so dass neue Regeln erst ab 2023 in Kraft treten
würden. Das Budget für die Agrarpolitik ist der größte Posten im
EU-Haushalt. Bis 2027 haben die EU-Staaten rund 387 Milliarden Euro
vorgesehen. Viele Landwirte sind von den Zahlungen aus Brüssel abhängig,
fürchten aber zugleich zu hohe Umweltauflagen.
Bislang geht ein Großteil des Geldes in der sogenannten ersten Säule als
Direktzahlungen an die Bauern. Die Summe richtet sich in erster Linie nach
der Größe der bewirtschafteten Fläche. Ein kleinerer Teil des Geldes geht
in der zweiten Säule unter anderem in die Entwicklung des ländlichen Raums.
Österreichs Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger zeigte sich nach
der Einigung erleichtert: „Verpflichtende Ökoregelungen von 20 Prozent bei
den Direktzahlungen sind ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung“,
sagte sie.
21 Oct 2020
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