# taz.de -- Klima erwärmt Meere: Die Geduld der Ozeane ist am Ende | |
> Alarmierende Nachrichten aus Sibirien und dem Weddellmeer: Methan wird | |
> freigesetzt und die Temperatur steigt auch in 2.000 Metern Tiefe. | |
Bild: Polarlichter am Nachthimmel über dem Weddellmeer | |
Berlin taz | Schlechte Nachrichten aus den Weltmeeren: Vor der sibirischen | |
Küste hat jetzt möglicherweise auch der Permaforst am Boden des Meeres zu | |
schmelzen begonnen. Ein internationales Team an Bord des russischen | |
Forschungsschiffs „R/V Akademik Keldysh“ berichtet von hohen | |
Methankonzentrationen in 350 Metern Tiefe der Laptewsee. Diese Befunde | |
werden allerdings von anderen Wissenschaftlern [1][mit Skepsis betrachtet]. | |
Das Team hatte gegenüber dem britischen Guardian angegeben, ihre | |
Erkenntnisse deuteten darauf hin, dass das Eis am Meerboden taut und das | |
potente Treibhausgas Methan an die Oberfläche blubbern lässt. Die | |
Messungen, betont die Gruppe, seien vorläufig, doch die Forscher fanden | |
Konzentrationen, die vier- bis achtmal so hoch wie gewöhnlich sind. | |
Sie sehen darin möglicherweise den Beginn einer Entwicklung, die sich nicht | |
mehr aufhalten lässt: Wärmeres Wasser aus dem Atlantik strömt in das Gebiet | |
600 Kilometer nördlich der sibirischen Küste und löst das Eis. Methan heizt | |
in einem Zeitraum von zwanzig Jahren die Atmosphäre etwa 80-mal so stark | |
auf wie Kohlendioxid und entweicht bereits in großen Mengen aus den | |
Permafrostböden der Arktis. | |
Die kritische Gruppe von vier Experten ist da allerdings vorsichtiger. Der | |
Zeitungsbericht sei wenig glaubwürdig, heißt es. Es sei unklar, ob das | |
jetzt entdeckte Methan wirklich aus neuen Quellen stamme oder diese | |
unterseeischen Quellen nun einfach nur gefunden seien. Auch sei nicht | |
erwiesen, dass das ausgetretene Methangas die Atmosphäre erreiche, es könne | |
sich im Wasser lösen. Für bessere Aussagen brauche man langfristige | |
Erkenntnisse. Daten bis 2017 jedenfalls zeigten keine deutliche Zunahme von | |
Methan-Emissionen in der Arktis. | |
## Temperatur stieg um bis 0,0024 Grad | |
Auch vom anderen Ende der Welt gibt es Warnzeichen aus dem Meer: Das Wasser | |
in 2.000 Metern Tiefe im Weddellmeer hat sich zuletzt etwa fünfmal so | |
schnell erwärmt wie sonst in den Ozeanen. Die Temperatur stieg um 0,0021 | |
bis 0,0024 Grad pro Jahr, während die Schichten [2][oberhalb von 700 Metern | |
sich kaum erwärmten, sagen Wissenschaftler]. | |
Warum ist das relevant? Weil aus diesem kalten und tiefen Becken vor der | |
Antarktis bisher die absinkenden Wassermassen die Ozeanströmungen | |
mitbestimmen. Je wärmer das Wasser in der Tiefe, desto eher könnte diese | |
Zirkulation gestört werden. | |
Und die Messungen zeigen, wo die Hitze bleibt, die das zusätzliche CO2 aus | |
Kohle- und Ölverbrennung in die Atmosphäre bringt: Etwa 90 Prozent davon | |
haben bisher die Ozeane geschluckt. Jetzt ist ihre Geduld langsam am Ende. | |
1 Nov 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://climatefeedback.org/evaluation/guardian-article-on-arctic-methane-e… | |
[2] https://climatenewsnetwork.net/antarctic-depths-warm-far-beyond-oceanic-ave… | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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