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# taz.de -- Die Wahrheit: Haferschleim der Hoffnung
> Es gibt im angelsächsischen Raum eine Speise des Grauens. Ursprünglich
> stammt sie aus Schottland, und ihr furchterregender Name lautet:
> „Porridge“.
Wer isst schon freiwillig Haferschleim? In den deutschen
Verschickungsheimen der Nachkriegszeit wurden Kinder mit dem Zeug
zwangsernährt, und wer auf den Teller kotzte, musste trotzdem weiteressen.
Ursprünglich stammt das Gericht aus Schottland, und im schottischen Gälisch
heißt es „Brochan“ – wie „Erbrochanes“. Auf Englisch heißt der Schl…
„porridge“, und „to do porridge“ bedeutet passenderweise „Knast schie…
In Carrbridge in den schottischen Highlands werden seit 27 Jahren die
Schleimbeutel-Weltmeisterschaften veranstaltet. Der Gewinner bekommt den
goldenen „Spurtle“, den Rührstab für den besten Porridge. Man muss den
Rührstab mit der rechten Hand benutzen und im Uhrzeigersinn rühren, um den
Teufel fernzuhalten. Aber Porridge ist der Teufel.
Carrbridge ist für diese Weltmeisterschaften prädestiniert, denn „Carr“ i…
der altnordische Begriff für Schlamm – also Porridge. Der Getreidebrei gilt
zu Recht als fades Hausmittel bei Magenbeschwerden. In diesem Oktober
konnte das Wettkochen wegen Corona nur virtuell stattfinden.
In der Spezialkategorie gewann ein Chris Young aus Crieff in Perthshire,
der einen „Crunch sa Bheul“ kreierte – ein Knirschen im Mund. Das ist die
schottische Antwort auf Croquembouche, die französische Windbeutelpyramide.
Youngs Schleim bestand aus Hafermehl, Zucker, Butter, Sahne und Karamell.
Die Titelverteidigerin Lisa Williams aus Trimley in Suffolk kam diesmal nur
auf den zweiten Platz mit ihrem „Haferschleim der Hoffnung“, der aus
Erdnussbutter, Honig, Bananen sowie Schokolade bestand und mit einem
Obstkebab serviert wurde. Leer ging dagegen ein „von Haferflocken
inspiriertes Enten-Confit-Taco“ aus, was bedauerlich ist, denn die perverse
Fantasie ist preisverdächtig. Das Rezept für „Haferschleim mit goldener
Dusche“ möchte man sich lieber nicht vorstellen.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mussten Videos von drei bis fünf Minuten
Länge einschicken, in denen sie die Zutaten und das fertige Produkt
vorstellen sollten. Der Geschmack konnte natürlich nicht beurteilt werden,
was aber bei Porridge ohnehin entbehrlich ist, weil das Zeug auch mit allen
kulinarischen Tricks kaum genießbar wird. Der Gewinner erhielt in diesem
Jahr nur einen virtuellen Rührstab.
Der silberne Rührstab für minderjährige Köche wurde diesmal nicht vergeben.
Kinder, die das Mittel herstellen, mit dem sie gefoltert werden? Okay,
Jesus musste zur Kreuzigung ja auch sein eigenes Kreuz mitbringen.
Der traditionelle Wettbewerb, bei dem nur Hafermehl, Wasser und Salz
verwendet werden dürfen, musste diesmal ausfallen, denn dabei geht es um
„Konsistenz, Geschmack, Farbe und die Hygiene des Kochs“, was virtuell
schwer zu bewerten ist. Die Behälter werden beim traditionellen Wettbewerb
übrigens zur Verfügung gestellt, damit die Teilnehmer anonym bleiben –
vermutlich aus Angst vor der Rache der Kinder.
2 Nov 2020
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Porridge
Großbritannien
Nahrungsmittel
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Irland
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