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# taz.de -- Grandezza im Pyjama: Winter Look 2020
> Zalando ist einer der Gewinner der Pandemie-Zeit. Die Regel „Bleib
> zuhause“ verwischt auch die Codes der Kleidung zwischen Arbeit und
> Freizeit.
Bild: Eleganz für ungewöhnliche Zeiten, Entwürfe von Frisch
Vor einigen Wochen, die mir angesichts der anstehenden neuen Maßnahmen im
November wie eine Ewigkeit vorkommen, fuhren J. und ich am
Samstagnachmittag mit den Fahrrädern nach Charlottenburg, um eine
Ausstellung anzusehen. Weil so ein Ausflug ans andere Ende der Stadt
mittlerweile fast so aufregend anmutet wie zu anderen Zeiten ein
Wochenendtrip nach Paris, gingen wir, um ihn noch ein wenig auszudehnen, im
Anschluss weiter zur Werkstatt des Maßschuhmachers Korbinian Heß. Nicht zum
Schuhekaufen, sondern weil das [1][Berliner Label Frisch] dorthin
eingeladen hatte.
Im Januar, als es noch Veranstaltungen gab, zu denen man sich ein wenig,
aber nicht zu sehr (wir sind schließlich in Berlin) in Schale schmiss, um
sich dann bei einem Glas Crémant schöne Dinge präsentieren zu lassen – bzw.
damals, als es in Berlin noch eine Fashion Week gab –, hatte Svenja Frisch
in einer Suite im Hotel Savoy das Label vorgestellt, das sie gemeinsam mit
ihrer Cousine Elianne gegründet hatte.
Eine passend flamboyante Kulisse war das für die Präsentation ihrer ersten
Kollektion aus allerlei Überwürfen aus Samt, Bouclé, Tweed oder
paillettenüberzogenen Stoffen, teils mit fedrigen Fransen an den Ärmeln,
die sich zugeknöpft als Kleid tragen lassen oder offen als Mantel und dabei
so glamourös wie aus der Setgarderobe einer Hollywooddiva der 1960er Jahre
wirken. Die Frischs selbst nennen als Inspiration Loulou de la Falaise,
Iris Apfel und Lee Radziwill.
## Glamour und Gemütlichkeit
Im Januar konnte noch keine*r wissen, dass man so etwas brauchen würde,
aber eigentlich haben die Cousinen mit ihren Kaftankleidern das perfekte
Kleidungsstück fürs Zuhausebleiben erfunden: nicht zu eng, nicht zu kurz,
dafür schön weich, ein Teil, das im Homeoffice, selbst über dem Pyjama
getragen, für Grandezza sorgt und dabei so gemütlich wie ein Jogginganzug
ist. (Kostet leider 570 Euro aufwärts, daher keine Option für mich
persönlich. Soloselbstständig zu Coronazeiten, da sollte für den täglichen
Glamour besser das reichen, was bereits im Kleiderschrank hängt.)
Zalando habe im dritten Quartal 2020 130 Millionen Euro Gewinn gemacht,
erzählt mir A. eine Woche später. Das ist ein Vielfaches des Werts vom
vorherigen Jahr und wirklich kaum zu glauben. A. und ich haben uns im Jahr
2017 beim Festival Atonal kennengelernt, und ich kann tatsächlich noch
ziemlich genau sagen, was er und ich dabei anhatten.
Gute drei Jahre später sitzen wir in der Oktobersonne auf einer Parkbank,
und A. – beigefarbene Wollmütze, ebensolche Hemdjacke, fliederfarbenes
T-Shirt, petrolfarbene Hose, Sneakers – fragt mit hochgezogenen Brauen:
„Wer kauft denn bitte gerade Klamotten?“. Gute Frage. Aber auch: Wer kauft
denn bitte bei Zalando?
Laut der Umfrage eines US-Meinungsforschungsinstituts machen nur noch 10
Prozent aller Angestellten seit Corona einen Unterschied zwischen Arbeits-
und Freizeitkleidung. Die New York Times berichtete im Zusammenhang mit
dieser Studie vom sogenannten Zoom-Hemd: einem Hemd also, das man sich vor
der Videokonferenz überwirft, um nach etwas auszusehen. Und zwar immer
gleich. Wahrscheinlich auch noch hellblau. Da plädiere ich doch lieber für
den Zoom-Samtkaftan.
Für draußen allerdings ist dieser nur noch bedingt geeignet. Aber auch
dafür gibt es Lösungen. J. hat jüngst in ein schwarz-weißes Regencape mit
Gürtel investiert, für eine lange Herbst-Winter-Radfahrsaison. Zu den
Fotos, die sie mir davon schickt, schreibt sie: „Catwalk Weserstraße: The
Winter Look 2020. Ready for all Occasions“.
10 Nov 2020
## LINKS
[1] http://www.frischthebrand.com
## AUTOREN
Beate Scheder
## TAGS
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Schwerpunkt Coronavirus
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