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# taz.de -- Coronaneuinfektionen auf Höchstniveau: Steinmeier in Quarantäne
> Ein Personenschützer des Bundespräsidenten wurde positiv auf Sars-CoV-2
> getestet, ein erster Test bei Steinmeier ist negativ. Die belgische
> Außenministerin ist positiv getestet.
Bild: Besser Maske aufbehalten: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier begibt…
Berlin dpa/rtr | Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich am
Samstag in Quarantäne begeben. Wie eine Sprecherin des Bundespräsidialamtes
in Berlin mitteilte, ist ein Personenschützer des Staatsoberhauptes positiv
auf das Coronavirus getestet worden. Ein erster Coronatest bei dem
Staatsoberhaupt fiel negativ aus, wie eine Sprecherin des
Bundespräsidialamtes mitteilte. In den kommenden Tagen soll Steinmeier
erneut getestet werden.
Die belgische Außenministerin Sophie Wilmes hat sich mit dem Coronavirus
infiziert. Sie sei positiv getestet worden, [1][teilt sie per Twitter mit].
Vermutlich sei die Ansteckung innerhalb ihrer Familie erfolgt. Bereits am
Freitag erklärte sie, sie werde sich selbst isolieren, weil es einen
Verdacht auf Covid-19-Symptome gebe. Wilmes hatte am 12. Oktober an
Gesprächen mit den anderen EU-Außenministern in Luxemburg teilgenommen.
## In Berlin drohen scharfe Maßnahmen
Aufgrund der steigenden Corona-Infektionszahlen ist in Berlin eine
drastische Verschärfung der Kontaktbeschränkungen im Gespräch. Nach
Informationen des Tagesspiegels sieht ein Entwurf der neuen
Infektionsverordnung vor, dass sich ab kommender Woche maximal fünf
Personen gemeinsam im öffentlichen Raum aufhalten dürfen – oder mehrere
Angehörige zweier Haushalte. Ausgenommen davon seien sportliche
Aktivitäten. Bislang galt die Fünfpersonenbegrenzung zeitlich zwischen 23
Uhr bis 6 Uhr.
Beschlossen ist das aber noch nicht, die neuen Regeln stehen am Dienstag
beim Berliner Senat auf der Agenda. Weder die Senatskanzlei noch die
Gesundheitsverwaltung äußerten sich am Samstag zu dem Papier.
Hintergrund sind die rasant steigenden Fallzahlen in der Hauptstadt. Die
Zahl der Neuinfektionen je 100.000 Einwohner stieg in den vergangenen
sieben Tagen auf 83,2 (Stand Freitagabend). Damit liegt Berlin deutlich
über dem kritischen Schwellenwert von 50.
Laut dem Entwurf solle eine Maskenpflicht auf Märkten und anderen belebten
öffentlichen Plätzen eingeführt werden, berichtete das Blatt. Die bisherige
Personenobergrenze bei Veranstaltungen soll laut den Plänen bestehen
bleiben: Bis Ende des Jahres seien Veranstaltungen im Freien mit bis zu
5.000 Personen erlaubt, in geschlossenen Räumen bis zu 1.000 Personen.
Weiterhin möglich sein sollen auch private Veranstaltungen und Feiern mit
bis zu 50 Personen im Freien und bis zu zehn Personen in geschlossenen
Räumen. Dafür muss ein Hygienekonzept vorliegen und eine
Anwesenheitsdokumentation geführt werden.
Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci, SPD, widersprach der Vorstellung, dass
die aktuelle Zunahme der Infektionen in der Stadt vor allem auf vermehrtes
Testen zurückgeht. Die Rate der positiven Tests sei in Berlin – nach Werten
von unter 1 Prozent im Sommer – auf rund 4 Prozent gestiegen. „In den
Bezirken, in denen besonders viele Kontaktpersonen getestet wurden, da sind
wir sogar bei 8 Prozent“, sagte sie.
Der Gesundheitsstadtrat des Coronahotspots Berlin-Neukölln hält eine
Eindämmung des Virus wie im Sommer in seinem Bezirk für nicht mehr möglich.
„Daran, dass wir das wieder einfangen können wie Mitte des Jahres, glaube
ich nicht mehr“, sagte der CDU-Politiker Falko Liecke: „Wir sind im
absoluten Krisenmodus.“ Es müsse nun vor allem darum gehen, Risikogruppen
wie Senioren und chronisch Kranke zu schützen – zum Beispiel, indem
Besuchsmöglichkeiten in Alten- und Pflegeheimen eingeschränkt werden und
Personal dort regelmäßig getestet wird.
## Nächtliche Ausgangssperre in Paris und anderen Städten
Wegen der drastisch steigenden Coronazahlen gilt in Paris und anderen
französischen Städten nun eine nächtliche Ausgangssperre. Die neue Regelung
trat in der Nacht zu Samstag um Mitternacht in Kraft. Die Ausgangssperre
gilt für mehrere Wochen zwischen 21 Uhr abends und 6 Uhr morgens. Zu dieser
Zeit dürfen sich Menschen nur aus einem triftigen Grund vor der Tür
aufhalten. Auch ein Gesundheitsnotstand ist seit diesem Samstag wieder in
Kraft. Mit ihm kann die Regierung Einschränkungen per Verordnung
durchsetzen.
Frankreich kämpft seit Wochen mit steigenden Coronazahlen. Am Donnerstag
wurden binnen 24 Stunden erstmals mehr als 30.000 neue Corona-Infektionen
gemeldet, am Freitag waren es rund 25.000. Frankreich hat rund 67 Millionen
Einwohner. Mehr als 33.000 Menschen sind bisher im Zusammenhang mit
Covid-19 gestorben. Besondere Sorge herrscht über die Auslastung der
Intensivstationen in großen Städten wie Paris. Immer mehr
Covid-19-Patienten belegen dort die Betten.
Das Pariser Innenministerium veröffentlichte am Freitagabend ein Formular,
das jeder ausgefüllt bei sich tragen soll, der während der Ausgangssperre
vor die Tür muss. Folgende Ausnahmen können unter anderem darauf angeben
werden: Arbeitsweg, medizinische Notfälle, Pflege von Angehörigen oder
Betreuung von Kindern oder Weg zum Flughafen oder Bahnhof für
Langstreckenreisen. Auch das Gassigehen mit dem Hund ist erlaubt –
allerdings nur im Radius von einem Kilometer zur Wohnung.
## Neuinfektionen weltweit auf hohen Niveau
Das Robert-Koch-Institut meldet mit 7.830 Neuinfektionen einen neuen
Höchstwert in Deutschland. Damit steigt die Zahl der Infizierten auf
348.557. Weltweit haben sich mehr als 39 Millionen Menschen nachweislich
mit dem Coronavirus angesteckt. Mehr als 1,1 Millionen Menschen starben
demnach mit oder an dem Virus. Bei den Infektionen sind die USA mit über
acht Millionen nach wie vor am stärksten betroffen, gefolgt von Indien
(7,43 Millionen), Brasilien (5,16 Millionen) und Russland (1,36 Millionen).
Auch Polen meldet einen Rekordanstieg von 9.622 Coronaneuinfektionen. In
Tschechien hat die Zahl der Coronaneuinfektionen erstmals die Marke von
11.000 übersprungen, laut Gesundheitsministerium gab 11.105 Ansteckungen in
den vergangenen 24 Stunden. Die Ukraine verzeichnet eine Rekordzahl von
6.410 Coronaneuinfektionen. 109 Patienten seien in den vergangenen 24
Stunden verstorben, teilt der Nationale Sicherheitsrat mit. Auch dies ist
ein Höchstwert.
## Österreichischer Außenminister Schallenberg infiziert
Der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg hat sich mit dem
Coronavirus infiziert. Eine Sprecherin seines Ministeriums bestätigt, dass
Schallenberg positiv getestet worden sei. Der Minister sei symptomfrei. Er
habe am Mittwoch an der Kabinettssitzung teilgenommen. Alle
Regierungsmitglieder hätten dabei Masken getragen, würden nun aber als
Vorsichtsmaßnahme ebenfalls getestet. Es sei möglich, dass Schallenberg
bereits am Montag infiziert gewesen sei. An dem Tag hatte er ebenso wie
Bundesaußenminister Heiko Maas am EU-Außenministertreffen in Luxemburg
teilgenommen.
## Merkel mahnt im Podcast: „Bleiben Sie zu Hause.“
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat angesichts weiter [2][steigender
Corona-Infektionszahlen in Deutschland] eindringlich an die Bürger
appelliert, zur Eindämmung der Pandemie beizutragen. „Wir müssen jetzt
alles tun, damit das Virus sich nicht unkontrolliert ausbreitet. Dabei
zählt jetzt jeder Tag“, sagte die CDU-Politikerin in ihrem am Samstag
veröffentlichten wöchentlichen Podcast. „Ich bitte Sie: Verzichten Sie auf
jede Reise, die nicht wirklich zwingend notwendig ist, auf jede Feier, die
nicht wirklich zwingend notwendig ist. Bitte bleiben Sie, wenn immer
möglich, zu Hause, an Ihrem Wohnort.“
Deutschland befinde sich in einer „sehr ernsten Phase“, sagte Merkel. „Tag
für Tag steigt die Zahl der Neuinfektionen sprunghaft.“ Die Pandemie breite
sich wieder rapide aus, schneller noch als zu Beginn vor mehr als einem
halben Jahr. „Der vergleichsweise entspannte Sommer ist vorbei, jetzt
stehen uns schwierige Monate bevor. Wie der Winter wird, wie unser
Weihnachten wird, das entscheidet sich in diesen kommenden Tagen und
Wochen. Das entscheiden wir alle durch unser Handeln.“
Damit sich das Virus sich nicht unkontrolliert ausbreite, müssten die
Kontaktpersonen jedes infizierten Menschen benachrichtigt werden, um die
Ansteckungsketten zu unterbrechen, sagte Merkel. „Die Gesundheitsämter
leisten dabei Großartiges, aber wo die Zahl der Infizierten zu hoch wird,
da kommen sie nicht mehr hinterher.“
Merkel fragte: „Was kann jede und jeder von uns also dazu beitragen, dass
die Zahlen wieder heruntergehen? Sehr viel, das Allermeiste schon einfach
dadurch, dass jede und jeder Einzelne konsequent den Mindestabstand wahrt,
den Mund-Nasen-Schutz trägt, die Hygieneregeln einhält.“
Die Wissenschaft sage klar, die Ausbreitung des Virus hänge direkt an der
Zahl der Kontakte und der Begegnungen, die jeder habe. „Wenn jeder von uns
seine Begegnungen außerhalb der eigenen Familie jetzt eine Zeit lang
deutlich verringert, dann kann es gelingen, den Trend zu immer mehr
Infektionen zu stoppen und umzukehren“, so Merkel: „Genau das ist heute
mein Appell an Sie: Treffen Sie sich mit deutlich weniger Menschen, ob
außerhalb oder zu Hause.“
## Unzufrieden mit Ergebnissen des Bund-Länder-Gipfels
Sie wisse, das klinge nicht nur hart, das sei im Einzelfall auch ein
schwerer Verzicht, sagte die Kanzlerin. „Aber wir müssen ihn nur zeitweilig
leisten und wir leisten ihn letztlich für uns selbst: Für die eigene
Gesundheit und die all derer, denen wir eine Erkrankung ersparen können.
Dafür, dass unser Gesundheitswesen nicht überfordert wird, dass die Schulen
und Kitas unserer Kinder geöffnet bleiben. Für unsere Wirtschaft und unsere
Arbeitsplätze.“
Deutschland sei deswegen so vergleichsweise gut durch das erste halbe Jahr
der Pandemie gekommen, weil „wir zusammengestanden“ und die Regeln
eingehalten hätten. „Das ist das wirksamste Mittel, das wir zurzeit gegen
die Pandemie haben. Jetzt ist es nötiger denn je.“
Bund und Länder hatten am vergangenen Mittwoch die [3][Maßnahmen zur
Eindämmung des Virus in Corona-Hotspots verschärft]. Beim umstrittenen
[4][Beherbergungsverbot für Urlauber aus Risikogebieten] aber gab es keine
einheitliche Linie. In mehreren Ländern haben Gerichte das
Beherbergungsverbot inzwischen gestoppt.
Merkel hatte sich in den Beratungen mit den Ministerpräsidenten im
Kanzleramt nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur unzufrieden mit
den Beschlüssen gezeigt. „Die Ansagen von uns sind nicht hart genug, um das
Unheil von uns abzuwenden“, sagte die CDU-Politikerin nach
übereinstimmenden Angaben von Teilnehmern. „Es reicht einfach nicht, was
wir hier machen.“
17 Oct 2020
## LINKS
[1] https://twitter.com/Sophie_Wilmes/status/1317447193381437440
[2] /Massnahmen-gegen-Corona/!5718442
[3] /Corona-Entwicklung-in-Deutschland/!5721402
[4] /Umstrittene-Coronaregel/!5721486
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