# taz.de -- Entwicklung der Pandemie in Deutschland: Wer stoppt die zweite Coro… | |
> Ist es an Deutschlands Bürger*innen oder an der Politik, einen zweiten | |
> Lockdown zu verhindern? Zwei Taz-Autor*innen sind unterschiedlicher | |
> Meinung. | |
Bild: Sperrstunde in Berlin: zwei Polizisten im Einsatz als Erzieher | |
## Die Gesellschaft | |
Die Gesellschaft ist gefragt, etwas zu unternehmen, nämlich uns so | |
verhalten, wie es uns der klare Menschenverstand auferlegt. Statt | |
monatelang darüber zu diskutieren, ob wir mehr oder weniger Restriktionen, | |
[1][Beherbungsverbote] und [2][Restaurantschließungen] brauchen, sollten | |
wir uns so verhalten, dass [3][kein neuer Lockdown] nötig ist. Die meisten | |
hierzulande verhalten sich auch so. Und doch debattieren Politiker*innen | |
und Gesundheitsexpert*innen über weitere Einschränkungen. | |
Für so manche Menschen, die einen Großteil ihres Lebens in der DDR | |
verbracht haben, muss das anmuten wie aus einer vergangenen Zeit. Zu wach | |
noch sind die Erinnerungen an die politische Elite in der DDR, die „für das | |
Volk“ entschieden hat: Was ist richtig, was ist falsch? Vertrauen in die | |
Entscheidungsfähigkeit der Bürger*innen gab es nicht. | |
Und zu wach mögen jene Zuschreibungen sein, die Ostdeutsche zuhauf nach der | |
Wende erfahren haben: Die warten auf Ansagen, was sie tun sollen, von | |
allein kommen die doch nicht aus dem Knick. Doch. Menschen kommen von | |
allein aus dem Knick. Das zeigt sich in Krisenzeiten besonders deutlich. | |
Und das erleben wir jetzt: Die meisten verhalten sich vorbildlich. Es geht | |
schließlich um ihre eigene Gesundheit, um das eigene Leben – und um die | |
eigene Freiheit. Freiheit, die alle aktiv gestalten sollten. | |
Damit ist mitnichten jener diffuse Freiheitsbegriff der Coronaleugner*innen | |
gemeint, sondern die Freiheit in die eigene Verantwortlichkeit: [4][Maske | |
tragen], keine Tanzpartys und Massenaufläufe, Hygienestandards … Nicht der | |
Staat ist für die Gesundheit der Menschen zuständig, sondern jede und jeder | |
einzelne selbst. Der Staat sollte vielmehr dafür sorgen, dass das | |
Gesundheitssystem gut ausgestattet ist, er sollte vor Risiken warnen und | |
dafür sorgen, Umweltschädigungen zu vermeiden. | |
Der Staat verbietet ja auch nicht das Rauchen und Trinken, er verordnet | |
keinen Sport und bahnt keine Ehen an, damit die Menschen nicht in | |
Einsamkeit sterben. Dafür müssen sie selbst sorgen. Diese | |
Selbstverantwortung sollte auch in einer Pandemie selbstverständlich sein. | |
Simone Schmollack | |
## Die Politik | |
Die Politik ist gefragt, über [5][klare Maßnahmen] zu entscheiden, weil die | |
Minderheit der Unvernünftigen nicht auf freundliche Appelle hört. Die | |
Unvernünftigen sind jedoch der Schlüssel dafür, diese Pandemie zu stoppen. | |
Die große Mehrheit der Bürger:innen hat sich bislang richtig verhalten. Sie | |
hält sich an das, was die Wissenschaft ihnen geraten hat: Masken tragen, | |
Hände waschen, häufiges Lüften und viel Abstand halten reichen völlig aus, | |
um seine Verbreitung zu stoppen. | |
Wenn sich alle daran halten würden, dann wäre das Virus unter Kontrolle. | |
Doch genau das passiert nicht. Eine Minderheit meint zu glauben, Covid-19 | |
stelle für sie keine Gefahr dar. So verständlich es ist, dass sie die | |
Einschränkungen leid sind und nur ungern auf ihren wohl verdienten | |
Herbsturlaub verzichten mögen – hier geht es um den Schutz fast der Hälfte | |
der Bevölkerung. Nicht weniger als 40 Prozent der Deutschen gehören zur | |
[6][Risikogruppe]. | |
Sie sind entweder über 60, sie rauchen, leiden unter Vorerkrankungen oder | |
Übergewicht. Und auch das Ärzte- und Pflegepersonal ist qua Tätigkeit | |
gefährdet. Sie alle gilt es zu schützen. Die Zeit drängt. Erneut befinden | |
wir uns inmitten der exponentiellen Phase. Sollte es in den nächsten zwei | |
Wochen nicht gelingen, sie zu stoppen, droht auch hierzulande die Pandemie | |
außer Kontrolle zu geraten. | |
So hart es ist: Kneipen, Clubs, Bars und Restaurants, in denen die | |
Abstandsregeln nicht eingehalten werden können, gehören geschlossen, ebenso | |
Fitnessclubs und Kultureinrichtungen, die kein umfangreiches | |
Belüftungskonzept vorweisen können. Ordnungsämter sollten sowohl gegen | |
Großfeiern vorgehen als auch gegen Massenansammlungen, auf denen keine | |
Masken getragen werden. Und Reisen? Infektiologisch bringen | |
[7][Beherbungsverbote] wenig. Dennoch geht um die Signalwirkung. | |
Wenn keine dringende Notwendigkeit besteht, ist jetzt nicht die Zeit, zum | |
Vergnügen quer durch die Republik zu reisen. All das sollte auf drei Wochen | |
befristet sein. Sobald das exponentielle Wachstum gestoppt ist, muss rasch | |
wieder gelockert werden. Auch dafür trägt die Politik die Verantwortung. | |
Felix Lee | |
15 Oct 2020 | |
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## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
Felix Lee | |
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