Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die Wahrheit: Der Erlediger
> Was Frau sich wirklich wünscht: einen profund ausgebildeten, tiefgreifend
> befähigten und willenskräftigen Totalerlediger.
Bild: Schwenkfutter für brabbelnde Fernsehleute: Sportler in Tokio 2021
Freundin Uli meinte neulich, was sie im Haushalt und überhaupt im Sinne
einer sinnvollen und folglich abgechillten Alltagswupperei bräuchte, das
wäre ein Erlediger.
Nein, nicht so einen Graukittel und Pedell, so einen übellaunigen und
obendrein praktisch nie greifbaren Hausbesorger, so einen abartig
antriebslosen Abwart, „um Gottes willen, bleib mir weg mit diesen Leuten!“,
sondern einen profund ausgebildeten oder immerhin tiefgreifend befähigten
oder eher willenskräftigen Erlediger bräuchte sie, so einen Totalerlediger,
der von vorne bis hinten alles in Grund und Boden erledige, auf dass
hernach aber auch gar nichts mehr übriggeblieben sei vom vordem zu
Erledigenden.
Ich sagte, der Erlediger wäre ja eine geradezu paradigmatische Figur von
oder für Gerhard Polt. Das wäre ihr wohl recht, sagte Uli, Polt sei ohnehin
der Größte, aber eine Bühnennummer von Polt, die „Der Erlediger“ hieße,
hülfe ihr ja keinen Millimeter weiter, „verdammter Scheißdreck!“, wie sie
mit einem knappen Ächzen hinzufügte. „Da hilft mir doch so ein Polt
nichts!“
Es sei nun indes nicht so, fuhr Uli fort, dass sie einen Erlediger
erheische, weil sie einen hirnverbrannten Job habe und alleinerziehende
Mutter sei. Nein, seit dreißig Jahren schon sehne sie einen richtigen und
regelrechten und regelgerechten Erlediger herbei, einen Erlediger, der etwa
den Garten erledige, doch das sei das Geringste. Im Konzept des Erledigers
schwebe ihr vielmehr ein echter Detailerlediger vor, ein
Allround-Abhilfeschaffer, ein Universalwegräumer, ein Genie der
Daseinsführung gewissermaßen, ein Erlediger: „Der mir diese verfickten
Fährnisse und Zumutungen der Existenzbewältigung vom Hals schafft!“
## Unerledigter Erlediger
Ich fragte sie, ob sie das genauer erläutern könne. „Ach, hör doch auf!
Weißt du doch selber! Du gehst zum Briefkasten, holst den Schmodder raus
und reichst den ganzen Mist über die Schulter dem hinter dir wartenden
Erlediger. Du brauchst einen Eimer Beautycreme und der Erlediger erledigt
das. Das Telefon klingelt, und wer nimmt ab? Der Nachbar schmeißt die
Steinflex an, und wer macht ihn auf der Stelle zur Minna? Der Typ gestern
Abend in der Bar hat dich verarscht, und wer zeigt dem am Tag danach die
Instrumente? Die verblödete ‚Tagesschau‘ raubt dir wie immer die letzten
Nerven, und wer haut stante pede die Beschwerdemail raus, um den Idioten da
oben in Hamburg beizubiegen, was Journalismus ist? Kapiert?
So ein Erlediger kennt nichts, nichts“, ein wohliger Laut entströmte ihrer
schönen Kehle, „aaah, der kennt nichts, was er nicht sofort vollkommen
wegzuerledigen in der Lage wäre. Müll: raus. Abwasch: weg. Zugverbindung?
Bitte sehr. Ein knackiger Drink gefällig? Here we are. Noch Fragen?“
Hatte ich nicht mehr – bis auf eine. Denn was ist so ein Erlediger wohl
nach Erledigung von allem zu Erledigendem? Erledigt?
Papperlapapp. Unvermindert ledig ist er. So undankbar sind unsere Frauen.
20 Oct 2020
## AUTOREN
Jürgen Roth
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Frauen
Männer
Geschlechter
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
Kolumne Die Wahrheit
Gastronomie
Stuttgart
## ARTIKEL ZUM THEMA
Die Wahrheit: Am Nullpunkt der beringten Hölle
Beeindruckendes Absinkverhalten: Betrachtungen zum olympischen Geschehen
und seinen Vermittlern im Fernsehen.
Die Wahrheit: Quietschende Quatschhaftigkeiten
Die deutsche Mannschaft schied jüngst aus dem EM-Turnier. Und die
„Nürnberger Nachrichten“ scheiden weiter Artikel aus.
Die Wahrheit: Lorenzstrom
Philosophie im Lockdown: Gut, dass es hie und da noch eine Trinkhalle gibt.
Und Schauspielerinnen ohne Termine, aber mit Verständnis.
Die Wahrheit: Lob des Dorfgasthofs
Was es braucht, um mit einer charismatischen Lokalität im mittelfränkischen
Neuendettelsau mitzuhalten: nicht viel eigentlich.
Die Wahrheit: Motormoloch voller Mörder
Stuttgart ist eine einzige immobile Hölle und zugleich die deutsche
Zentrale des automobilen Wahnsinns. Eine Visite im schwäbischen
Dampfkessel.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.