# taz.de -- Flensburger Abtreibungs-Debatte: Selbst gemachte Versorgungskrise | |
> Wenn Ärzte-Vertreter*innen wollen, dass mehr ihrer Kolleg*innen | |
> Schwangerschaftsabbrüche machen, müssen sie die Debatte versachlichen. | |
Bild: Mediziner*innen argumentieren oft wie religiöse Fanatiker*innen emotional | |
Flensburg ist einer von vielen Orten, in denen [1][die Kommunalpolitik vor | |
einer unlösbaren Aufgabe] steht. Sie soll die Lücken schließen, die vor 25 | |
Jahren der Bundestag mit dem Abtreibungsparagrafen 218 geschaffen hat: | |
[2][Es gibt zu wenig Ärzt*innen, die Schwangerschaften abbrechen], und es | |
werden immer weniger. | |
Der Hauptgrund: Abtreibungen gelten nach dem Paragrafen 218 als Straftaten | |
gegen das Leben, niemand beteiligt sich gern an etwas gesellschaftlich so | |
Geächtetem. | |
Darauf haben Kommunal- und Landespolitik keinen direkten Einfluss. Sie | |
können nur wie jetzt in Flensburg den Wenigen die Arbeit erleichtern, die | |
Schwangerschaftsabbrüche als Bestandteil ihres Berufs begreifen. Anders als | |
es die Landeschefin des Gynäkolog*innen-Verbands Doris Scharrel glaubt, | |
gibt es sogar Ärzt*innen, die bereit sind, fast nichts anderes zu machen. | |
Das berühmteste Beispiel ist die Gießenerin [3][Kristina Hänel]. Hinzu | |
kommen Ärzt*innen in den vier medizinischen Zentren von Pro Familia. Sie | |
tun es, weil sich so viele ihrer Kolleg*innen „nicht die Finger schmutzig | |
machen“ wollen, wie es [4][der letzte Münsteraner Abtreibungsarzt der taz | |
gesagt hatte]. | |
## Emotionale statt sachliche Argumente | |
Scharrel hat recht, wenn sie fordert, [5][die Aufgabe auf mehrere Schultern | |
zu verteilen]. Aber dann müssen sie und andere Ärzte-Vertreter*innen die | |
Debatte versachlichen und Abtreibungen entdämonisieren. | |
Dazu gehört, sich von Positionen wie der des Bundesverbands und der | |
Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie zu distanzieren. Diese [6][hatten im | |
Juli] betont, wie belastend ein Abbruch für alle Beteiligten sei. Immer, | |
grundsätzlich. | |
Er sei eine von „mehreren schlechten Optionen“, für die Frauen „oft | |
lebenslang einen hohen psychischen und in Einzelfällen auch physischen | |
Preis“ zahlen würden, steht darin. Solche Prosa trägt dazu bei, dass der | |
[7][Diskurs über Abtreibungen nicht von medizinischen, sondern emotionalen | |
Argumenten bestimmt] wird. | |
23 Oct 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Schwangerschaftsabbruch-in-Flensburg/!5720487 | |
[2] /Schwangerschaftsabbruch-an-Uniklinik/!5695313 | |
[3] /Urteil-gegen-Abtreibungsgegner/!5704237 | |
[4] /Diskussion-um-Paragraf-218/!5565165 | |
[5] /Ausbildung-in-Schwangerschaftsabbruechen/!5694677 | |
[6] https://www.dggg.de/presse-news/pressemitteilungen/mitteilung/zur-forderung… | |
[7] /Abtreibungsgesetze-in-Deutschland/!5693086 | |
## AUTOREN | |
Eiken Bruhn | |
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