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# taz.de -- Präsidentenwahl in Guinea: Oppositionschef will gewonnen haben
> Oppositionsführer Diallo reklamiert den Sieg bei der Präsidentschaftswahl
> in Guinea. Die Wahlkommission widerspricht, es gibt Protest.
Bild: Cellou Dalein Diallo vor feiernden Anhängern auf dem Weg in seine Partei…
Guineas Oppositionsführer Cellou Dalein Diallo hat sich zum Sieger der
Präsidentenwahl vom Sonntag erklärt und damit den Startschuss [1][für einen
möglichen Konflikt um das Wahlergebnis] abgegeben. „Angesichts der aus den
Wahlurnen hervorgehenden Ergebnisse gehe ich aus dieser Wahl als Sieger im
ersten Wahlgang hervor, trotz der Unregelmäßigkeiten, die den guten Ablauf
des Wahlgangs am 18. Oktober überschattet haben“, erklärte der 68-jährige
Führer der „Union der demokratischen Kräfte Guineas“ (UFDG) am
Montagnachmittag auf einer Pressekonferenz in der Hauptstadt Conakry.
Nachweise seines Sieges blieb Diallo schuldig. Es gibt auch noch keine
offiziellen Wahlergebnisse. Ein Sprecher der Wahlkommission CENI wies
umgehend darauf hin, dass die Zusammenführung der Teilergebnisse aus allen
Wahllokalen noch andauere und die Kommission laut Gesetz nach Eingang der
letzten Ergebnisprotokolls 72 Stunden Zeit habe, um ein vorläufiges
Endergebnis vorzulegen. „So weit sind wir noch nicht. Die CENI hat noch
kein Ergebnis.“
Das hinderte Oppositionsanhänger nicht, gleich nach Diallos Siegeserklärung
jubelnd auf die Straße zu gehen und zu feiern. Aus ihrer Sicht ist Diallo
[2][schon bei den Wahlen 2010 und 2015] um den Sieg gegen Präsident Alpha
Condé betrogen worden, und noch einmal wollen sie sich das nicht bieten
lassen.
In Diallos Heimatstadt Labè zog eine gigantische Menschenmenge durch die
Straßen, berichten guineische Online-Medien. Sie spielten Musik, riefen „Es
lebe die Demokratie“ und ließen sich von ihren Parlamentsabgeordneten
beglückwünschen.
In der Hauptstadt Conakry hingegen kam es am Abend zu Zusammenstößen. Im
Stadtviertel Ratoma, schon öfter Schauplatz von Gewalt, verwüsteten
Demonstranten den Stützpunkt der Sicherheitskräfte und zündeten ihn an;
drei Minderjährige wurden von der Wahl-Sondereinheit der Polizei
angeschossen, nach Oppositionsangaben wurden sie getötet. Auch in manchen
anderen Städten war die Lage über Nacht angespannt.
Guineas Regierung drohte, Diallo vor Gericht zu stellen. Sie nannte seine
Siegeserklärung „verantwortungslos, antidemokratisch und antirepubikanisch“
und warf dem Oppositionsführer vor, „Verwirrung zu stiften, die öffentliche
Meinung zu manipulieren und den sozialen Frieden ernsthaft zu stören“, um
„allgemeines Chaos zu provozieren“.
## Die Haltung der Armee entscheidet
Diallo und Condé treten bereits zum dritten Mal gegeneinander an. 2010, bei
Guineas ersten freien Wahlen nach über 50 Jahren Militärdiktatur, hatte der
historische sozialistische Oppositionsführer Condé überraschend die
Stichwahl gegen den liberalen Politiker Diallo mit 52,5 zu 47,5 Prozent
gewonnen, und Diallo erkannte das nicht an.
2015 siegte Condé erneut gegen Diallo mit 58 zu 31 Prozent. Die dritte
Kandidatur des mittlerweile 82-jährigen Präsidenten ist aus Sicht seiner
Gegner ein Verfassungsbruch, und viele Oppositionelle boykottierten daher
die Wahl.
Die Rivalität zwischen Diallo und Condé übersetzt sich in der guineischen
Gesellschaft als Rivalität zwischen den beiden großen Volksgruppen der Peul
und der Malinke und auch zwischen unterschiedlichen Landesteilen. Streit um
das Wahlergebnis kann daher schnell zu ethnische Konflikten führen.
Am Dienstag bereiteten sich militante Anhänger beider Seiten auf weitere
Zusammenstöße vor – und beide hoffen dabei auch auf das Militär: Entweder
die Armee schlägt wie in der Vergangenheit die Oppositionsproteste nieder
oder sie wechselt die Seiten – dann kommt es zum Machtwechsel. Das
Wahlergebnis an sich ist in jedem Fall zweitrangig.
20 Oct 2020
## LINKS
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## AUTOREN
Dominic Johnson
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Guinea
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