| # taz.de -- Weltkonzerne in Berlin-Schöneberg: Das Kapital gibt sich geschmeid… | |
| > Die Nachbarn haben es kaum mitbekommen, so geräuschlos ist Sony Music in | |
| > Berlin gelandet. Das wird sich ändern: Angst vor Gentrifizierung geht um. | |
| Bild: Auch diese Ecke soll in den nächsten Jahren ein anderes Gesicht bekommen | |
| Von außen sieht der Neubau ein bisschen aus wie ein Kreuzfahrtschiff: Die | |
| Ecke an der Straße läuft spitz zu wie ein Bug. Es ist früh am Abend, in | |
| wenigen Fenstern brennt Licht. Durch die großen Scheiben im Erdgeschoss | |
| blickt man in eine leere Cafeteria und in futuristisch anmutende | |
| Konferenzräume mit großen runden Tischen, roten Stühlen und | |
| Flachbildschirmen. Ein Anwohner steht vor dem Fenster und drückt sich die | |
| Nase platt. Er ist nicht der einzige in der Nachbarschaft, der es nicht | |
| mitbekommen hat – so geräuschlos ist [1][Sony Music] in Berlin gelandet. | |
| Das wird sich ändern, wenn der Komplex in der Bülow- Ecke Potsdamer Straße | |
| voll bezogen ist. Einst befand sich dort die Berliner Zentrale der | |
| Commerzbank. Die Pecan Development hat das aus drei Gebäuden mit insgesamt | |
| 27.000 Quadratmetern bestehende Ensemble zum Standort für Konzerne gemacht, | |
| die Weltmarktführer sind: Sony Music, weltweit zweitgrößter Musikkonzern, | |
| hat hier Anfang Oktober den Hauptsitz für Deutschland und Europa eröffnet. | |
| In das Nachbargebäude ist KWS Saat eingezogen, eines der größten | |
| Pflanzenzüchtungsunternehmen der Welt. In das Eckgebäude, wo noch gebaut | |
| wird, zieht 2021 Takeda Deutschland ein: Das biopharmazeutische Unternehmen | |
| mit Hauptsitz in Japan soll zu den größten zehn Pharmaunternehmen der Welt | |
| gehören. | |
| Im Kiez geht die Angst vor der [2][Gentrifizierung] um. Der südliche Teil | |
| der Potsdamer Straße hat viel von seiner ursprünglichen, eher kleinteiligen | |
| Geschäftsstruktur und sozialen Mischung bewahrt. Auch die Prostitution hat | |
| sich immer gehalten. Das Gebiet stand lange unter Quartiersmanagement. | |
| ## 300.000 Euro gespendet | |
| Alle paar Monate treffen sich Anwohner und Bezirksamtsvertreter zum | |
| Präventionsrat. Auf der letzten Sitzung gab Baustadtrat Jörn Oltmann | |
| (Grüne) bekannt, dass die Pecan Development dem Bezirk 300.000 Euro für | |
| soziale Projekte spenden will. Und Sony Music plant laut Presseerklärung | |
| Workshops und „Mentorship-Programme“ für Jugendliche, „damit sie gezielt | |
| mit der modernen Musikwelt in Berührung kommen“. Das Kapital gibt sich | |
| geschmeidig. | |
| Nicht alle beobachten die Entwicklung mit Sorge. Der Anwohner, der sich an | |
| diesem Abend die Nase an der Sony-Fensterfront platt drückt, gehört dazu. | |
| Es sei gut, dass der „Dreck“ unter der Hochbahn verschwinde, sagt er. Die | |
| neuen Mieter würden da bestimmt ihren Einfluss geltend machen. Was er mit | |
| Dreck meint? Drogenabhängige und Obdachlose. | |
| Eine U-Bahn rauscht über die Brücke, Autos und Radfahrer fahren vorbei. Ein | |
| Fuchs erkennt die Lücke und kommt über die Fahrbahn gelaufen. Er hat es | |
| nicht eilig, schnuppert an der Hauswand des Sony-Gebäudes, kneift den | |
| Schwanz ein – und verschwindet in der Steinmetzstraße. | |
| 23 Oct 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Sony-Music-Finanzchef-ueber-Berlin-Umzug/!5597103&s=Esebeck/ | |
| [2] /Gentrifizierung-in-Berlin/!5636719&s=Potse+bald+in+Sauber/ | |
| ## AUTOREN | |
| Plutonia Plarre | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin | |
| Tempelhof-Schöneberg | |
| Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin | |
| Potse | |
| Tempelhof-Schöneberg | |
| Gentrifizierung | |
| Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin | |
| Musikindustrie | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Alternatives Jugendzentrum Potse: Kein Potse-Punk im Rockhaus | |
| Die Potse bleibt besetzt. Alternativräume hat das Jugendkollektiv aus | |
| Berlin-Schöneberg abgesagt. Nun droht die Räumung. | |
| Jugendzentrum Potse und Drugstore: Ultimatum für die Potse | |
| Stadtrat Schworck (SPD) hat einen Ersatzraum für Drugstore und Potse | |
| angeboten. Nimmt die besetzte Potse das Angebot nicht an, droht die | |
| Räumung. | |
| Sponsoring in Berlin-Schöneberg: Geldregen für den Kiez | |
| Investor spendet für Sozialprojekte in Schöneberg-Nord 300.000 Euro. Jury | |
| von Anwohnern und Akteuren soll über die Vergabe entscheiden. | |
| Bedrohte Freiräume in Berlin: Potse bleibt, aber Räumung kommt | |
| Das Räumungsurteil für das Jugendzentrum Potse wurde am Montag gerichtlich | |
| bestätigt. Die Jugendlichen wollen die Potsdamer Straße 180 besetzt halten. | |
| Gentrifizierung in Berlin: Potse bald in sauber | |
| Sexstore und Woolworth an der Potdamer Straße sollen Neubauten weichen. | |
| Investor will Dax-Konzerne und Teile des queeren Kulturhauses E2H | |
| ansiedeln. | |
| Sony Music-Finanzchef über Berlin-Umzug: „Ein bisschen rougher, kreativer“ | |
| Von München zurück nach Berlin: Sony Music zieht an die Potsdamer Straße. | |
| Weil es da noch nicht so schick ist, sagt Philipp von Esebeck. |