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# taz.de -- Sponsoring in Berlin-Schöneberg: Geldregen für den Kiez
> Investor spendet für Sozialprojekte in Schöneberg-Nord 300.000 Euro. Jury
> von Anwohnern und Akteuren soll über die Vergabe entscheiden.
Bild: Das Pallasseum, früher Sozialpalast genannt, in Schöneberg-Nord
Berlin taz | Es ist nicht die Eine-Million Dollar-Frage, aber es ist die
300.000 Euro Frage. So groß ist die Summe, die ein privater Investor dem
Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg in den nächsten Wochen überweisen wird.
Bestimmt sei das Geld für sogenannte sozialräumliche Arbeit in
Schöneberg-Nord. Das bestätigte der Baustadtrat des Bezirks, Jörn Oltmann
(Grüne) am Mittwoch gegenüber der taz. Eine Jury, bestehend aus Anwohnern
und Akteuren im Kiez soll über die Vergabe des Geldes befinden.
Sponsor ist die Pecan Development und damit der Investor, der ein
[1][Filetgrundstück an der Potsdamer- Ecke Bülowstraße] in Schöneberg-Nord
zum Standort für internationale Konzerne ausgebaut hat. Früher gehörte das
Gelände der Berliner Commerzbank. Zwei der drei Gebäude mit insgesamt
27.000 Quadratmetern sind bereits bezogen: [2][Sony Music], weltweit
zweitgrößter Musikkonzern, hat dort Anfang Oktober den Hauptsitz für
Deutschland und Europa eröffnet.
In das Nachbargebäude ist KWS Saat eingezogen, eines der größten
Pflanzenzüchtungsunternehmen der Welt. In das Eckgebäude zieht 2021 Takeda
Deutschland ein: Das Unternehmen mit Hauptsitz in Japan gehört zu den
größten zehn Pharmaunternehmen der Welt.
Eine Spende von 300.000 Euro, so viel ist gewiss, sind für den Investor
Pecan Peanuts. Für den Empfänger hingegen käme es einem Geldregen gleich.
Private Geldzuwendungen für öffentliche Zwecke sind nichts ungewöhnliches.
Eine Spende in dieser Höhe für einen Bezirk sei aber sicher „nicht
alltäglich“, sagte Eva Henkel, Sprecherin der Senatsverwaltung für Finanzen
am Donnerstag zur taz.
## Verpflichtungserklärung abgegeben
Monika Herrmann, grüne Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg
bestätigte das. Eine fünfstellige Summe für den Kindernotdienst sei das
Höchste, was ihr Bezirk bisher auf einmal bekommen habe. Aus Haushaltssicht
handelt es sich laut Finanzsprecherin Henkel um eine Einnahme, die der
Bezirk erzielt habe und selbst verwenden könne. Einzuwenden sei gegen die
Annahme nichts. „Sicher wird der Bezirk die Rechtmäßigkeit genau geprüft
haben“.
Oltmann bestätigte das. Die Justiziare des Bezirksamts hätten alles genau
geprüft und für zulässig erklärt. Pecan habe eine einseitige
Verpflichtungserklärung abgegeben, die die Regularien der Bezirke und des
Landes Berlin erfülle. Nämlich, dass für die Spende keine Gegenleistung des
Bezirks erfolge.
Er selbst sei mit dem Bauvorhaben an der Potsdamer Ecke Bülowstraße nicht
befasst gewesen, so Oltmann. Die Baugenehmigung für Pecan sei vor dem
Beginn seiner Amtszeit erteilt worden. Anfang 2017 habe sich der
Geschäftsführer von Pecan, Jan Kunze, bei ihm vorgestellt, so Oltmann
weiter. Später habe er Kunze dann zu einem Spaziergang durch den Kiez
eingeladen. „Mein Eindruck war, dass große Unkenntnis herrschte, in was für
einem Gebiet man sich da niederlässt“.
Schöneberg-Nord stand lange unter Quartiersmanagement. Ein Drittel der
Bevölkerung lebt dort von Transferleistungen. Mehr als jedes zweite Kind
ist von Kinderarmut betroffen. Größter Eigentümer in dem Gebiet ist die
städtische Wohnungsbaugesellschaft Gewobag, was eine gewisse
Mie-tenstabilität garantiert.
## Spaziergang durch den Kiez
Beim Spaziergang habe er mit dem Pecan Geschäftsführer auch Sozialprojekte
im Kiez besucht, so Oltmann weiter. Den [3][Nachbarschaftsladen] in der
Steinmetzstraße 68 etwa, Träger ist das Pestalozzi-Fröbel-Haus. Dort gibt
es Lerngruppen für Schüler und Bildungsangebote für Eltern. Er habe bei
Kunze Sensibilität wecken wollen für die Nachbarschaft seines Bauprojekts,
so Oltmann. Ein Engagement zum Wohle der Allgemeinheit sei wünschenswert,
so Oltmann weiter. Überredet habe er Kunze zu der Spende aber nicht, betont
Oltmann. Kunze habe das von sich aus entschieden.
Die Spende sei zweckbestimmt: Die 300.000 Euro sollten explizit dem
Schöneberger Norden zu Gute kommen. Die Vergabe soll Oltmann zufolge so
ablaufen: Der Bezirk stellt im Einvernehmen mit der Stadteilkoordination
eine Jury zusammen, die aus 15 Leuten besteht. Anwohner und Akteure aus dem
Kiez, jeweils zur Hälfte. Diese Jury soll in den nächsten Wochen benannt
und bis Ende des Jahres von der Bezirksverordnetenversammlung bestätigt
werden. „Das ist kein öffentliches Geld, aber es ist uns anvertraut,“ sagt
Oltmann. Er lege deshalb großen Wert auf Transparenz.
Anfang 2021 werde der Bezirk einen Aufruf starten. Vereine und Träger aller
Art könnten sich melden mit Ideen für ein Vorhaben in Schöneberg-Nord. Das
gelte auch für Vereine, die jetzt noch nicht in dem Kiez tätig seien,
allerdings müssten sie schon jetzt mindestens 7.500 Euro Fördermittel im
Jahr bekommen. „Wir wollen wirklich nennenswerte Projekte auf den Weg
bringen“, sagt Oltmann. Ziel sei, einen Mehrgewinn für den Kiez zu
erzeugen. Auch eine mehrjährige Finanzierung sei denkbar. Wer und was am
Ende gefördert werde, sei Sache der Jury.
Ein schlechtes Gefühl, was das Geld angehe, habe er nicht, sagt der
Baustadtrat. Im Gegenteil, er würde sich wünschen, dass das Schule macht.
Auch Sony will er, wenn wieder möglich, zu einem Kiezspaziergang einladen.
6 Nov 2020
## LINKS
[1] /Die-Potsdamer-Strasse-als-neue-Toplage/!5597176&s=Plarre+Sony+Music/
[2] /Sony-Music-Finanzchef-ueber-Berlin-Umzug/!5597103&s=Plarre+Sony+Music/
[3] /Versuchslabor-Berlin-Schoeneberg/!5646811&s=Plarre+Nasser/
## AUTOREN
Plutonia Plarre
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Tempelhof-Schöneberg
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Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
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