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# taz.de -- Rechtsextremismus und Midlife-Crisis: Die Infantilität des Bösen
> Rechte Männer tun gerne so, als ginge es ihnen um Identität und
> Nationalstolz. Doch mehr als Hass und homoerotische Spannungen stecken
> nicht dahinter.
Bild: Arschlöcher, Chauvis und Schläger: Proud Boys in Portland, Orgeon, am 2…
Wer hat euch wehgetan, Männer? Das darf doch echt nicht wahr sein, dass ihr
da draußen immer noch rumlauft und faschistische Milizen gründet. Habt ihr
sonst keine Hobbys? Wie wärs mal mit Backen?
Nehmen wir die „Proud Boys“ als Beispiel. Diese Schlägertruppe, die in den
Nachrichten ist, weil sie in Portland bewaffnet aufläuft [1][und sich der
US-Präsident nicht von ihnen distanzieren wollte]. Diese „Stolzen Jungs“
sind zu einem nicht zu vernachlässigenden Teil Familienväter in der
Midlife-Crisis, denen Bartpflege und männlich-weiße Weltherrschaft wichtig
sind.
[2][Gegründet hat sie 2016 ebenfalls ein Familienvater in der Midlife
Crisis;] als eine Art Deppenwitz der Geschichte, und das sind sie auch
geblieben, außer, dass sie eben eine unkontrollierte Miliz sind, denen der
Präsident diese Woche zugerufen hat, sie sollen sich bereithalten – auch
wenn er später angeblich [3][nichts mehr von ihnen wissen wollte].
Aber lassen Sie sich gar nicht erst in ihren „Ach, die USA …“-Lehnstuhl
fallen. Hier drüben im Heiligen Römischen Reich haben wir die
rechtsextremistischen „Identitären“, [4][die sich im Sommer in einem
Sägewerk in der Lausitz getroffen haben], um nach antikem olympischen
Vorbild Nahkampf zu trainieren und sich im Lagerfeuerschein gegenseitig
ihre gestählten Herrenrasse-Waden zu bewundern.
## Homoerotische Spannungen im deutschen Vereinswesen
Die „Identitären“, ebenso wie die „Proud Boys“, Prepper und andere
Iterationen [5][der maskulinistischen Neuen Rechten], versuchen ihr Tun mit
Historie, mit Mythos aufzuladen, mit Rückgriffen auf projizierte alte
Ideale und angebliche Former Glory – dabei geht es bloß um Sport,
Minderheitenhass und homoerotische Spannung. Also nichts weiter als
deutsches Vereinswesen.
Sich selber und uns, die Beobachter*innen und Analyst*innen, wollen sie
überzeugen, dass da noch mehr ist: eine Tradition, ein inneres Narrativ.
Die „Proud Boys“ pflegen deshalb Rituale (oder behaupten es) wie die
Einschränkung des Masturbationsverhaltens, um daraus angebliche innere
Stärke und Ruhe zu generieren. Das ist übrigens christlich-abendländischer
Unsinn – bei der Kontrolle von Sexualität geht es immer nur um Kontrolle,
nichts weiter. Und die „Identitären“ geben sich gerne Spitznamen aus Zach
Snyders Sparta-Softporno-Blockbuster „300“.
Ich frage mich dann oft: Wie kann man euch heilen? Worum geht es euch
wirklich? Vielleicht ist es ja doch diese Zukunfts-, diese
Globalisierungsangst oder die Furcht vorm Machtverlust. Adressierbare,
bearbeitbare Themen also. Maybe you should talk to someone?
Aber erstens würde ich alle diese Typ-A-Klemmschwestern nur therapieren,
wenn man mich so richtig obszön dafür bezahlt ([6][Honorar im Bereich
Luxus-Ledermantel müsste das schon sein]). Und zweitens ist dies ja genau
Teil des Spiels. Bedeutung suggerieren, wo es bloß um infantile Instinkte
geht: erniedrigen, einschüchtern, verängstigen, herrschen.
## Baby, we ain't born this way
Man tut aber so, als ginge es um männliche Identität, Nationalstolz,
Bruderschaft und Anti-Globalisierung. Mag sein, dass alle diese Dudes ihre
individuellen biografischen Gründe haben, Dicks geworden zu sein. Der eine
ist vielleicht wirklich einfach ganz doll gegen entgrenzten Kapitalismus.
Der nächste hatte einen cholerischen Dad, der dritte hat Erektionsprobleme
und noch einer ein leicht behandelbares, aber bislang undiagnostiziertes
psychisches Problem.
Mag ja alles sein. Aber nichts davon führt unweigerlich dazu, dass Leute
Arschlöcher, Chauvis und Schläger werden. Sorry aber, baby, we ain’t born
this way. Arschlöcher, Chauvis und Schläger sind Arschlöcher, Chauvis und
Schläger, weil sie sich entschieden haben, Arschlöcher, Chauvis und
Schläger zu sein. Da gibt es nichts hineinzudeuten. Und diesen Gefallen
sollten wir ihnen auch nicht tun.
4 Oct 2020
## LINKS
[1] /US-Praesident-Trump-und-die-Proud-Boys/!5713246
[2] /Antifeminismus-in-Nordamerika/!5524323
[3] https://www.fr.de/politik/proud-boys-neonazis-donald-trump-usa-tv-debatte-b…
[4] https://twitter.com/ibdoku/status/1297125565519060992
[5] /Neue-Rechte/!t5020823
[6] /taz-Autorin-macht-Werbung-fuer-Luxusmarke/!5714271
## AUTOREN
Peter Weissenburger
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