# taz.de -- Datenschützer gegen Corona-Bußgelder: „Auf die harte Tour“ | |
> Hamburgs Datenschutzbeauftragter Johannes Caspar kritisiert die geplante | |
> Bestrafung falscher Selbstauskünfte bei Gastronomiebesucher*innen. | |
Bild: Zettel für den Wirt: Steht was Falsches drauf, drohen Bußgelder | |
taz: Herr Caspar, was halten Sie davon, wenn Gäste in Bars und Gaststätten | |
[1][Bußgelder in Höhe von 150 Euro] zahlen müssen, wenn sie Falschangaben | |
bei der coronabedingten Selbstauskunft machen? | |
Johannes Caspar: Zweifellos ist es angesichts der Gefahren der Pandemie | |
inakzeptabel, dass einzelne Personen ihre Kontaktdaten falsch angeben. | |
Gleichwohl hätte ich mir ein Konzept der Kontaktdatenerfassung gewünscht, | |
das Selbstverantwortung über Fremdkontrolle stellt. | |
Was kritisieren Sie? | |
Die Einführung einer [2][Bußgeldregelung] setzt nun die Datenerhebung auf | |
die harte Tour durch. Dabei hätte durchaus die soziale Akzeptanz der | |
bestehenden Regelungen erhöht werden können, indem der Kranz der | |
Kontaktdaten beschränkt oder eine ausdrückliche Regelung in die | |
Strafprozessordnung eingefügt worden wäre, wonach Strafverfolgungsbehörden | |
nur aus Anlass von besonderen Straftaten auf die Daten zugreifen dürfen. | |
Auch die aktive Werbung für eine Angabe der Daten als Bürgerpflicht und der | |
Hinweis auf das starke Eigeninteresse der Betroffenen, vor | |
Infektionsrisiken gewarnt werden zu werden, hätte durchaus Sinn gemacht. | |
Wurden Sie beteiligt? | |
Nein, obwohl es nach der Beteiligungsrichtlichtlinie des Senats vorgesehen | |
ist. Derartige Kommunikationsprobleme sind befremdlich. Gerade mit Blick | |
auf die Schwierigkeiten, die es bei der Auslegung der Regelungen gab. Die | |
Politik sollte eigentlich über Expertenrat froh sein. | |
Noch ist unklar, wie die Regelung umgesetzt werden soll. | |
Offenbar hat nun eine Plausibilitätsprüfung durch die Gastronomiebetreiber | |
zu erfolgen. Das konkretisiert die bisherige Regelung, nach der unklar war, | |
was eigentlich genau von Betreibern verlangt wird. Gleichzeitig sind | |
falsche oder unvollständige Angaben durch Gäste künftig bußgeldbewehrt. | |
Ferner besteht eine Befugnis der Behörden, sich bei anlasslosen Kontrollen | |
die Kontaktdaten vorlegen zu lassen, auch ohne Infektionsgeschehen. | |
Datenabgleiche ins Blaue hinein, etwa mit dem Melderegister, um nur einmal | |
zu schauen, ob die Gäste wirklich richtige Angaben gemacht haben, sind | |
mangels einer originären Verpflichtung der Betreiber zu einer inhaltlichen | |
Kontrolle und ohne gesetzliche Grundlage unzulässig. | |
Die Gastronomen sollen die Angaben ihrer Gäste in Zukunft stärker | |
kontrollieren. | |
Die Gastronomiebetreiber haben künftig keine Pflicht, selbst | |
Identitätskontrollen bei ihren Gästen durchzuführen. Das hätte deren | |
Situation wesentlich erschwert. | |
Und bei falschen Angaben? | |
Das lässt sich nicht verhindern. Zur Abschreckung müssten flächendeckende | |
Identitätskontrollen durch die Behörden durchgeführt werden. Das ist | |
aufwendig und bürokratisch und wird den Besuch von Gaststätten | |
unattraktiver machen. | |
Sie lehnen die Bußgeldverordnung also ab? | |
Intelligente Regelungen nehmen die Bürgerinnen und Bürger mit. Die | |
Herausforderungen der Pandemie sollten nicht durch soziale Kontrolle, | |
sondern vermehrt durch Verantwortung, Bürgersinn und Selbstbestimmung | |
gelöst werden. | |
5 Oct 2020 | |
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## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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