# taz.de -- Aktionen gegen Rechts in Berlin: „Soziale“ Nazis stoppen | |
> Die neuen Nazis sind mit ihrer vorgeblichen Sorge um die Schwachen nicht | |
> harmloser geworden. Hier sind die Termine für Gegenproteste. | |
Bild: Sich den Feschisten entgegenstellen ist Bürger*innenpflicht | |
„Voll asozial“, „was für ein Assi“: Begriffe, die gerade in Berlin sch… | |
und lustig über die Lippen gehen, die im Dritten Reich aber Zehntausende | |
das Leben kosteten. | |
Die „Asozialen“, die „Gemeinschaftsfremden“, das konnten für die Nazis | |
Wohnungslose sein, Wanderarbeiter*innen, „selbstverschuldete | |
Fürsorgeempfänger“, Landstreicher*innen, Alkoholiker*innen, Prostituierte, | |
psychisch Beeinträchtigte und viele Individuen und Gruppen mehr. Als | |
ressourcenverbrauchende „Schädlinge“ und „unnütze Esser“ etikettiert, | |
belasteten sie in der NS-Propaganda die fleißige „Volksgemeinschaft“ und | |
sollten deshalb vernichtet werden. „Volkshygiene“ nannte sich diese Denke, | |
die auch nach dem Krieg weiter Opfer fordern sollte. | |
Etwa in der Nacht zum 6. Oktober 1999 – diesmal in Lichtenberg. Vier von | |
den neuen alten Nazis traktierten damals den 38-jährigen | |
Sozialhilfeempfänger Kurt Schneider mit Schlägen und Tritten. Sie wollten | |
sein Geld und ließen ihn schwer verletzt in einer Grünanlage am Hoenerweg | |
liegen. Wenig später kamen sie zurück und töten Schneider mit einem Messer | |
und Tritten gegen den Kopf. | |
„Hammerskins“, Neonazis von altem Schlag waren das damals, die schwächeres, | |
abweichendes Leben auslöschten. Nicht weniger gefährlich aber sind die | |
neuen Neonazis, die gerade mit ihrer vorgeblichen Sorge um die Schwachen | |
punkten wollen. „Deutsche Winterhilfe“ heißt das dann und „soziale | |
Gerechtigkeit für alle Deutschen“. Wo der Sozialdarwinismus in den | |
Hintergrund tritt, kommt der Rassismus und Antisemitismus zum Vorschein. | |
Denn wer deutsch ist, das wollen die Muskelkerlchen vom „Dritten Weg“ | |
natürlich selbst bestimmen. | |
## Dezentrale Blockaden | |
Zu einem bundesweiten Aufmarsch in Hohenschönhausen ruft diese | |
Kleinstpartei am 3. Oktober auf. Bereits jetzt verbreitet sie ihre | |
Nazipropaganda in verschiedenen Stadtteilen. Einerseits wird zu dezentralen | |
Blockadeaktionen aufgerufen. Das [1][Bündnis für ein weltoffenes und | |
tolerantes Berlin] wiederum trifft sich zu einer Auftaktkundgebung am | |
Vorplatz des Bahnhofs Lichtenberg und zieht anschließend gemeinsam nach | |
Hohenschönhausen (Samstag, 3. Oktober, 11.00 Uhr, Weitlingstraße 22). | |
Die Jusos Lichtenberg starten östlich der S-Bahnstation Hohenschönhausen | |
(11 Uhr, Egon-Erwin-Kisch-Str/Falkenberger Chaussee) und das [2][Berliner | |
Bündnis gegen Rechts] am RIZ-Center (11 Uhr, Zingster Straße/Ribnitzer | |
Straße). Das Bündnis Aufstehen gegen Rassismus startet direkt am | |
Sammelpunkt der Neonazis (12 Uhr, Ribnitzer Straße/Wustrower Straße) und | |
der Fahrradkorso von Reclaim Club Culture am Thälmann-Denkmal (12 Uhr, | |
Greifswalder Straße). Der zentrale Gegenprotest unter dem Motto „Bunter | |
Wind“ formiert sich schließlich am Linden-Center (11 Uhr/ab 13 Uhr | |
Bühnenprogramm, Prerower Platz 1). | |
## Erinnerung an Kurt Schneider | |
Im Anschluss an den Gegenprotest lädt das alternative [3][Jugendprojekt | |
Horte] zu einer „Einheitsfeier“ auf seinen Hof in Straußberg ein (Samstag, | |
3. Oktober, 18.00 Uhr, Peter-Göring-Straße 25). | |
Auch an Kurt Schneider soll diese Woche erinnert werden. Eine | |
Infoveranstaltung beschäftigt sich mit den Hintergründen des Mordes. Wie | |
war die Situation damals in Lichtenberg? Wie konnte es zum Mord kommen? Was | |
waren die Folgen? Zudem wird über den gegenwärtigen Stand der | |
Gedenkaktivitäten im Bezirk berichtet. (Montag, 5. Oktober, 19 Uhr | |
Magdalenenstraße 19). | |
Schneiders Anerkennung als Opfer rechter Gewalt hat fast zwanzig Jahre | |
gedauert. Eine Kundgebung soll das würdige Gedenken an ihn etablieren. Nach | |
einer kurzen Kundgebung soll gemeinsam zum Todesort von Schneider gelaufen | |
werden um Blumen abzulegen. (Dienstag, 6. Oktober, 17 Uhr, | |
Möllendorffstraße 6). | |
29 Sep 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.berlin-weltoffen.de/ | |
[2] https://berlingegenrechts.de/ | |
[3] https://horte-srb.de/ | |
## AUTOREN | |
Stefan Hunglinger | |
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