# taz.de -- Rücktritt von Kirgistans Präsident: Faire Wahlen fehlen trotzdem | |
> Kirgistan liegt in Sachen Demokratie unter den Ex-Sowjetrepubliken | |
> Zentralasiens vorn. Und hat trotzdem noch einen weiten Weg vor sich. | |
Bild: AnhängerInnen des neuen neue Regierungschef Sadyr Schaparow in Bischkek | |
Eines muss man dem kirgisischen Präsidenten [1][Sooronbaj Dscheenbekow | |
lassen: Mit der Ankündigung, seinen Posten zu räumen], hat er zumindest | |
Wort gehalten. Dieser Rücktritt unterscheidet ihn in markanter Weise von | |
dem belarussischen Dauerherrscher Alexander Lukaschenko. Der klammert sich | |
weiter an sein Amt und hat sogar gedroht, mit [2][scharfer Munition auf | |
friedliche Demonstrant*innen] schießen zu lassen. | |
Die jüngsten Ereignisse in Kirgistan sind aber auch ein | |
Alleinstellungsmerkmal des Landes in der gesamten Region. Immerhin ist es | |
nach 2005 und 2010 bereits das dritte Mal, dass sich die Kirgis*innen ihrer | |
Regierung entledigt haben. Demgegenüber scheinen die autokratischen | |
Herrscher der anderen Ex-Sowjetrepubliken in Zentralasien weiter fest im | |
Sattel zu sitzen. | |
Erst am vergangenen Sonntag ließ sich Tadschikistans Staatschef Emomali | |
Rachmon für seinen „grandiosen“ Sieg bei der Präsidentenwahl feiern, die … | |
angeblich mit fast 91 Prozent der Stimmen gewonnen hatte. Allerdings muss | |
bezweifelt werden, dass Dscheenbekows Rücktritt die politische Krise in | |
Kirgistan entschärfen kann und dem Land zu einem Mindestmaß an Stabilität, | |
ja vielleicht sogar zu einem Neuanfang verhilft. | |
Der neue Regierungschef [3][Sadyr Schaparow], nationalistischer Umtriebe | |
alles andere als unverdächtig, hat in den vergangenen Tagen vor allem auf | |
die Gewaltbereitschaft seiner Anhänger denn auf wirkliche | |
Dialogbereitschaft gesetzt. Am Donnerstag erklärte er sich kurzerhand auch | |
noch zum neuen Präsidenten. | |
Auch Schaparows Ankündigung, mit Korruption und Vetternwirtschaft aufräumen | |
zu wollen, ist mit Skepsis zu betrachten. Denn dieses Unterfangen ist eine | |
Herkulesaufgabe in einem Land, in dem der Kampf rivalisierender Clans die | |
Politik maßgeblich mitbestimmt. Und last but not least: Um den | |
Staatsorganen die notwendige Legitimität zu verschaffen, braucht es alsbald | |
Neuwahlen. Diese müssten die Kriterien frei und fair erfüllen sowie unter | |
internationaler Beobachtung stattfinden. Dies ist in Kirgistan aber leider | |
keine Selbstverständlichkeit. Noch nicht. | |
15 Oct 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Nach-tagelangen-Protesten/!5721457&s=kirgistan/ | |
[2] /Proteste-der-Opposition-in-Belarus/!5719551&s=lukaschenko/ | |
[3] /Politische-Wirren-in-Kirgistan/!5719299&s=Sadyr+Schaparow/ | |
## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
## TAGS | |
Kirgistan | |
Zentralasien | |
Kirgisien | |
Kirgistan | |
Kirgistan | |
Kirgistan | |
Kirgisien | |
Kirgistan | |
Kirgistan | |
Schwerpunkt Krisenherd Belarus | |
Tadschikistan | |
Kirgistan | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Referendum in Kirgistan: Dschingis Khan lässt grüßen | |
Am Sonntag stimmen die Kirgis*innen über eine neue Verfassung ab. Sie | |
stattet den Präsidenten mit mehr Macht aus. Beobachter*innen sind | |
alarmiert. | |
Präsidentenwahl in Kirgistan: Populist Japarow räumt ab | |
Bei dem zeitgleich stattfinden Referendum stimmt eine Mehrheit für eine | |
stärkere Rolle des Staatschefs. Die Wahlbeteiligung liegt bei 40 Prozent. | |
Präsidentschaftswahl in Kirgistan: So sehen Gewinner aus | |
Sadyr Japarow, der im Zuge der Proteste an die Macht kam, hat beste Chancen | |
am Sonntag zu gewinnen. Auch über seine Verfassungsreform wird abgestimmt. | |
Proteste in Kirgisien: „Land ohne einen Khan!“ | |
Rund 1.000 Menschen gehen in Bischkek gegen eine geplante | |
Verfassungsänderung auf die Straße. Sie soll die Machtposition des | |
Präsidenten ausbauen. | |
Tom Callaghan über Proteste in Kirgistan: „Die Kirgisen haben die Nase voll�… | |
Krimiautor Tom Callaghan lebt und schreibt in Kirgistan. Im Gespräch | |
erzählt er, warum die Menschen in dem zentralasiatischen Land protestieren. | |
Nach tagelangen Protesten: Kirgistans Präsident tritt zurück | |
Kehrtwende in Kirgistan: Präsident Dscheenbekow nimmt nun doch seinen Hut. | |
Die Einheit des Volkes stehe für ihn über allem, sagt er. | |
EU-Sanktionen gegen Moskau und Minsk: Ein Ausdruck von Hilflosigkeit | |
Die neuen EU-Sanktionen gegen Lukaschenko und gegen Russland sind hilflos | |
und verlogen: Sie lenken von Problemen ab, statt sie zu lösen. | |
Wahlen in Tadschikistan: Ein fragwürdiger Triumph | |
In Tadschikistan hat sich der Staatschef mit 91 Prozent im Amt bestätigen | |
lassen. Der nicht lupenreine Sieg macht die Nachbarn in Kirgistan neidisch. | |
Machtkämpfe in Kirgistan: Chaostage in Bischkek | |
Faktisch befindet sich das Land seit den Ausschreitungen nach der Wahl im | |
Machtvakuum, weil keine der politischen Gruppen weichen will. |