| # taz.de -- Umstrittenes Mahnmal in Berlin-Moabit: Vom Protest beeindruckt | |
| > Soll die Statue gegen sexuelle Kriegsgewalt wirklich entfernt werden? | |
| > Nach Protesten will Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel den Fall neu | |
| > prüfen. | |
| Bild: Protest zum Erhalt der Friedensstatue in Berlin-Moabit am Dienstag | |
| Berlin taz | Die Kundgebung vor dem Rathaus Tiergarten gegen die Anordnung | |
| zur Entfernung der sogenannten Friedensstatue ist am Dienstag schon fast | |
| beendet. Dann tritt Stephan von Dassel, der bündnisgrüne Bürgermeister von | |
| Mitte, um 14 Uhr spontan ans Mikrofon. Er hatte sich zuvor mit einem blauen | |
| Mund-Nase-Schutz unerkannt für die meisten unter die knapp 300 | |
| Demonstrierenden gemischt und den friedlichen Protest gegen das von ihm | |
| geführte Bezirksamt beobachtet. | |
| Erst wird ihm noch eine [1][Unterschriftenliste zum Erhalt des Mahnmals] | |
| überreicht. Dann gibt sich der Bürgermeister konziliant: „Ich habe in den | |
| letzten Tagen viel gelernt über den Streit zwischen Japan und Korea über | |
| die sogenannten Trostfrauen“, sagt er. | |
| Von Dassel bedankt sich bei dem in seinem Bezirk beheimateten [2][Korea | |
| Verband e.V.], der mit der Statue das Thema sexuelle Kriegsgewalt | |
| angesprochen habe. Der deutsch-koreanische Berliner Verein hatte zuvor | |
| Widerspruch im Eilverfahren gegen den Entzug der Genehmigung zum Aufstellen | |
| der Bronzestatue eingelegt. Die Skulptur hätte eigentlich am Mittwoch | |
| abgebaut werden müssen. | |
| „Wir wollen jetzt nicht auf unserem Bescheid beharren, sondern die Pause | |
| nutzen, noch mal nachzudenken, ob wir alles richtig abgewogen haben“, sagte | |
| von Dassel. Diskussionen gibt es darüber inzwischen auch in seiner Partei. | |
| Und der Vorstand des SPD-Ortsverbandes Mitte hatte sich am Vortag [3][für | |
| den Erhalt der Statue ausgesprochen]. | |
| ## Bezirksamt reagierte auf Druck aus Japan | |
| Sein Amt hatte die Genehmigung entzogen, nachdem Japans Außenminister | |
| seinen deutschen Kollegen [4][zum Abbau der Statue gedrängt] und Japans | |
| Botschaft bei Senat und Bezirk Druck gemacht hatten. Japans Militär hatte | |
| im Zweiten Weltkrieg mehr als 200.000 Frauen aus besetzten Ländern in | |
| Truppenbordelle verschleppt und sexuell versklavt. | |
| Erst 1991 machten frühere Zwangsprostituierte dies öffentlich. Japans | |
| Regierung erkannte dies auch später widerwillig an, versucht aber unter dem | |
| wachsenden Einfluss rechter Geschichtsrevisionisten jede Erinnerung daran | |
| zu unterbinden. In mehrere Ländern wurde das Aufstellen der Frauenstatue | |
| auf Druck Japans [5][bereits verhindert]. | |
| Der Bezirk Mitte begründete seine Entscheidung vom vergangenen Mittwoch mit | |
| dem Interesse an guten Beziehungen zu Japan und am [6][friedlichen | |
| Zusammenleben im Bezirk] mit seinen Bewohnern aus mehr als 100 Staaten. | |
| Von Dassel zeigte sich jetzt vom lebendigen Protest beeindruckt. Unter | |
| Sprechchören („Berlin, sei mutig!“, „Die Friedensstatue muss bleiben!“) | |
| warnte er aber auch vor dem Fehlurteil, dass, wenn man gegen die Statue | |
| sei, dies nicht sexuelle Gewalt gegen Frauen gutheiße. Sein Amt müsse sich | |
| auch mit dem Senat und dem Auswärtigen Amt abstimmen. | |
| ## Berliner Verein fühlt sich ungehört | |
| Nataly Han Jung-Hwa vom unabhängigen Korea Verband kritisierte, dass Japans | |
| Regierung beim Bezirksamt offenbar mehr Gehör gefunden habe als der lokale | |
| Berliner Verein, der die Statue zunächst mit Genehmigung aufgestellt hatte, | |
| dann aber vor deren Entzug nicht mal mehr angehört worden sei. | |
| Zuvor hatte sie gesagt, dass koreanische MigrantInnen Berlin nicht nur mit | |
| koreanischen Gerichten und Kampfkünsten bereichern würden, sondern auch mit | |
| einer aktiven Zivilgesellschaft. Diese richte sich nicht gegen Japan und | |
| sei auch kein verlängerter Arm der südkoreanischen Regierung, sondern | |
| kritisiere auch diese immer. So sei die Friedensstatue in Seoul etwa gegen | |
| den Willen der dortigen Regierung durchgesetzt worden. | |
| Zwangsprostitution und sexualisierte Kriegsgewalt habe es nicht nur durch | |
| Japans Militär gegeben, sondern auch bei Koreas Truppen in Vietnam, der | |
| deutschen Wehrmacht sowie bei den Allierten im Zweiten Weltkrieg, ebenso in | |
| Ruanda und andere aktuellen Konflikten. Die Statue erkenne den Mut der | |
| asiatischen Frauen an, die diese Gewalt international thematisiert hätten. | |
| Doch die Skulptur heiße bewusst nicht „Trostfrauenstatue“, sondern | |
| Friedenstatue. „Denn wir wollen Frieden und wir wollen Frauenrechte!“ sagte | |
| Han | |
| ## Demonstration mit Friedensstatue im Rollstuhl | |
| Zuvor hatten sich am Mittag bis zu 300 Demonstrantinnen an der Statue Ecke | |
| Bremer Straße/Birkenstraße eingefunden. Von dort marschierten sie hinter | |
| eine Kopie der Statue aus Kunststoff, die in einem Rollstuhl saß, zum | |
| Rathaus Tiergarten, dem Amtssitz des Bürgermeisters von Mitte. | |
| In ihren Reden bei einer Pressekonferenz vorab wie später auf der | |
| Kundgebung drückten drei JapanerInnen ihre Empörung über das Vorgehen ihrer | |
| Regierung in Tokio aus. Je eine Vertreterin des jesidischen Frauenrats | |
| sowie der Frauenrechts- und Hilfsorganisation medica mondiale sagten, wie | |
| wichtig das Berliner Mahnmal gegen sexuelle Kriegsgewalt sei. Denn diese | |
| sei noch immer alltäglich. | |
| Eine Sprecherin des Berufsverbands bildender Künstler*innen erklärte, es | |
| sei „skandalös, dass die Genehmigung der Statue nach politischem Druck von | |
| außen zurückgenommen wurde“. Dies kenne man bisher nur aus Ländern, die | |
| keine Demokratien seien. Kritische Kunst dürfe nicht auf Druck anderer | |
| Länder aus dem öffentlichen Raum entfernt werden. Künstler aus der ganzen | |
| Welt kämen nach Berlin, um hier frei zu arbeiten. „Das müssen wir | |
| verteidigen!“, sagte sie. | |
| 13 Oct 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://trostfrauen.de/offener-brief-friedensstatue/ | |
| [2] https://www.koreaverband.de/ | |
| [3] /Trostfrauen-Mahnmal-in-Berlin/!5719528 | |
| [4] /Umgang-mit-sexualisierter-Kriegsgewalt/!5716087 | |
| [5] /Kriegsverbrechen-Denkmal-in-Freiburg/!5341049 | |
| [6] https://www.berlin.de/ba-mitte/aktuelles/pressemitteilungen/2020/pressemitt… | |
| ## AUTOREN | |
| Sven Hansen | |
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