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# taz.de -- Argentinien plant Zulassung: Bald Gentech-Weizen auf dem Feld
> Als einer der größten Weizenexporteure will Argentinien eine Weizensorte
> erlauben, die trockenresistenter ist. Es gibt nur einen Vorbehalt.
Bild: Demnächst gentechnisch verändert? Weizenernte südlich von Buenos Aires
Buenos Aires taz | Als erster Staat hat Argentinien einer genmanipulierten
Weizensorte die Zulassung erteilt. Bei der gentechnischen Veränderung
handelt es sich um die sogenannte HB4-Technologie. Dabei wurde dem
Weizengenom ein Sonnenblumen-Gen eingesetzt, das eine erhöhte Toleranz
gegenüber Wassermangel erlaubt.
Argentinien ist der weltweit viertgrößte Weizenexporteur. 2019 wurden rund
19 Millionen Tonnen Weizen geerntet und knapp zwei Drittel davon
exportiert. Weil fast die Hälfte nach Brasilien geht, steht die am
vergangenen Donnerstag erteilte Genehmigung unter Vorbehalt: Sie tritt erst
in Kraft, wenn Brasilien den Import von genmanipuliertem Weizen erlaubt.
Denn noch fürchten die Weizenproduzent*innen die weltweite Skepsis
gegenüber Gentech-Weizen.
Federführend bei der Entwicklung ist Argentiniens Wissenschaftsbehörde
Conicet zusammen mit dem argentinischen Gentech-Unternehmen [1][Bioceres]
sowie der französischen Firma [2][Florimond Desprez, die 2011 einen
argentinischen Ableger gründete]. Laut Bioceres könnten mit dem
Gentech-Weizen in Trockenperioden bis zu 20 Prozent höhere Erträge erzielt
werden als bei den aktuell angebauten Weizensorten.
Bereits Ende 2018 hatte Bioceres gemeldet, dass „der trockenheitstolerante
Weizen Realität ist“. Nach Unternehmensangaben sind bereits 6.000 Hektar
mit dem Gen-Weizen bepflanzt. Dennoch wolle man jetzt „nichts
kommerzialisieren, bis es von Brasilien genehmigt wurde“, teilte die Firma
mit. Dass beim Anbau der intensive Einsatz des Pflanzengifts
Glufosinat-Ammonium notwendig ist, wird dabei gern verschwiegen. Das
Herbizid wird beispielsweise unter dem Namen „Basta“ von Bayer verkauft.
„Wir haben die Gentechnologie immer kritisiert“, sagt Carlos Manessi vom
argentinischen Naturschutzzentrum [3][CeProNat]. „Jetzt spielen sie auch
noch mit dem Brot. In Zukunft werden wir 24 Stunden am Tag ein transgenes
Element in der Nahrung haben, das nicht nur gegen Glyphosat resistent ist,
sondern auch gegen Glufosinat-Ammonium, ein noch viel schlimmeres Gift“, so
Manessi.
## Vorbehalte in Brasilien
Argentiniens genkritische Stimmen stoßen jedoch meist auf taube Ohren. Über
die agroindustrielle Anbauwirtschaft auf der Grundlage von genmanipuliertem
Saatgut und dem massiven Einsatz von Agrochemikalien herrscht ein
parteiübergreifendes Einvernehmen, dem sich nahezu kritiklos auch die
großen Medien unterwerfen.
Der effektivste Widerstand gegen den Gentech-Weizen kam aus der
Agroindustrie selbst. Die großen Produzent*innen und ihre Verbände sowie
die Exportmultis fürchten um den Export. Gerade in Brasilien herrsche
Null-Gen-Weizen-Toleranz, so der Tenor. Unter der Vorgängerregierung des
konservativ-liberalen Präsidenten Mauricio Macri war es bei der Frage der
Zulassung stets zu einer Pattsituation gekommen. Die Mitte-links-Regierung
von Präsident Alberto Fernández setzt sich nun darüber hinweg.
Kritiker fürchten, dass sich der Gentech-Weizen ähnlich durchsetzen könnte
wie zuvor bereits gentechnisch verändertes Soja. Dessen Zulassung hatte
1996 der damalige Agrarminister Felipe Solá unterschrieben. Nachdem es
einmal auf dem Markt war, breitete sich das Saatgut schnell auf dem
südamerikanischen Kontinent aus, mit oder ohne Genehmigung, über legale
Saatgutkäufe oder Schmuggel. Heute wird in der gesamten Region fast nur
noch Gentech-Soja angebaut. Solá ist heute Außenminister und damit auch für
die internationalen Handelsbeziehungen Argentiniens zuständig.
12 Oct 2020
## LINKS
[1] https://www.bioceres.com.ar
[2] https://www.florimond-desprez.com/ar/es/ar/florimond-desprez-france.html
[3] https://cepronat.org.ar
## AUTOREN
Jürgen Vogt
## TAGS
Argentinien
Schwerpunkt Gentechnik
Weizen
Meeresschutz
CRISPR
Schwerpunkt Glyphosat
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