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# taz.de -- Aktionen von Ende Gelände im Rheinland: Im Morgengrauen zur Blocka…
> Trotz Corona blockiert Ende Gelände dieses Wochenende wieder den
> Braunkohletagebau im Rheinland. RWE-Mitarbeiter agieren aggressiv.
Bild: Aktivist*innen des orangenen Fingers von Ende Gelände bei der Aktion in …
Garzweiler taz | „Das bringt doch nichts“, sagt der Polizist zu seinem
Kollegen, „Rückzug!“ Sie sind nur zu zweit, er steigt wieder in den
Polizeiwagen, schlägt die Tür zu, und sie fahren weg. Die 200 Menschen in
den weißen Maleranzügen können ihren Weg über die kleine Landstraße in der
Dunkelheit ungestört fortsetzen. Ihr Ziel: Garzweiler, der größte
Kohletagebau Europas, gut 30 Kilometer südwestlich von Düsseldorf.
Aus den Camps, die in diesem Jahr wegen der Coronahygienemaßnahmen klein
und dezentral im rheinischen Braunkohlerevier verteilt sind, sind am
Samstagmorgen, 26. September, weit vor Sonnenaufgang mehrere Demozüge
losgezogen. Wie in jedem Herbst oder Spätsommer seit 2015 haben die
Klimaaktivist*innen von Ende Gelände auch in diesem Jahr wieder zu Aktionen
des massenhaften zivilen Ungehorsams im Rheinland aufgerufen.
Rund 3.000 Aktivist*innen sind dabei – halb so viele wie im vergangenen
Jahr, aber dennoch viele [1][angesichts der Coronapandemie] und des kalten
Regenwetters. Etwa die Hälfte von ihnen nutzt die Dunkelheit der frühen
Morgenstunden und bricht zwischen vier und sechs Uhr morgens auf. Wie es
bei Ende Gelände-Aktionen bereits gut erprobte Praxis ist, haben die
Aktivist*innen sich in nach Farben benannten „Demofingern“ à 200 Personen
aufgeteilt.
Mit Sonnenaufgang und je näher die Demozüge den Kohletagenbauen und
Kraftwerken kommen, ändert sich dann das Kräfteverhältnis von
Polizist*innen und Aktivist*innen. Der blau-lila Finger, der unbemerkt mit
dem Zug vom Camp zum Bahnhof Frimmersdorf gekommen war, wird ab sieben Uhr
auf der Landstraße von einer behelmten Hundertschaft begleitet. An einer
Weggabelung gelingt wenige Minuten später dann aber der Durchbruch: Rund
hundert Aktivist*innen rennen an den Beamt*innen vorbei auf ein Feld,
kraxeln durch einen Graben, laufen über nasse Gräser und Büsche auf die
Kohlegrube zu. Die Beamt*innen schaffen es nicht, sie aufzuhalten. Gut
hundert Personen schlittern die steile Böschung hinunter in die Kohlegrube.
Unten werden sie von einer Polizeikette und rund 30 Security-Mitarbeitern
des Kohlekonzerns RWE gestoppt. Aggressiv gehen die RWE-Mitarbeiter in den
orangefarbenen Warnwesten auch Pressevertreter*innen an. Einen Journalisten
reißen sie zu Boden und nehmen ihn in den Schwitzkasten. Anderen versuchen
sie das Handy wegzunehmen, bedrängen sie, laufen hinter ihnen her und
versuchen ihnen zwischen die Beine zu treten.
„Wir haben hier das Hausrecht und Sie machen sofort die Kamera aus“, ruft
einer von ihnen. An einigen Stellen geht die Polizei schlichtend
dazwischen. RWE-Sprecher Matthias Beigel sagt dazu: „Niemand hat das Recht
hier einzudringen, auch die Presse nicht.“ Es gehe dabei um die Sicherheit.
## Erfolgreiche Blockaden, aber auch Polizeigewalt
Die Aktivist*innen aus dem blau-lila-Finger von Ende Gelände werden
schließlich von der Polizei eingekesselt und kommen nicht näher an die
Braunkohlebagger heran, aber ein Ziel haben sie erreicht: Die Bagger stehen
still.
Um zehn Uhr morgens meldet das Bündnis Ende Gelände diverse andere Erfolge.
Ein anderer Finger ist am Kohlekraftwerk Weisweiler angelangt, ein weiterer
am Gaskraftwerk Lausward. Dass die Aktivist*innen auch auf Gasinfrastruktur
zielen, ist neu: Erdgas werde im öffentlichen Diskurs viel zu oft als
klimafreundliche Alternative zu Kohle präsentiert – [2][eine „dreckige
Lüge]“, sagt die Sprecherin des Bündnisses Kim Solievna. „Es ist Wahnsinn,
Milliarden in Erdgas, Pipelines und Frackinghäfen statt in erneuerbare
Energien zu investieren. Wir sind hier, um Erdgas als Klimakiller zu
entlarven.“ Bei der Förderung, Speicherung und dem Transport des fossilen
Energieträgers gelangt viel klimafeindliches Methan in die Atmosphäre.
Neben den Erfolgsmeldungen berichten Aktivist*innen auch von Polizeigewalt.
In Köln-Ehrenfeld seien behelmte Polizist*innen mit Schlagstöcken in einen
Zug gekommen und hätten auf die Aktivist*innen eingeschlagen.
Gegen Samstagmittag versucht dann ein weiterer Demozug, der goldene Finger,
aus dem Camp Keyenberg aufzubrechen. Der größte Teil der Aktivist*innen
wird aber schnell von der Polizei, auch durch berittene Beamt*innen, ins
Camp zurückgedrängt. Es gibt eine Festnahme und der Finger kann vorerst
nicht starten. [3][Das Dorf Keyenberg ist eines der sechs Dörfer], die kurz
davor stehen, dem expandierenden Tagebau zum Opfer zu fallen.
Insgesamt sollen an diesem Ende-Gelände-Aktionswochenende 14 Finger im
Rheinischen Braunkohlerevier unterwegs sein. Ausgestattet sind viele der
Aktivist*innen mit Schlafsäcken, Isomatten und Konservendosen. Sie stellen
sich darauf ein, die Nacht auf Gleisen oder in Tagebauen zu verbringen.
26 Sep 2020
## LINKS
[1] /Coronaschutz-bei-Ende-Gelaende/!5716677
[2] /Ausbau-der-Gasinfrastruktur/!5711911
[3] /Erweiterung-von-Garzweiler-II/!5714911
## AUTOREN
Katharina Schipkowski
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