# taz.de -- Zweite Berliner Libyen-Konferenz: Virtuelles Treffen, virtuelles La… | |
> Libyen bleibt politisch gelähmt, trotz vorläufiger Einstellung der | |
> Kämpfe. Und weiterhin strömen von außen Waffen ins Land. | |
Bild: Immerhin liegt die Kriegsfront jetzt in der Wüste: Regierungskämpfer im… | |
Tunis taz | Neun Monate nach der [1][Berliner Libyen-Konferenz] vom Januar | |
haben sich die Teilnehmer wiedergetroffen – coronabedingt per Video. | |
Bundesaußenminister Heiko Maas zog nach der kurzen Runde mit Diplomaten aus | |
19 Ländern unter Leitung der UN-Mission für Libyen und des Auswärtigen | |
Amtes am Montag eine verhalten positive Bilanz. | |
Vieles sei möglich geworden, was bisher nicht denkbar gewesen sei, so Maas: | |
eine neuen Regierung sei „eigentlich nur eine Frage von Wochen“. | |
Im Januar waren die Außenminister fast aller in Libyen aktiven Länder nach | |
Berlin gekommen, dazu die besonders engagierten türkischen und russischen | |
Präsidenten Tayyip Erdoğan und Wladimir Putin. Der damals beschlossene | |
[2][52-Punkte-Plan] zur Beendigung der Schlacht um Tripolis und eine | |
Rückkehr zu einem politischen Dialog blieb Makulatur. Die ausländischen | |
Unterstützer der Kriegsparteien verstärkten ihre Lieferungen von Waffen und | |
Söldnern: Türkei und Katar auf Seiten der international anerkannten | |
Regierung in Tripolis, Russland und die Vereinigten Arabischen Emirate | |
zugunsten der Rebellenarmee von General Haftar im Osten. | |
Der von der Türkei eingefädelte [3][Einsatz mehrerer tausend syrischer | |
Rebellen] wendete im Sommer das militärische Blatt zugunsten der | |
Einheitsregierung von Premier Fayez Serraj. Nach dem [4][Rückzug seines | |
Konkurrenten Haftar] von Tripolis stehen sich die ost- und westlibyschen | |
Konfliktparteien seitdem [5][in Zentrallibyen] gegenüber – nahe der größten | |
Ölfelder Libyens, aber in einem eher menschenleeren Gebiet. Der mündlich | |
vereinbarte Waffenstillstand wird seit mehr als acht Wochen eingehalten. | |
Dennoch kommen weiterhin täglich Waffenlieferungen und Kämpfer in den Häfen | |
und auf den Militärflugplätzen bei Bengasi und Tripolis an. Maas erinnerte | |
am Montag an die im Januar einhellig beschlossene Einhaltung des seit 2011 | |
geltenden Waffenembargos. | |
Immer wieder werden Brüche entdeckt: Im September brachte die im Rahmen der | |
[6][EU-Mission „Irini“] vor der libyschen Küste kreuzende deutsche Fregatte | |
„Hamburg“ ein Tankschiff auf und eskortierte es nach Malta zur | |
Durchsuchung. Die unter zyprischer Flagge fahrenden „Royal Diamond 7“ hatte | |
Kerosin geladen, offenbar für Kampfflugzeuge von Feldmarschall Haftar | |
gedacht. | |
„Die beteiligten Staaten stellen die grundsätzliche Verpflichtung aller | |
Beteiligten zum Frieden infrage“, mahnte UN-Generalsekretär Antonio | |
Guterres am Montag die Embargobrecher. | |
Denn zwischen den libyschen Kriegsparteien gibt es Anzeichen einer | |
politischen Annäherung. In Marokko, Ägypten und dem schweizerischen | |
Montreux trafen sich in den letzten Wochen libysche | |
Verhandlungsdelegationen. | |
## Alles bleibt wie gehabt | |
Während Kommandeure die Schaffung einer entmilitarisierten Zone in | |
Zentrallibyen diskutieren, suchen zivile Emissäre einen Weg für eine neue | |
Regierung. Premier Fayez Serraj in Tripolis und die ostlibysche | |
Parallelregierung von Abdullah Thinni hatten im September ihre Rücktritte | |
angekündigt, nachdem [7][in West und Ost] Menschen gegen die Untätigkeit | |
der beiden Regierungen und die Plünderung des Staatsbudgets durch | |
bewaffnete Gruppen auf die Straße gegangen waren. Es gab [8][Schüsse auf | |
die Demonstranten] durch Milizen. | |
Serraj macht den Vollzug seines von internationalen Diplomaten gelobten | |
Rücktrittsangebots allerdings von einem unterzeichneten förmlichen | |
Waffenstillstand abhängig. Und in Ostlibyen hat das Parlament seine | |
Abstimmung über die Demission von Thinni auf unbestimmte Zeit verschoben. | |
Also bleibe erst einmal doch alles wie gehabt, klagen jetzt Vertreter der | |
Zivilgesellschaft. Kritik gibt es auch an der intransparenten Auswahl der | |
Teilnehmer der libysch-libyschen Friedensgespräche in Marokko und Ägypten. | |
Für den Alltag der Bürger hat das politische und militärische Patt | |
dramatische Folgen. Wegen mangelnder Wartung fällt die Wasser- und | |
Stromversorgung in vielen Regionen oft tagelang aus. Die sowieso | |
grassierende Korruption steige unter den jetzt auf Abruf arbeitenden | |
Regierungsbeamten und Funktionäre noch weiter, berichten libysche | |
Journalisten aus Bengasi und Tripolis der taz. | |
6 Oct 2020 | |
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## AUTOREN | |
Mirco Keilberth | |
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