| # taz.de -- Aktivistin in Libyen: Mord auf offener Straße | |
| > Eine Menschenrechtlerin ist auf einer Einkaufsstraße in Bengasi | |
| > erschossen worden. Zuvor hatte sie Ostlibyens Herrscher Chalifa Haftar | |
| > kritisiert. | |
| Bild: Ostlibyens Herrscher Chalifa Haftar wurde von der ermordeten Menschenrech… | |
| Tunis taz | In Libyens zweitgrößter Stadt Bengasi herrscht nach einem Mord | |
| an einer Menschenrechtsaktivistin angespannte Ruhe. Hanan al-Barassi war am | |
| Montag auf einer belebten Einkaufsstraße in ihrem Auto erschossen worden. | |
| Zwei Tage zuvor hatten Unbekannte versucht, ihre Tochter zu entführen. Die | |
| 46-jährige Rechtsanwältin hatte in den letzten Jahren immer wieder die | |
| Korruption und Vetternwirtschaft in der Armee und Gewalt gegen Frauen | |
| kritisiert. Al-Barassi leitete ein Opferschutzzentrum. | |
| Vor ihrem Tod hatte al-Barassi in einem Handyvideo Kommandeure von Chalifa | |
| Haftars Libyscher Nationalarmee wegen Machtmissbrauchs angegriffen. Ein | |
| anderes Video der letzten Tage endete mit den Worten: „Ich werde von ihnen | |
| bedroht“, wobei unklar blieb, wer gemeint war. Haftar kontrolliert weite | |
| Teile Libyens, darunter Bengasi. | |
| Vor anderthalb Jahren war in der Stadt bereits Siham Sergiwa verschwunden. | |
| Auch sie hatte die Willkür bewaffneter Gruppen kritisiert und auch den | |
| Versuch Haftars verurteilt, das 800 Kilometer westlich gelegene Tripolis zu | |
| erobern. Verwandte beschuldigten eine Brigade von Haftars Streitkräften, | |
| Sergiwa entführt zu haben. „Die Armee ist die rote Linie“, hatten die | |
| Entführer auf eine Wand des Hauses ihrer Familie geschrieben. | |
| Der Mord an al-Barassi in aller Öffentlichkeit erinnert an eine Serie von | |
| Attentaten auf Armeeoffiziere und Vertreter der Zivilgesellschaft, die | |
| zwischen 2013 und 2014 von Islamisten verübt wurden. Autobomben und Schüsse | |
| auf Fahrzeuge töteten mehrere hundert Menschen. Die Terrorwelle endete | |
| erst, als Haftar seinen drei Jahre dauernden Kampf um Bengasi startete, das | |
| er 2017 schließlich einnahm. | |
| Die Mission der Vereinten Nationen für Libyen verurteilte den Mord an | |
| al-Barassi. Darüber hinaus forderte sie die Freilassung mehrerer | |
| verschleppter Passagiere. Eine unbekannte Zahl von Reisenden aus Bengasi | |
| war vergangene Woche am Flughafen von Tripolis verschleppt worden. | |
| ## Verhandlungen in Tunis | |
| Es dürfte kein Zufall sein, dass al-Barassi ermordet wurde, während in | |
| Tunis eine Libyenkonferenz stattfindet. In der tunesischen Hauptstadt | |
| versuchen diese Woche 75 Delegierte aus ganz Libyen, sich auf eine Neuwahl, | |
| eine gesamtlibysche Regierung und eine Zusammenführung von Institutionen zu | |
| einigen. Einflussreiche Milizen wie der „Rat der Revolutionäre“ in Tripolis | |
| haben allerdings bereits erklärt, die Ergebnisse des Dialogs in Tunis nicht | |
| anzuerkennen. Die von den Vereinten Nationen ausgewählten Teilnehmer | |
| müssten zunächst auf Verbrechen aus der Gaddafi-Zeit untersucht werden, | |
| hieß es in einer Erklärung. | |
| „Die bewaffneten Gruppen beider Kriegsparteien, Haftars Allianz und die | |
| Milizen der Einheitsregierung, könnten die Verlierer eines Kompromisses | |
| sein“, sagt Mohamed Mnena, ein Fotograf und Aktivist aus Bengasi. Mnena | |
| traut sich schon lange nicht mehr, auf seiner Facebookseite Kritik an der | |
| Regierung oder den Milizen zu üben. „Solange die internationale | |
| Gemeinschaft nicht die kleinste Anstrengung macht, die Mörder und Entführer | |
| zur Verantwortung zu ziehen, wäre das Selbstmord.“ | |
| 11 Nov 2020 | |
| ## AUTOREN | |
| Mirco Keilberth | |
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