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# taz.de -- Krieg um Berg-Karabach: Aserbaidschan im Kriegsjubel
> Die Siegesmeldungen der Regierung im Krieg gegen Armenien heizen den
> Patriotismus an. Soldaten an der Front erfahren eine Solidaritätswelle.
Bild: Begeistertes Fahnenschwingen in Aserbaidschans Hauptstadt Baku
Berlin taz | Nach seinem Abitur stand für Orxan Adigozel fest: Ich will
Soldat werden. Nicht um in den Krieg um Berg-Karabach zu ziehen. Der Traum
des jungen Aserbaidschaners war, in der Marine am Kaspischen Meer zu
dienen, weil er das Meer liebte und die Marineuniform mochte.
Doch dann kam alles anders. „Ich bin Pazifist geworden“, berichtet der
31-jährige Blogger aus Baku. Vor mehreren Jahren hatte er einen Unfall und
sitzt seitdem im Rollstuhl. „Ich kann jetzt nur beten, dass dieser
verheerende Krieg schnell endet. Und das tue ich auch“, sagt er. „Doch am
Ende soll die Gerechtigkeit siegen“, fügt er dann hinzu: „Dass
Berg-Karabach zu Aserbaidschan zurückkommt. Aber nicht um den Preis von
Blut und Tod.“
In Armenien und Aserbaidschan machen die Regierungen für den Krieg mobil,
Tausende wollen sich freiwillig an den Kämpfen um die völkerrechtlich zu
Aserbaidschan gehörende, aber seit 1994 samt Umland von Armenien
kontrollierte Kaukasusregion beteiligen. Aserbaidschaner kämpfen unter
dem Motto: „Karabach bizimdir“ – Karabach ist unser. Auch Adigozels Bruder
ist an die Front gezogen.
Aserbaidschanische Sender zeigen, wie Aktivist*innen Pakete mit
Wasserflaschen, warmer Kleidung und Tabak packen, um sie an die Front zu
schicken. „Allah schütze euch“, hat eine Frau auf einen Karton geschrieben.
Es gibt auch Süßigkeiten. „Versüße dir den Mund“, schreibt eine Aktivis…
an die Soldaten.
## Feuerwerk am Himmel, Fahnen an den Balkonen
Aserbaidschans Präsident Ilham Aliyev [1][verkündet immer wieder
Geländegewinne]. Von unabhängiger Seite gibt es bislang dafür keine
Bestätigung. Die Regierung hat den Internetzugang beschränkt und den Zugang
zu sozialen Netzwerken gesperrt. Es gibt nur noch staatliche Propaganda.
Doch im ganzen Land wird groß gefeiert, mit bunten Feuerwerken am
nächtlichen Himmel von Baku, mit Musik und Tanz. Das Fernsehen zeigt
Menschen, die in den 90er Jahren aus Jabrail und Fizuli nach Baku
geflüchtet waren, als Armenien diese Gebiete besetzte – sie sollen jetzt
laut Regierung von Aserbaidschan zurückerobert worden sein. Die
Vertriebenen äußern Stolz und Begeisterung und freuen sich, bald wieder
nach Hause zurückkehren zu dürfen, sagen sie vor der Kamera.
Auf fast allen Straßen in Baku und anderen Städten wehen [2][türkische] und
aserbaidschanische Flaggen. Augenzeugen berichten, dass auch die
Nationalflagge Pakistans zahlreiche Balkone schmückt. Im Radio und
Fernsehen sind ständig patriotische Lieder zu hören. In Restaurants und
Cafés erklingt Militärmusik.
Die Aktivistin Arzu Kamalova (Name geändert) wohnt in Sumgait. In dieser
Stadt, rund 30 Kilometer von Baku entfernt, wurden im Jahr 1988, als die
Feindseligkeiten zwischen Aserbaidschan und Armenien ausbrachen, Pogrome
an Armenier*innen verübt. Darüber recherchiert Kamalova für ihre
Dokumentarfilme, und sie sieht die aktuelle Lage kritisch.
„Wie viele Soldaten wir bis jetzt verloren haben, darüber schweigen die
Behörden“, sagt Kamalova. „Es gibt Gerüchte, dass es zu einem
Waffenstillstand kommen könnte. Dies wäre ein schwerer Schlag.“ Es sei
möglich, dass die Leute dann spontan auf die Straße gehen, wie im
vergangenen Juli. „Da hatten zehntausende Aserbaidschaner einen Krieg
gefordert, bis Karabach befreit ist!“
9 Oct 2020
## LINKS
[1] /Kaempfe-um-Berg-Karabach/!5715865
[2] /Tuerkei-im-Berg-Karabach-Konflikt/!5719058
## AUTOREN
Tigran Petrosyan
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