# taz.de -- Regionalwahlen in Italien: Alles andere als selbstverständlich | |
> Die gemäßigte Linke kann sich bei den Regionalwahlen in Italien | |
> behaupten. Die rechten Parteien erhalten wie in der Toskana einen | |
> deutlichen Dämpfer. | |
Bild: Stand selber nicht zur Wahl: Ministerpräsident Conte bei der Stimmabgabe… | |
Die eine Seite konnte ein Unentschieden verbuchen, das sich wie ein großer | |
Sieg anfühlte, die andere dagegen einen kleinen Sieg, der als bittere | |
Niederlage erschien: Nach dem [1][Verfassungsreferendum und den | |
Regionalwahlen], die am Sonntag und Montag in Italien abgehalten wurden, | |
sah man strahlende Mienen bei der gemäßigt linken Partito Democratico (PD) | |
und den Fünf Sternen, die gemeinsam die Regierung unter Giuseppe Conte | |
tragen, düstere Gesichter dagegen beim von Matteo Salvinis Lega angeführten | |
Rechtsblock. | |
„3:3“ titelten diverse Zeitungen am Dienstag, ganz so als sei da eine | |
Fußballpartie über die Bühne gegangen. In sechs Regionen hatten die | |
Wähler*innen ihre Präsidenten und die Parlamente zu bestimmen, und Salvini | |
hatte vom rechten Durchmarsch geträumt, vom Sieg in fünf von ihnen. Doch | |
aus dem Durchmarsch wurde nichts, denn der PD gelang es, gleich drei der | |
bisher von ihr regierten Regionen zu halten: die Toskana, Apulien und | |
Kampanien. Nur die Marken gingen an die Rechte verloren: Dies war [2][der | |
kleine Sieg, über den Salvini sich nicht recht freuen] mochte. | |
Die [3][Siege der PD wiederum waren alles andere als selbstverständlich]. | |
Die Rechtsallianz nämlich trat geeint an, während das Regierungslager | |
getrennt marschierte: Die Fünf Sterne brachten es einfach nicht über sich, | |
ein Wahlbündnis mit der PD zu schließen. Da aber in Italien die | |
Bürger*innen ihre Regionalpräsident*innen direkt wählen, war das Risiko | |
einer flächendeckenden Niederlage gegen die Rechte enorm hoch. Am Ende aber | |
lagen sowohl in der Toskana als auch in Apulien die Linkskandidaten nahe | |
bei 50 Prozent und klar vor ihren rechten Konkurrent*innen. | |
Das lag vor allem daran, dass die linke Wählerschaft sich angesichts der | |
konkreten Drohung aufgerafft hat: Die Wahlbeteiligung stieg deutlich an. Es | |
lag auch daran, dass die PD mit Nicola Zingaretti einen alles andere als | |
charismatischen Vorsitzenden hat, der jedoch sowohl in der eigenen Partei | |
als auch in der Koalition unter Conte stur seinem Kompass folgt, mit dem | |
Kurs, immer die einenden Elemente zu unterstreichen, statt | |
Auseinandersetzungen und innere Konflikte zu schüren. Das kommt offenbar an | |
bei der eigenen Basis. | |
## Conte geht aus dem Votum als Sieger hervor | |
Während die PD sich rundum freuen kann, ist das Resultat für das | |
Moviment5Stelle (M5S) durchwachsen. Das Verfassungsreferendum über die | |
Reduzierung der Sitze im Parlament war das Baby des M5S: Eigentlich wollten | |
nur sie diese Reform gegen die „politische Kaste“. Dass dann am Ende die | |
Beteiligung mit über 50 Prozent unerwartet hoch lag, dass 70 Prozent die | |
Reform absegneten, können die Fünf Sterne als Erfolg verbuchen. | |
Trüber dagegen war ihr Ergebnis bei den Regionalwahlen: Quer durchs Land | |
gaben sie deutlich nach. Die Wahl wurde wieder zur | |
Rechts-Links-Auseinandersetzung, und dies zeigte ihnen, dass in einer | |
solchen Situation wenig Platz für eine „dritte Kraft“ bleibt. Die Stimmen | |
derer im M5S, die eine stabile Allianz mit der PD wollten, dürften jetzt | |
noch lauter werden. | |
Verstummen dürften dagegen alle die, die schon am Stuhl des | |
Ministerpräsidenten Conte sägten. Er stand gar nicht zur Wahl, doch er geht | |
als klarer Sieger aus dem Votum hervor. Der Rechten sind die Gründe | |
abhandengekommen, nach schnellen Neuwahlen zu rufen, aber auch auf der | |
Linken müssen jene Verschwörer*innen, die Conte (ebenso wie Zingaretti an | |
der Spitze der PD) gerne ausgetauscht hätten, ihre Pläne erst einmal | |
einmotten. Noch ist das Mitte-Links-Lager nicht aus der Defensive gegen die | |
Salvini-Rechte herausgekommen – doch es hat jetzt weit bessere Chancen, | |
Salvini die Stirn zu bieten. | |
22 Sep 2020 | |
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## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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