# taz.de -- Debatte um Corona-Impfstoff: Wo Trump recht haben könnte | |
> Der US-Präsident wird belächelt, weil er als Wahltaktik einen schnellen | |
> Corona-Impfstoff in Aussicht stellt. Aber vielleicht stimmt das sogar. | |
Bild: Vorsicht ist die Mutter der Virenforschung: Tests bei der österreichisch… | |
BERLIN taz | Corona gefährdet die Wiederwahl von US-Präsident Donald Trump | |
zwar massiv. Doch mit etwas Pech könnte er noch vor dem Urnengang am 3. | |
November einen Erfolg verkünden, der seine Wahlchancen erhöht. | |
[1][„Wir stehen kurz davor, einen Impfstoff zu haben“, sagte Trump am | |
Dienstag im Fernsehsender ABC News.] „Wir könnten ihn innerhalb von Wochen | |
haben – es könnte in drei Wochen, vier Wochen sein.“ Nur wenige Stunden | |
zuvor hatte Trump im Sender Fox gesagt, er rechne innerhalb von vier bis | |
acht Wochen mit einem Impfstoff. Für den Fall, dass es doch nicht klappt, | |
hat er schon vor Wochen damit begonnen, die passende Verschwörungstheorie | |
zu streuen. Da twitterte er, dass „Deep State“-Elemente in der | |
US-Zulassungsbehörde FDA einen Impfstoff absichtlich erst nach den | |
Präsidentschaftswahlen zulassen wollen, um seinen erneuten Erfolg zu | |
verhindern. | |
Tatsächlich aber könnten die USA schneller als Europa sein. Bis dato war | |
die FDA bei der Zulassung von Behandlungen gegen Covid-19 oder klinischen | |
Test für Impfstoffe schneller als die zuständige europäische | |
Arzneimittelbehörde EMA. In den USA startete das Unternehmen Moderna | |
bereits am 27. Juli die vor einer Zulassung entscheidende dritte Studie. | |
Die Partnerschaft aus der deutschen Biontech und dem US-Unternehmen Pfizer | |
erhielt dafür in den USA am 15. Juli eine Genehmigung. [2][In Deutschland | |
hat das für klinische Tests zuständige Paul-Ehrlich-Institut erst am 7. | |
September eine Phase-III-Studie erlaubt.] | |
Ob das allein mit Vorsicht zu tun hat, ist fraglich: Zwar werden in den USA | |
und in der EU die sonst üblichen Zeiten bei der Impfstoffentwicklung | |
dadurch verkürzt, dass erste klinische Daten von Studien noch während der | |
laufenden Tests zur Prüfung an die Behörden übermittelt werden, nicht erst | |
am Ende. Bei der Zulassung der Phase-II-Studie des Biontech-Impfstoffes | |
nutzten die Unternehmen und das Paul-Ehrlich-Institut dieses System für | |
eine schnellere Genehmigung der dritten Stufe des Impfstofftests, die jetzt | |
anläuft. | |
## Keine beschleunigenden Verfahren in der EU | |
Doch auf taz-Anfrage teilte die europäische EMA mit, dass ausgerechnet bei | |
der finalen Zulassung eines Impfstoffs derzeit kein Unternehmen an diesem | |
beschleunigenden Verfahren teilnehme. Begründung: Die Unternehmen müssten | |
selbst einen Antrag einreichen, das sei nicht geschehen. Proaktiv besorgt | |
man sich die klinischen Daten bei der EMA eben nicht. | |
In den USA nehmen Pfizer und Biontech dagegen an der beschleunigten | |
Zulassung teil. Man arbeite daran, „bereits im Oktober eine | |
Notfallzulassung oder eine andere Form der behördlichen Genehmigung für | |
einen wirksamen und sicheren Impfstoff gegen Covid-19 beantragen zu | |
können“, schreibt Pfizer auf Anfrage. Da US-Behörden mit solchen | |
Zulassungen beispielsweise bereits bei dem Mittel Remdesivir, das gegen die | |
Krankheit Covid-19 helfen soll, schneller als die Europäer waren, könnte | |
Trump durchaus sein Wahlgeschenk bekommen. | |
## Für die Bundesregierung geht Sicherheit vor | |
Die Bundesregierung wiederum ist zuversichtlich, schon wenige Tage oder | |
Wochen nach Zulassung eines Corona-Impfstoffs mit dessen Ausgabe an die | |
Bevölkerung beginnen zu können. Es komme jedoch nicht nur auf | |
Geschwindigkeit an: „Ein Impfstoff muss vor allem sicher und gut erprobt | |
sein“, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am Dienstag in Berlin. | |
Die Impfung solle auf jeden Fall freiwillig sein; Spahn ist überzeugt, auch | |
dann auf den nötigen Anteil von 55 bis 60 Prozent geschützter Personen zu | |
kommen. Die Bundesregierung hat sich nach Auskunft Spahns bisher 94 | |
Millionen Impfdosen für die eigene Wohnbevölkerung gesichert. Davon kommen | |
54 Millionen von der EU, die einen Großteil der Vorbestellungen solidarisch | |
für alle Mitglieder organisiert. Es werden vermutlich zwei Spritzen nötig | |
sein, um vollen Schutz aufzubauen. Um die Bereitstellung der Impfstoffe zu | |
beschleunigen, bezuschusst Berlin die deutschen Hersteller Biontech, | |
Curevac und IDT Biologika mit einer Dreiviertelmilliarde Euro. | |
Biontech und Curevac wollen schon vor Genehmigung durch die Behörden mit | |
der Produktion des Impfstoffs beginnen. Sie stehen aber vor dem Problem, | |
dass die Substanz auch bei Kühlschranktemperatur nur schlecht haltbar ist. | |
Eines der Forschungsziele besteht nun darin, das Mittel robuster zu machen. | |
Die deutschen Gesundheitsbehörden hoffen derweil, noch bis Jahresende die | |
Genehmigung für einen der Impfstoffe erteilen zu können. Spahn warnt jedoch | |
davor, dass es im ungünstigen Fall mit dem Impfbeginn doch noch bis Mitte | |
kommenden Jahres dauern kann. | |
[3][Die großen Volkswirtschaften haben jeweils bei mehreren Anbietern ein | |
Vielfaches ihrer Bevölkerungszahl an Impfstoffdosen bestellt –] in der | |
Annahme, damit auch einen der frühen Erfolge zu erwischen. Am meisten | |
Bestellungen sind bisher für den Impfstoff der Universität Oxford | |
eingegangen, der von dem Pharmakonzern AstraZeneca vermarktet wird. Fast | |
alle Länder haben Verträge mit AstraZeneca. Auf Platz zwei liegt Biontech, | |
es folgen Moderna (USA) und Sinovac (China). | |
16 Sep 2020 | |
## LINKS | |
[1] http://ylvania/story?id=73005087&cid=clicksource_4380645_1_heads_hero_l… | |
[2] /Kampf-gegen-das-Coronavirus/!5709777&s=phase+III&SuchRahmen=Print/ | |
[3] /Die-Corona-Pandemie-in-Europa/!5710173&s=impfstoffdosen/ | |
## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
Finn Mayer-Kuckuk | |
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