# taz.de -- Äußerungen von AfDler: Von rechts verelendet | |
> EX-AfD-Sprecher Christian Lüth fällt erneut auf: mit faschistischen | |
> Sprüchen und Gewaltfantasien. Die Fraktion kündigt ihm nun fristlos. | |
Bild: Reporter Thilo Mischke hat für Pro Sieben am rechten Rand recherchiert | |
BERLIN taz | Wer die AfD journalistisch beobachtet, kam jahrelang an einem | |
Mann nicht vorbei: Christian Lüth, erst Pressesprecher der radikal rechten | |
Partei, dann ihrer Bundestagsfraktion. Lüth, der unter Journalist:innen | |
schnell den Ruf hatte, nicht besonders zuverlässig zu sein, strahlte oft | |
etwas Halbseidenes aus – viel Alkohol war im Spiel, dazu prahlerisch | |
gerauchte, dicke Zigarren, Kurznachrichten zu Unzeiten und anzügliche | |
Sprüche. | |
In der AfD aber schaffte Lüth es, sich immer auf die Seite derer zu | |
stellen, die parteiintern den Sieg davontrugen. Insbesondere mit | |
[1][Alexander Gauland], lange Zeit der Machtfaktor in Partei und Fraktion, | |
stellte er sich gut. Wo Christian Lüth, der von der FDP zur AfD kam, im | |
Spektrum seiner Partei selbst politisch stand, blieb aber oft unklar. | |
Eine Dokumentation unter dem Titel „Deutsch. Rechts. Radikal“, die am | |
Montagabend auf ProSieben laufen soll, könnte dazu jetzt neue Erkenntnisse | |
beisteuern. Darin ist ein Gespräch zu sehen, das ein „hochrangiger | |
AfD-Funktionär“ mit der rechten Youtuberin Lisa Licentia im Februar in | |
einer Bar in Berlin-Mitte geführt hat, ProSieben hat es heimlich gefilmt. | |
„Je schlechter es Deutschland geht, desto besser für die AfD“, sagt der | |
Parteifunktionär darin. | |
Seinen Namen nennt ProSieben nicht. Die Zeit aber hat aufgedeckt, dass es | |
sich dabei um Lüth handelt, damals noch Pressesprecher der Fraktion. | |
Informationen der taz bestätigen dies. „Es gibt keinen Grund, die | |
Recherchen der Zeit anzuzweifeln“, sagt ProSieben-Filmemacher Thilo Mischke | |
der taz. Was man wohl als Bestätigung werten kann. | |
## Rechte Verelendungstheorie | |
Demnach verbreitet Lüth eine Art rechte Verelendungstheorie: Die AfD müsse | |
dafür sorgen, dass es der Bundesrepublik schlechter gehe, denn davon | |
profitiere die Partei. „Deshalb müssen wir uns eine Taktik überlegen | |
zwischen: Wie schlimm kann es Deutschland gehen? Und: Wie viel können wir | |
provozieren?“ Zuletzt kommen zudem Gewaltfantasien ins Spiel. Auf die | |
Frage, ob es in seinem Interesse wäre, dass noch mehr Migranten kommen, | |
antwortet Lüth: „Ja. Weil dann geht es der AfD besser. Wir können die | |
nachher immer noch alle erschießen. Das ist überhaupt kein Thema. Oder | |
vergasen, oder wie du willst. Mir egal!“ | |
Spricht Lüth hier im Gespräch mit einer scheinbar Gleichgesinnten das aus, | |
was er wirklich denkt? Will er mit faschistischen Sprüchen einer jungen, | |
rechten Frau imponieren? Oder trifft beides zu? Lüths Motivation bleibt | |
unklar. Es ist allerdings nicht das erste Mal, dass er mit derartigen | |
Äußerungen auffällt. | |
Zuletzt hatte Lüth sich [2][in einem Whatsapp-Chat mit einer jungen Frau | |
als „Faschist“ bezeichnet] und seine „arische“ Abstammung gerühmt – … | |
Bezug auf seinen angeblichen Großvater, einen Marineoffizier, der im | |
Zweiten Weltkrieg U-Boot-Kommandant war und mit dem Eisernen Kreuz | |
ausgezeichnet wurde. Allerdings, das wurde kurz darauf bekannt, ist Lüth | |
mit diesem Mann, von dem er auch andernorts geschwärmt haben soll, doch | |
nicht so eng verwandt: Der Offizier war wohl nur Lüths Großonkel. | |
Diese ganze Affäre hat Lüth im April seinen Posten als Sprecher der | |
AfD-Bundestagsfraktion gekostet. Rausgeschmissen aber hatte die AfD ihn | |
bislang nicht: Lüth war beurlaubt, eine neue Verwendung wurde gesucht. Man | |
könne einen so langgedienten Mann doch nicht ins Nichts stürzen lassen, | |
bekam man bislang zu hören, wenn man in der Fraktion nach Gründen fragte. | |
Aber das gilt jetzt nicht mehr. Der Fraktionsvorstand hat am Montag | |
einstimmig beschlossen, Lüth zu kündigen. Zahlreiche Abgeordnete hatten | |
zeitgleich einen ähnlichen Eilantrag für die Sitzung am Nachmittag | |
gestellt. Die Entscheidung des Fraktionsvorstands reicht jedoch für eine | |
Kündigung aus. | |
In der Fraktion war Lüth von Beginn an umstritten, ein Teil der | |
Abgeordneten wollte ihm nicht zu ihrem Sprecher machen. Großspurig, | |
unsolide, nicht zuverlässig – lauteten damals die Einschätzungen hinter | |
vorgehaltener Hand. Doch Gauland setzte Lüth am Ende durch. Dieser hatte | |
seit 2013 als Parteisprecher für die AfD gearbeitet, zuvor war er für zwei | |
FDP-Bundestagsabgeordnete und die Friedrich-Naumann-Stiftung in Honduras | |
tätig. Dort fiel er bereits durch problematische Äußerungen auf, zeigte | |
Verständnis für den Putsch in dem zentralamerikanischen Land und urteilte, | |
dass nun „Rückkehr zu Rechtsstaat und Verfassung“ möglich seien. | |
28 Sep 2020 | |
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## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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