Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Share Deals bei Immobilienfirma: SPD zeigt Akelius an
> Die Bundestagsabgeordnete Cansel Kiziltepe (SPD) hat die Steuerfahndung
> alarmiert. Ihr Verdacht: Akelius soll in Neukölln Steuern hinterzogen
> haben.
Bild: Bei Share Deals verhallen Hilferufe meist unerhört
Berlin taz | Wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung hat die
Kreuzberger Bundestagsabgeordnete Cansel Kiziltepe (SPD) Anzeige gegen das
Wohnungsunternehmen Akelius erstattet. Der Konzern habe demnach 2019 beim
Kauf eines Wohnhauses in der Neuköllner Boddinstraße illegal getrickst, um
Steuern zu sparen.
Immobilien-Firmen sind dafür berüchtigt, mittels sogenannter Share Deals
die beim Kauf von Häusern fällige Grunderwerbssteuer sowie das kommunale
Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten auszuhebeln. Aufgrund von
Steuerschlupflöchern ist das bislang völlig legal – im vorliegenden Fall
hat Akelius nach dem Dafürhalten von Kiziltepe allerdings die Grenze zur
Illegalität überschritten. Sie bat die Steuerfahndung um die Prüfung der
Vorgänge. Akelius wollte sich auf Nachfrage der taz nicht zu den Vorwürfen
äußern. Eine Anzeige sei dort noch nicht bekannt, man halte sich an
geltendes Recht.
Kiziltepe hat da so ihre Zweifel. Sie sitzt als Finanzpolitikerin für die
SPD Friedrichshain-Kreuzberg im Bundestag und will in dieser Legislatur das
Steuerschlupfloch um Share Deals schließen. Bislang scheitert sie dabei
bislang nach eigener Aussage allerdings am Koalitionspartner CDU/CSU, die
mit „fadenscheinigen Argumente wirksame Änderungen verhindern“, wie
Kiziltepe der taz am Freitag sagte.
Auch um wieder Schwung in diese Debatte zu bekommen, habe sie sich dazu
entschlossen, ihre Anzeige öffentlich zu machen. Zuvor hatte sie
Freitagfrüh entsprechende Unterlagen bei der Steuerfahndung eingeworfen.
## Schamlos und dreist
„Akelius treibt nicht nur die Mieten aggressiv in die Höhe, sondern
versucht sich auch schamlos um jeden Steuercent zu drücken“, schrieb sie
auf [1][Twitter]. Mit diesem dreisten Share Deal in Neukölln sei der
schwedische Immobilieninvestor jedoch zu weit gegangen.
Bei Share Deals gründen Unternehmen eigene Unterfirmen, denen Sie dann
bestimmte Immobilien zurechnen. Wenn Sie dann lediglich Firmenanteile und
nicht die Immobilien oder Häuser als solche verkaufen, bleibt der
Grundbucheintrag derselbe, sodass keine Grunderwerbssteuer fällig wird.
Zumindest dann nicht, wenn die Firma über einen Zeitraum von fünf Jahren
nicht mehr als 94,9 Prozent der Anteile erwirbt und der Rest einem
unabhängigen Co-Investor gehört. „Beim Erwerb des Hauses in der
Boddinstraße scheint der Co-Investor aber alles andere als unabhängig zu
sein“, sagt Kiziltepe.
Bei diesem Share Deal sei der auf Zypern ansässige Co-Investor Giannis Beta
Ltd. ungewöhnlich eng mit Akelius verknüpft: Die Geschäftsführer der Firma
seien auch in unterschiedlichen Positionen für Akelius tätig – unter
anderem im Stiftungsrat der Akelius Stiftung auf den Bahamas und im
Vorstand der schwedischen Muttergesellschaft.
Ebenso sei der zypriotische Investor an Teilen der Akelius Gruppe
beteiligt. „Für einen normalen Menschen liegt der Eindruck nahe: Das sind
zwei Teile einer Unternehmensgruppe“, sagt Kiziltepe. „Der Anzeige ist eine
gründliche Recherche vorausgegangen – die Steuerfahndung soll das jetzt
bitte prüfen“, fordert Kiziltepe. Sie hoffe, dass nun auch wieder Schwung
in das Gesetzesvorhaben komme.
„Kein Mensch kann verstehen, warum normale Bürger beim Hauskauf
Grunderwerbssteuer zahlen müssen, große Konzerne diese Steuer aber legal
umgehen können. Den Finanzämtern entgehen so jährlich Milliarden“, so
Kiziltepe. Berlins Finanzsenator Kollatz (SPD) hatte den jährlichen Schaden
für die Hauptstadt vergangenes Jahr auf 100 Millionen Euro geschätzt
([2][taz berichtete]).
Die in der großen Koalition auf Bundesebene regierende SPD will das
Grunderwerbssteuerrecht reformieren. Kiziltepe strebt eine Herabsenkung des
Schwellenwerts für Grunderwerbssteuer beim Erwerb von
Wohnungsgesellschaften auf 75 Prozent an sowie eine Ausweitung des
Erwerbszeitraumes auf zehn Jahre. Ein früher geplanter Gesetzesentwurf, der
die Schwelle auf 90 Prozent herabsetzen wollte, gehe nicht weit genug,
sagte Kiziltepe am Freitag. Das hätten sämtliche Experten bei Anhörungen
zum Thema im Bundestag bestätigt.
Im übrigen zeige dies aber auch der vorliegende Fall: Hier habe Akelius
bereits die ursprünglich geplante Gesetzesnovelle mit der Herabsenkung auf
90 Prozent antizipiert. So habe eine Gesellschaft 89,9 Prozent der Anteile
an der Boddinstraße 8 gekauft und der Co-Investor aus Zypern 10,1 Prozent.
4 Sep 2020
## LINKS
[1] https://twitter.com/CanselK/status/1301776794073411586
[2] /Mietenwahnsinn-in-Berlin/!5581628
## AUTOREN
Gareth Joswig
## TAGS
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
Share Deals
SPD
Akelius
Grunderwerbsteuer
Share Deals
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
Luxussanierung
Akelius
## ARTIKEL ZUM THEMA
Koalition reformiert Grunderwerbsteuer: Immobilienhaie prellen Staat weiter
Mit „Share Deals“ sparen sich Konzerne die Grunderwerbsteuer. CDU/CSU und
SPD schränken diese Möglichkeit jetzt ein – aber nur ein wenig.
Union zur Reform der Grunderwerbsteuer: Steuertrick soll möglich bleiben
Mit Share Deals umgehen Konzerne die Grunderwerbsteuer. CDU/CSU wollen
diese Möglichkeit nur bei Agrarflächen stark erschweren.
Akelius auf dem Immobilienmarkt Berlin: Hai ändert Schwimmstil
Die viel kritisierte Wohnungsfirma Akelius strukturiert um: Mietshäuser
werden in neue Firmen verschoben. Plant Akelius Verkäufe wegen des
Mietendeckels?
Akelius nach dem Mietendeckel: Zum Höchstpreis abstoßen
Beim Immobilienkonzern Akelius setzt man nun auf einen
„Privatisierungsplan“. Bisherige Mietwohnungen sollen als Eigentum verkauft
werden.
Protest gegen Luxussanierung: Bezahlbaren Wohnraum zerstört
Ein Haus soll luxuriös ausgebaut werden. Die Baustelle geht Mietern
gewaltig auf die Nerven – manche ziehen aus. Ein Fallbeispiel aus
Prenzlauer Berg.
Neue Vermieterstrategien in Berlin: Schlupflöcher im Mietendeckel
Mit Modernisierungen vor Neuvermietung hat der Wohnungskonzern Akelius hohe
Mieten erzielt. Nun ändert das Unternehmen offenbar die Strategie.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.