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# taz.de -- Lobbyismus und Transparenz: Halbes Gesetz im Bundestag
> Die Koalition präsentiert ihre Pläne für ein Lobbyregister und kündigt
> prompt eine Nachbesserung an. Die Opposition findet den Entwurf
> „verrückt“.
Bild: Philippp Amthor im Bundestag am Freitag
Berlin taz | Der Bundestag konnte am Freitag in erster Lesung nur einen
halbfertigen Gesetzentwurf beraten. Trotzdem strahlte der SPD-Abgeordnete
Matthias Bartke, als er die Pläne der Koalition zum neuen Lobbyregister
vorstellte. „Vor Ihnen steht ein hochzufriedener Sozialdemokrat“, sagte er.
Zehn Jahre lang habe seine Partei für das Register gekämpft. Jetzt endlich
habe beim Koalitionspartner ein Sinneswandel stattgefunden. Der Fall Amthor
habe wohl für ein Umdenken gesorgt.
Der Gesetzentwurf, von dem Bartke sprach, sieht vor, dass sich
Lobbyist*innen künftig in einem Register anmelden müssen, bevor sie
Einfluss auf Abgeordnete nehmen. [1][Für Kritik hatte in den letzten Wochen
gesorgt], dass Einflussnahme auf die Bundesregierung ausgenommen ist.
Zuletzt hatte dies auch der SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz kritisiert. Am
Donnerstag kündigte die Union schließlich an, auch hier einzulenken. In den
am Freitag diskutierten Gesetzentwurf floss die Ausweitung auf die
Ministerien aber noch nicht ein, stattdessen kündigte die Koalition einen
Änderungsantrag für die nächsten Wochen an.
Die Opposition sparte trotzdem nicht mit Kritik an der zunächst
vorgesehenen Ausnahme. „Wie man überhaupt darauf kommt, die Regierung
auszunehmen, ist absolut schleierhaft“, sagte der Linken-Abgeordnete
Friedrich Straetmanns. Britta Haßelmann (Grüne) sagte: „Ist doch verrückt!
Wie kann man so was überhaupt einbringen?!“ Der Grund für die Kritik: Der
Großteil aller Gesetzentwürfe wird nicht im Parlament entworfen, sondern in
den Ministerien. Entsprechend aktiv sind Lobbyist*innen auch dort.
Als Interessenvertretung definiert der Gesetzentwurf der Koalition „jede
Tätigkeit zum Zweck der unmittelbaren oder mittelbaren Einflussnahme auf
den Willensbildungsprozess des Deutschen Bundestags“. Wer als Lobbyist*in
einer entsprechenden Tätigkeit nachgeht, muss sich unter Angabe von Namen,
Auftraggebern und Großspenden anmelden.
Wer nicht alle Daten preisgibt, bekommt keinen Zugangsausweis für den
Bundestag. Wer die Anmeldepflicht missachtet, muss ein Bußgeld bis zu
50.000 Euro zahlen. Der Gesetzentwurf wird im Oktober noch vom zuständigen
Bundestagsausschuss beraten und voraussichtlich bis Jahresende
verabschiedet werden.
Die Initiative Lobbycontrol kritisiert ebenso wie Linke und Grüne, dass der
Entwurf keine „legislative Fußspur“ vorsieht. „Fußspur“ bedeutet, dass
angegeben wird, welche Lobbygruppen an der Erarbeitung einzelner
Gesetzentwürfe beteiligt waren. Der CDU-Abgeordnete Patrick Schnieder
mahnte am Freitag im Bundestag dagegen, nicht zu viel Transparenz zu
erzwingen. Es könne die Unabhängigkeit der Abgeordneten gefährden, wenn
Angaben über ihre Termine und Gesprächspartner*innen nicht vertraulich
bleiben.
11 Sep 2020
## LINKS
[1] /Entwurf-zu-Lobbyregister-fuer-Bundestag/!5709258
## AUTOREN
Tobias Schulze
## TAGS
Lobbyismus
Bundestag
Transparenz
Philipp Amthor
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