| # taz.de -- Entwurf zu Lobbyregister für Bundestag: Nicht mehr als ein Telefon… | |
| > Ein vertraulicher Entwurf der Groko für ein Lobbyregister sieht Strafen | |
| > bis 50.000 Euro vor. Er sei „löchrig wie ein Schweizer Käse“, meint die | |
| > FDP. | |
| Bild: Machte mit dubiosen Nebentätigkeiten auf sich aufmerksam: CDU-Nachwuchsh… | |
| Berlin taz | Bis zu 50.000 Euro Strafe sollen Lobbyorganisationen zahlen | |
| müssen, wenn sie sich der Registrierungspflicht im von Union und SPD | |
| geplanten Lobbyregister entziehen. Das geht aus einem am Dienstagmorgen | |
| [1][publik gewordenen Gesetzesentwurf] hervor, der der taz vorliegt. Die | |
| Pflicht zur Registrierung solle für Lobbyorganisationen gelten, die | |
| regelmäßig im Bundestag aktiv sind. Zudem ist ein Verhaltenskodex für | |
| Interessenvertreter geplant. | |
| Das Papier gibt Auskunft über den aktuellen Stand der eigentlich | |
| vertraulichen Verhandlungen zwischen den Fraktionen von CDU/CSU und SPD. | |
| Entsprechend verärgert zeigt sich der SPD-Verhandlungsführer Matthias | |
| Bartke. | |
| „Die Veröffentlichung ist für den koalitionären Findungsprozess nicht | |
| hilfreich“, sagt er der taz. Mehrere Monate habe man in den Fraktionen | |
| vertraulich verhandelt. Dass ausgerechnet jetzt, nachdem eine Einschätzung | |
| beim Bundesinnenministerium angefordert wurde, Details nach außen drängen, | |
| „irritiere“. | |
| Erst vor wenigen Wochen hatten sich die Groko-Fraktionen nach den bekannt | |
| gewordenen [2][dubiosen Nebentätigkeiten] des CDU-Abgeordneten Philipp | |
| Amthor grundsätzlich auf ein verbindliches Lobbyregister für den Bundestag | |
| verständigt. Ziel sind strengere Transparenzregeln für Interessenvertreter | |
| und deren Vorgehen im Parlament, um Korruption vorzubeugen. Amthor war | |
| wegen seiner Nebentätigkeit und Lobbyarbeit für das US-amerikanische | |
| IT-Unternehmen Augustus Intelligence stark in die Kritik geraten. | |
| ## Auftraggeber müssen nicht genannt werden | |
| Im Detail sieht der Entwurf ein Lobbyregister vor, in dem Name, Sitz, | |
| Interessenbereich, Zusammensetzung, Mitgliederzahl und Angaben zu | |
| Vertreter*innen der Lobbyorganisationen geführt werden sollen. Konkrete | |
| Auftraggeber müssten nicht veröffentlicht werden, die Auftraggeberbranche | |
| jedoch schon. Angaben zu finanziellen Zuwendungen und Aufwendungen für die | |
| Lobbyarbeit wären optional. Lobbyorganisationen, die ihre Finanzen nicht | |
| offenlegen, sollen jedoch keine Hausausweise zum Bundestag mehr erhalten. | |
| „Dieser Gesetzesentwurf erfüllt nicht die [3][Mindeststandards an | |
| Transparenz]“, sagt Roman Ebener von der Nichtregierungsorganisation | |
| Abgeordnetenwatch. In der vorliegenden Form sei der Entwurf nicht viel mehr | |
| als ein Telefonbuch mit den Adressen von Lobbyisten. „Mit wem | |
| Interessenvertreter, wann, wie lange und über welche Themen reden, müsste | |
| nirgends festgehalten werden“, sagt Ebener. | |
| Hinzu komme, dass sich die Interessenvertreter finanzielle Intransparenz | |
| leicht mit dem Verzicht auf einen Hausausweis erkaufen könnten. Dieser sei | |
| zwar ein Symbol für die Nähe zu den Abgeordneten. „Aber auch ohne | |
| Hausausweis lässt sich massiv Einfluss nehmen“, kritisiert Ebener. | |
| ## Lobbyarbeit in Ministerien weiter intransparent | |
| Hauptkritikpunkt von Ebener ist jedoch die Tragweite des Entwurfs. Denn | |
| dieser regelt nur Lobbyaktivitäten im Bundestag. Ein Großteil der | |
| Einflussnahme auf die Gesetzgebung findet jedoch schon in den Ministerien | |
| statt, in denen die meisten Gesetze entworfen werden. Interessenvertretung | |
| in diesem Bereich bliebe von dem Entwurf jedoch unberührt. | |
| Auch SPD-Verhandlungsführer Matthias Bartke sieht in diesem Punkt noch | |
| Nachbesserungsbedarf. „Ein erfolgreiches Gesetz würde jede Form von | |
| Einflussnahme auf den Gesetzgebungsprozess transparent machen“, sagt | |
| Bartke. Dafür bräuchte es einen „legislativen Fußabdruck“, der deutlich | |
| mache, wann von welcher Seite aus Einfluss genommen wurde. | |
| Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU-Fraktion, Thorsten Frei, | |
| und der parlamentarische Geschäftsführer Patrick Schnieder sehen hier | |
| jedoch keinen Handlungsbedarf des Bundestags. In einem gemeinsamen | |
| Statement schreiben sie, dass jedes Verfassungsorgan die | |
| Interessenvertretung ihm gegenüber selbst regeln solle. Regierung und | |
| Bundesrat sollen demnach selbst entscheiden dürfen, bis zu welchem Grad sie | |
| Lobbyismus transparent machen. | |
| Wenig Begeisterung löst der Gesetzesentwurf bei der Opposition aus. So | |
| heißt es von dem parlamentarischen Geschäftsführer der | |
| FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, der Entwurf sei „löchrig wie ein | |
| Schweizer Käse“. Konkret kritisiert er, dass Gewerkschaften, | |
| Arbeitgeberverbände und Kirchen nicht registriert würden. Zudem sei es | |
| inakzeptabel, dass die Offenlegung der Geldströme mehr oder weniger | |
| optional sei. | |
| 25 Aug 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://fragdenstaat.de/blog/2020/08/25/entwurf-lobbyregister/ | |
| [2] /Die-Affaere-Philipp-Amthor/!5689991 | |
| [3] https://www.lobbycontrol.de/2020/08/mangelhafter-entwurf-scharfe-kritik-an-… | |
| ## AUTOREN | |
| Mitsuo Iwamoto | |
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