| # taz.de -- Verbot der Coronaleugner-Demo: Einspruch eingegangen | |
| > Berlins Innensenator verteidigt das Verbot. Derweil hat die juristische | |
| > Auseinandersetzung begonnen. Eine erste Entscheidung soll Freitag kommen. | |
| Bild: Die Demo der Coronaleugner am 1. August in Berlin | |
| Berlin dpa/epd/taz | Gegen das Verbot einer Demonstration gegen | |
| Corona-Schutzmaßnahmen am Samstag in Berlin ist ein Eilantrag beim Berliner | |
| Verwaltungsgericht eingegangen. Das bestätigte eine Gerichtssprecherin am | |
| Donnerstag auf Anfrage. Mit einer Entscheidung sei am Freitag im Laufe des | |
| Vormittags zu rechnen. | |
| Innensenator Andreas Geisel (SPD) hat [1][das Verbot der Demonstration | |
| gegen die Corona-Politik] verteidigt. Im RBB-Inforadio sprach er am | |
| Donnerstag von einer schweren Entscheidung. Es sei Ziel der Demonstration, | |
| gegen den Infektionsschutz zu verstoßen. Deswegen hätten sie das Grundrecht | |
| auf Unversehrtheit des Lebens höher gewertet als das auf | |
| Versammlungsfreiheit, sagte Geisel. | |
| Man müsse abwägen, welches Gefahrenpotenzial für die Gesundheit der | |
| Teilnehmer, aber auch für andere Berliner und vor allem für die Polizisten | |
| bestehe. „Deswegen haben wir klar gemacht, dass wir uns nicht wieder auf | |
| der Nase herumtanzen lassen“, sagte Geisel. | |
| Am 1. August waren Tausende Menschen in Berlin auf die Straße gegangen. | |
| Weil viele keine Masken trugen und den Mindestabstand nicht einhielten, | |
| löste die Polizei eine Kundgebung auf. Nun untersagte die | |
| Versammlungsbehörde der Polizei mehrere fürs Wochenende geplante Proteste. | |
| Die Veranstalter-Initiative aus Stuttgart geht nun vor dem | |
| Verwaltungsgericht gegen das Verbot vor und will, wenn nötig, auch das | |
| Oberverwaltungsgericht und das Bundesverfassungsgericht anrufen. | |
| Geisel hatte am Mittwoch auch erklärt: „Ich bin nicht bereit, ein zweites | |
| Mal hinzunehmen, dass Berlin als Bühne für Corona-Leugner, Reichsbürger und | |
| Rechtsextremisten missbraucht wird.“ Auf die Frage, ob er damit nicht den | |
| Verdacht nähre, dass es ihm am Ende weniger um den Infektionsschutz gehe, | |
| sondern vor allem darum, Reichsbürger und Rechtsextremisten fernzuhalten, | |
| sagte er im Inforadio: „Nein. Das ist eine schwierige Abwägung, die wir | |
| dort getroffen haben. Die steht in der Verbotsverfügung, da geht es um | |
| Infektionsschutz.“ Aber er habe auch das Recht, eine politische Meinung zu | |
| haben. | |
| ## Geisel: Demokratie muss wehrhaft sein | |
| Auf die Nachfrage, ob es politisch klug sei, diese beiden Dinge so nah | |
| aneinander in einer Mitteilung zu formulieren, sagte er: „Vor Gericht zählt | |
| nur die Verbotsverfügung, nicht meine politische Haltung.“ Aber dass der | |
| Staat, die Demokratie wehrhaft sein müsse, und auch eine politische Haltung | |
| einnehme, sei seine Überzeugung. | |
| In einem [2][taz-Interview hatte Geisel vor zwei Wochen noch explizit ein | |
| Verbot ausgeschlossen]. „Das Grundgesetz gilt für alle, egal ob mir die | |
| Thematik gefällt oder nicht“, hatte er der taz gesagt. Das Tragen eines | |
| Mund-Nasen-Schutzes sei eine Auflage der Polizei; sie nicht zu tragen werde | |
| als Ordnungswidrigkeit gewertet. „Man muss also eine Ordnungswidrigkeit und | |
| das Grundrecht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit abwägen. Das geht | |
| immer zugunsten der Grundrechte aus.“ | |
| Die Initiative Querdenken 711 und die AfD warfen dem Senator vor, die | |
| Demonstration aus politischen Gründen verbieten zu wollen. Der Initiator | |
| der Demonstration, Michael Ballweg, schrieb, es gehe „nicht um | |
| infektionsschutzrechtliche Befürchtungen, (...) sondern ausschließlich um | |
| die Gesinnung der Teilnehmer“. | |
| Zur größten Kundgebung am Wochenende hatte die Initiative für | |
| Samstagnachmittag 22.000 Teilnehmer auf der Straße des 17. Juni nahe dem | |
| Brandenburger Tor angemeldet. Im Internet erschienen Aufrufe, trotz Verbot | |
| in die Hauptstadt zu reisen und zu protestieren. Teilweise wurden dabei | |
| Gewalt und politischer Umsturz gefordert. | |
| ## Sorge vor Gewalt bei der Demo | |
| Geisel zeigte sich laut einem „Tagesspiegel“-Bericht besorgt, dass es zu | |
| Gewalt kommen könnte. Es habe erhebliche Drohungen gegen seine Behörde und | |
| die Polizei gegeben. Im Inforadio sagte er, dort versammle sich ein sehr | |
| heterogenes Spektrum. Am 1. August hätten sich zwischen 20.000 und 30.000 | |
| Menschen zusammengefunden, darunter 3.000 bis 4.000 Neonazis. „Wir erwarten | |
| am Wochenende einige Tausend Neonazis mehr, auch einige Tausend | |
| Demonstranten mehr.“ Die Polizei sei am Wochenende mit mehreren Tausend | |
| Beamten präsent, um entweder das Demonstrationsverbot oder aber harte | |
| Auflagen durchzusetzen. | |
| Der Staatsrechtler Ulrich Battis verteidigte die Berliner Entscheidung. | |
| „Die Versammlungsfreiheit ist nicht schrankenlos“, sagte Battis der | |
| „Rhein-Neckar-Zeitung“. Bei Demonstrationen gehe es auch um die Erfüllung | |
| von Kooperationspflichten. „Wer geltende Vorschriften wie Abstand und | |
| Hygieneregeln bewusst nicht einhält und auch gegen Demonstrationsauflagen | |
| verstößt, der ist nicht friedlich.“ | |
| 27 Aug 2020 | |
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