# taz.de -- Karstadt und der Hermannplatz: Kampf um Zuständigkeit | |
> Der Zwist um die Baupläne von Signa könnte über die Bezirksgrenzen hinaus | |
> Rot-Rot-Grün vor den Wahlen vor eine Zerreißprobe stellen. | |
Bild: Karstadt am Hermannplatz soll abgerissen und neu gebaut werden | |
Von seiner Fundamentalopposition hat sich Florian Schmidt verabschiedet. Im | |
Streit um die Karstadt-Pläne des Investors Signa hat der grüne Baustadtrat | |
von Friedrichshain-Kreuzberg bei einer Anhörung im Abgeordnetenhaus am | |
Mittwoch ein Angebot unterbreitet: Er wolle, sagte Schmidt, ein | |
ergebnisoffenes Masterplanverfahren mit einer breiten Bürgerbeteiligung. | |
Der Bezirk sei dazu bereit. | |
Schmidt deutete auch an, wie ein solches Verfahren aussehen könnte. | |
Zunächst müsse über die Grundlagen des Investitionsvorhabens diskutiert | |
werden, dann über die Nutzungspläne und erst in einem dritten Schritt über | |
die Gestaltung. Damit steht Schmidt freilich nach wie vor im Widerspruch | |
zum Karstadt-Eigner. Der hatte zuerst das Bild vom Wiederaufbau des | |
monumentalen Karstadt-Gebäudes aus den späten Zwanzigern in die Welt | |
gesetzt. Erst in einem zweiten Schritt will Signa dann über die Nutzungen | |
reden. Und das ist bislang ein eher unbekannter Mix. Ein bisschen Karstadt | |
soll da Platz finden, ein paar Büros und seit neuesten auch einige | |
Wohnungen, die die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Degewo bauen soll. | |
Wie geht es nun weiter? | |
Entgegen manchen Behauptungen hat der Senat das Bebauungsplanverfahren noch | |
nicht an sich gezogen. Erst will der neue Bausenator Sebastian Scheel | |
(Linke) ins Gespräch mit den beiden betroffenen Bezirken | |
Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln kommen. Ersterer ist für die | |
Baugenehmigung zuständig, weil das Karstadt-Grundstück in seinen | |
Bezirksgrenzen liegt, zweiterer hat mit den meisten Auswirkungen, also | |
Mietsteigerungen, Veränderung der Gewerbestruktur, Verkehr zu kämpfen. | |
Bei den Gesprächen wird es auch darum gehen, ob vor einer Klärung, ob nun | |
Friedrichshain-Kreuzberg oder der Senat für die Bebauungsplanung zuständig | |
sind, nicht ein Masterplanverfahren geschaltet wird, also eine | |
städtebauliche Bewertung des Vorhabens inklusive Bürgerdialog. Für diesen | |
Fall hat Schmidt aber schon wissen lassen, dass er dafür nicht zur | |
Verfügung steht. Stattdessen müsse vorher geklärt werden, wer für den | |
Bebauungsplan zuständig sei. | |
Damit steckt insbesondere der Bausenator nun in einer Zwickmühle. Große | |
Beteiligungsverfahren wie auf dem RAW-Gelände dauern Jahre. Doch Signa | |
will, so wurde es im Letter of Intent mit dem Senat (Baurecht für den | |
Erhalt von vier Karstadt-Filialen) festgehalten, bis Ende der | |
Legislaturperiode Klarheit. | |
Dass es Signa damit Ernst ist, hat Geschäftsführer Timo Herzberg bereits in | |
der Anhörung angedeutet. Dort hat er dem Senat indirekt mit | |
Schadensersatzforderungen gedroht. Zieht Scheel das Verfahren aber an sich, | |
hat er ein Problem mit der eigenen Partei. Überraschend deutlich nämlich | |
hat sich der Linke-Parteitag vor zwei Wochen gegen den Signa-Deal | |
ausgesprochen. | |
In seiner Kritik an den Karstadt-Plänen argumentiert | |
Friedrichshain-Kreuzberg immer wieder damit, dass der Hermannplatz keine | |
überörtliche – also landesweite – Bedeutung mehr habe, weshalb ein | |
Bauvorhaben, das den Platz auf eine Stufe mit dem Alexanderplatz stellt, | |
problematisch sei. Politisch dagegen hat der Zwist das Potential, über die | |
Bezirksgrenzen hinaus Rot-Rot-Grün vor den Wahlen vor eine Zerreißprobe zu | |
stellen. | |
5 Sep 2020 | |
## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
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