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# taz.de -- Spielstopp für Tennisprofi wegen Corona: Blues in der Blase
> Die Französin Kristina Mladenovic wird von den US Open ausgeschlossen.
> Sie sieht sich als Opfer einer inkonsistenten Corona-Politik.
Bild: Fühlt sich wie eine „Kriminelle“ behandelt: Doppelspezialistin Krist…
Der große Sport findet derzeit in der Blase statt. Oder in der Bubble, wie
der Amerikaner sagt. Die Basketballer der NBA spielen in Orlando
abgeschirmt und ohne Zuschauer um die Meisterschaft. In New York sind die
Tennisspieler dabei, die US-Open-Champions zu ermitteln. Das Leben als
Bubble-Boy und [1][Bubble-Girl] ist bisweilen hart, das „neue Normal“ im
Zuge der Corona-Prävention ist verbunden mit Einschränkungen und
Vorsichtsmaßnahmen, die auf ein geteiltes Echo stoßen. Das ist in New York
nicht anders.
Vor allem die französische Spielerin Kristina Mladenovic hat sich mächtig
aufgeregt über ihre Isolation. Vor vier Tagen sagte sie: „Das ist ein
Alptraum, den wir hier erleben. Ich habe nur den Wunsch, meine Freiheit
wiederzubekommen“, schimpfte die Profispielerin, die in der Weltrangliste
auf Position 44 steht.
„Ich möchte so viele Dinge sagen, die uns hier passiert sind. Es ist
absolut abscheulich, wie sie uns behandelt haben.“ Sie habe den Eindruck,
„dass wir Gefangene, Kriminelle sind“, sagte die 27-Jährige. „Wir sind
machtlos und leiden nur.“ Spricht hier ein Coronarr, ein Hitzkopf, der mal
lieber seine Privilegien als Großverdiener – Karrierepreisgeld: 11.415.424
US-Dollar – checken sollte?
Der Fall ist kompliziert, und er ist seit Sonntag noch komplizierter
geworden, denn die Französin, mit ihrer Doppelpartnerin Timea Babos
(Ungarn) eigentlich an Nummer eins gesetzt in diesem Grand-Slam-Turnier,
wurde ausgeschlossen. Sie darf nicht mehr spielen, weil sie, grob gesagt,
Kontakt mit dem französischen Profi Benoit Paire hatte. Der wurde vor den
US Open positiv auf das Corona-Virus getestet.
## Eine Bubble in der Bubble
In späteren Tests wurde dieses Ergebnis dann nicht mehr bestätigt, auch
klagte Paire über keinerlei Symptome. Trotzdem lief das volle Programm der
Präventionsmaßnahmen an. Kontaktpersonen, darunter eben auch Mladenovic,
wurden ermittelt und in der Bubble noch einmal speziell abgebubbelt.
Anfangs hieß es jedoch, die Kontaktpersonen könnten ihr Hotelzimmer für
Trainings und Spiele verlassen. Dementsprechend trat Mladenovic in Runde
eins gegen die US-Amerikanerin Hailey Baptiste an (7:5, 6:2), in Runde zwei
verlor sie gegen die Russin Varvara Grachewa (6:1, 6:7, 0:6), und auch im
Doppel kam sie zum Zug: Mit ihrer Partenerin besiegte sie in der ersten
Runde Giuliana Olmos aus Mexiko und Kaitlyn Christian (USA) mit 6:2 und
6:2.
Mladenovic sagte, sie sei über 30 Mal auf das Virus getestet worden, sie
verstehe den ganzen Heckmeck nicht, und merkwürdig war dann auch, dass der
als Kontaktperson unter besonderer Beobachtung stehende Franzose Adrian
Mannarino erst nach langen Diskussionen zum Match gegen den Deutschen
Alexander Zverev antreten konnte.
Offensichtlich war den Veranstaltern der US Open selbst nicht klar, nach
welchen Regeln sie verfahren – oder es haperte an der Umsetzung: In einem
Spielerhotel auf Long Island ging es Berichten zufolge sehr streng zu, in
einem anderen eher lax; hie wurde akribisch auf das Tragen des Mundschutzes
geachtet, dort kam es sogar zum Kontakt mit Touristen.
Es gab zum Teil harsche Kritik an der inkonsequenten und intrasparenten
Handhabung der Hygienemaßnahmen. Um weiteren Vorwürfen zu entgegnen, hat
man sich nun wohl für ein hartes Durchgreifen entschieden. In einem
Statement der US-Open-Veranstalter heißt es: Vertreter der
Gesundheitsbehörde von Nassau County, New York, hätten beschlossen, dass es
allen Kontaktpersonen ab sofort untersagt sei, von Long Island zum USTA
Billie Jean King National Tennis Center zu pendeln, also zu der Spielstätte
der US Open.
## „Keine Identität, nichts“
Spieler, die längeren Kontakt mit Benoit Paire gehabt haben, müssen auf
ihren Hotelzimmern für die Dauer der Quarantäne verharren, mindestens bis
zum 11. September. Mladenovic konnte somit nicht zum Zweitrunden-Doppel
antreten und nach einem Doppel-Titel bei den Australian Open den Versuch
unternehmen, auch in New York zu gewinnen. „Wir haben keine
Bewegungsfreiheit, keine Identität, nichts“, sagte die Französin am
Donnerstag.
Das Hin und Her brachte dann auch Novak Djokovic auf den Plan. Vom Serben
ist bekannt, dass er dem Corona-Virus eher kein größeres Gefahrenpotenzial
beimisst; er hatte im Frühjahr die [2][Adria-Tennistour] organisiert, auf
der sich mehrere Profis, darunter Djokovic selbst, mit dem Virus infiziert
hatten.
Als Djokovic in New York mitbekam, dass die Behörden Mannarino nicht zu
seiner Drittrunden-Partie gegen Zverev antreten lassen wollten, griff der
Superstar höchstselbst zum Telefon: „Ich wollte über einige Kontakte den
Gouverneur von New York erreichen“, sagte der Weltranglistenerste nach
seinem ungefährdeten Achtelfinaleinzug.
Bis zu Andrew Cuomo von den Demokraten drang Djokovic zwar nicht vor, doch
seine Intervention zeigt, wie hitzig auch bei den US Open über die
Stringenz der Anti-Corona-Maßnahmen diskutiert wird. Zverev brachte es nach
seinem Sieg gegen Mannarino auf den Punkt: „Es war politisch.“ Blasen des
Unmuts steigen in der Bubble auf. Das Herumgeeiere im Fall Mladenovic wird
die coronaskeptisch gesinnten Gemüter wohl kaum beruhigen.
6 Sep 2020
## LINKS
[1] https://twitter.com/KikiMladenovic/status/1296514738478886913
[2] https://www.dw.com/de/adria-tour-desaster-f%C3%BCr-novak-djokovic/a-53911826
## AUTOREN
Markus Völker
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