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# taz.de -- Ausschluss von Tennisspieler Djokovic: Schlag gegen sich selbst
> Der Erste der Weltrangliste Novak Djokovic kegelt sich mit einem
> Frustschlag bei den US Open selbst aus dem Turnier. Danach zeigt er große
> Reue.
Bild: Großes Entsetzen: Djokovic realisiert, dass er die Linienrichterin am Ha…
Als er sich umdrehte und sah, wo sein Ball gelandet war, war ihm vermutlich
schlagartig klar, was das bedeutete. Genervt von einer verpassten Chance
Ende des ersten Satzes im Achtelfinale der US Open gegen den Spanier Pablo
Carreño Busta, hatte Novak Djokovic den Ball in einer kurzen Bewegung nach
hinten geschlagen, [1][wo er eine Linienrichterin am Hals traf]; die Frau
ging zu Boden und rang um Luft. Sie erholte sich bald wieder vom Schmerz
und von dem Schreck, bei Djokovic wird das länger dauern, sehr viel länger.
Was die besten Spieler aus aller Herren Länder, darunter Roger Federer und
Rafael Nadal, in diesem Jahr nicht geschafft hatten, das erledigte er nun
selbst und kegelte sich aus dem Turnier. Die US Open 2020, wegen der
Pandemie unter sehr speziellen Bedingungen und ohne Zuschauer ohnehin kein
Grand-Slam-Turnier wie andere, erlebten im fast leeren, größten
Tennisstadion der Welt einen mächtigen Crash.
Die Nummer eins im Männertennis, in diesem Jahr in 26 Spielen unbesiegt,
haushoher Favorit auf den Titel, disqualifiziert – diese Geschichte löste
Schockwellen in der Welt des Tennis aus. Djokovic war nicht der erste
Spieler, der bei einem Grand-Slam-Turnier disqualifiziert wurde, aber
sicher der prominenteste seit John McEnroe anno 1990 bei den Australian
Open. Sieben Minuten diskutierte der Serbe auf dem Platz mit dem deutschen
Oberschiedsrichter Sören Friemel und dem Schweizer Supervisor Andreas Egli,
nachdem Stuhlschiedsrichterin Aurelie Tourte (Frankreich) das Urteil
verkündet hatte, aber die Sache war klar.
Friemel sagte später, die Entscheidung sei so ausgefallen, wie sie habe
ausfallen müssen. Djokovic habe in der Diskussion zugegeben, den Ball im
Ärger weggeschlagen zu haben, allerdings nicht mit der Absicht, die
Linienrichterin zu treffen. Aber Absicht oder nicht – die Frau sei
getroffen worden, und damit habe es keine andere Entscheidung geben können.
Eine halbe Stunde später verließ Djokovic die Anlage, ohne sich bei der
obligatorischen (dieser Tage virtuellen) Pressekonferenz zu äußern. Ein
paar Stunden später teilte er über soziale Netzwerke mit, es tue ihm sehr
leid, der Linienrichterin so zugesetzt zu haben. Zur Disqualifikation
schrieb er: „Ich muss jetzt in mich gehen, meine Enttäuschung verarbeiten
und das als Lektion für meine Entwicklung als Spieler und als Mensch
betrachten. Ich bitte die US Open und alle Beteiligten für mein Verhalten
um Entschuldigung.“
## Probleme außerhalb des Platzes
Ein spektakulärer Fall mit ironischen Untertönen. Nur auf den beiden
größten Plätzen der US Open sind in diesem Jahr Linienrichter im Einsatz,
auf den Außenplätzen wird mit einem elektronischen System gearbeitet. Hätte
Djokovic auf Platz 12 gespielt, wäre ihm nichts passiert – aber die Nummer
eins spielt nun mal nicht auf Platz 12. Und hätte ein Ball vom starken
spanischen Gegner bei einem von mehreren Satzbällen von Djokovic nicht
gerade noch die Linie berührt, dann wäre sicher nicht jener Ärger
hochgekocht, der später im Frust zum weitreichenden Fehler führte.
Vor diesem denkwürdigen Sonntagabend in New York hatte Novak Djokovic auf
dem Tennisplatz in diesem Jahr für jedes Problem eine Lösung gefunden,
außerhalb der Linien allerdings eher nicht. Für den [2][fahrlässigen Umgang
mit Covid-19-Regularien] während der von ihm initiierten Serie von
Schaukämpfen im Juni in Serbien und Kroatien, nach der er und drei
Mitspieler positiv getestet wurden, hatte er viel Kritik heraufbeschworen.
Ebenso wie für die Präsentation einer neuen Spielervereinigung kurz vor
Beginn der US Open, für die es in der Sache durchaus einige Fürsprecher
gibt, nicht aber für das recht fragwürdige Timing in schwierigen Zeiten.
Der Favorit hat sich selbst besiegt, und nun ist da auf einmal viel Platz
für die anderen. Zum ersten Mal seit 16 Jahren werden die letzten Runden
eines Grand-Slam-Turniers ohne mindestens einen der großen drei gespielt –
Djokovic, Roger Federer und Rafael Nadal. Zu den hoffnungsvollen Kandidaten
auf den großen Sieg gehört auch Alexander Zverev, der zunächst an diesem
Dienstag im Viertelfinale gegen den Kroaten Born Coric spielen wird. Wie
Zverev die Sache nach dem Abflug der Nummer eins sieht? „Jetzt wird’s
interessant“, sagte er, „sehr interessant.“
7 Sep 2020
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=wnp0cRlvdNw
[2] /Tennis-nach-Corona/!5691543
## AUTOREN
Doris Henkel
## TAGS
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