# taz.de -- Gentechveränderte Pflanzen erkennen: Test enttarnt neue Gentechnik | |
> Labore können Pflanzen erkennen, die mit Gentechverfahren wie Crispr/Cas | |
> verändert worden sind. Das zeigt eine neue Testmethode. | |
Bild: Ist der Raps, in dem der Rehbock steht, gentechnisch verändert? Ein neue… | |
Berlin taz | Ob Pflanzen auf neuen Gentechnikmethoden basieren, lässt sich | |
im Labor nachweisen – obwohl manche Aufsichtsbehörden das Gegenteil | |
behaupten: Der Verband Lebensmittel ohne [1][Gentechnik] (VLOG) publizierte | |
am Montag gemeinsam mit Umweltorganisationen wie Greenpeace und der | |
Handelskette Spar Österreich die erste öffentlich zugängliche | |
Nachweismethode für eine Pflanze, deren Erbgut per „Genome Editing“ | |
verändert wurde. Die Organisationen forderten die Ämter auf, mithilfe des | |
Tests Verbraucher*Innen vor der in der EU verbotenen Rapssorte SU Canola | |
der US-Firma Cibus zu schützen. | |
Wissenschaftler haben die Pflanze VLOG zufolge mithilfe eines Verfahrens | |
namens Oligonukleotid-gesteuerte Mutagenese so umgebaut, dass sie das | |
Spritzen mit einem Unkrautvernichtungsmittel überlebt. Wie bei der | |
bekannteren Crispr/Cas-Methode wurde dazu nicht ein fremdes Gen in die | |
Pflanze eingeführt. „Neben den beabsichtigten Veränderungen verursacht | |
Genome Editing allerdings auch unbeabsichtigte Veränderungen des Erbguts, | |
die die Sicherheit der Produkte für Mensch und Umwelt beeinträchtigen | |
können“, warnt VLOG. Bisher hatten die Europäer aber keine Möglichkeit, den | |
verbotenen Raps etwa in Importen aus Nordamerika zu erkennen. | |
Das dürfte sich ändern durch die Nachweismethode, die nun nach Begutachtung | |
durch unbeteiligte Wissenschaftler im Fachjournal [2][Foods] veröffentlicht | |
worden ist. Das österreichische Umweltbundesamt habe den Test bereits | |
validiert, teilte VLOG mit. Da er auf der weit verbreiteten Nachweistechnik | |
Polymerase-Kettenreaktion (PCR) aufbaut, könne er sehr leicht von allen | |
privaten oder öffentlichen Gentech-Untersuchungslabors angewendet werden. | |
VLOG, der das grüne Lebensmittelsiegel „Ohne Gentechnik“ vergibt, will den | |
Test in sein Kontrollprogramm integrieren. Das Verfahren wurde von | |
Forschern um John Fagan vom Health Research Institute im US-Bundesstaat | |
Iowa entwickelt. | |
„Jetzt gibt es keine Ausreden mehr – bestehende Sicherheits- und | |
Kennzeichnungspflichten müssen auch auf diese neuen Gentechnik-Produkte | |
angewendet werden“, sagte Franziska Achterberg, Lebensmittelexpertin bei | |
Greenpeace in Brüssel. „Die Europäische Kommission und unsere Regierungen | |
sollten nun auf diesen Erfolg aufbauen und Verfahren entwickeln, mit denen | |
auch andere genomeditierte Produkte identifiziert werden können.“ | |
## Saatgutindustrie unbeeindruckt | |
Doch das einflussreiche deutsche Bundesamt für Verbraucherschutz und | |
Lebensmittelsicherheit hält nichts von dem neuen Test. Seine Entwickler | |
würden „irrtümlicherweise“ davon ausgehen, dass die Mutation in dem Raps | |
durch Genome Editing erzeugt wurde, teilte die Behörde der taz mit. | |
Vielmehr sei die Pflanze zufällig mutiert. Allerdings hatte das Bundesamt | |
[3][2018] erklärt, dass Cibus-Raps durch die neue Gentechnik | |
Oligonukleotid-gesteuerte Mutagenese verändert worden sei. In der | |
Gentech-Pflanzen-Datenbank „[4][Euginius]“ des Amts wurde die Sorte auch am | |
Montag als Produkt von Genome Editing geführt. | |
Der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter schrieb der taz, der neue Test | |
könne zwar eine Pflanze erkennen, wenn ihre Genveränderung bekannt ist. Er | |
„ermöglicht es allerdings nicht, zwischen den Ursprüngen identischer | |
genetischer Veränderung zu unterscheiden oder den Ursprung einer Mutation | |
zu identifizieren“. Deshalb bleibe der Verband bei seiner Position, „dass | |
Pflanzen mit genetischen Veränderungen, wie sie auch durch herkömmliche | |
Züchtungsmethoden oder durch natürliche Faktoren entstehen könnten, nicht | |
als gentechnisch veränderter Organismus reguliert werden sollten“. | |
7 Sep 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Schwerpunkt-Gentechnik/!t5010915/ | |
[2] https://www.mdpi.com/2304-8158/9/9/1245/htm#app1-foods-09-01245 | |
[3] https://www.bvl.bund.de/SharedDocs/Fachmeldungen/06_gentechnik/2018/2018_08… | |
[4] https://euginius.eu/euginius/pages/gmo_detail.jsf?gmoname=5715 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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