# taz.de -- Gas-Pipeline Nord Stream 2: Stopp ohne Entschädigung möglich | |
> Die umstrittene Pipeline Nord Stream 2 könnte doch ohne Zahlungen | |
> gestoppt werden. Dafür müsste die EU Sanktionen gegen Russland verhängen. | |
Bild: Könnten im Fall neuer Sanktionen noch lange auf Rügen liegen: Pipeline-… | |
Seit dem Giftanschlag auf den russischen Oppositionellen Alexei Nawalny | |
wird über einen [1][Stopp der Gas-Pipeline Nord Stream 2] diskutiert. Doch | |
wenn dafür einfach bereits erteilte Genehmigungen widerrufen würden, könnte | |
das hohe Schadenersatzforderungen zur Folge haben, warnen Kritiker. Anders | |
sieht die Sache aber aus, wenn der Stopp als Sanktion durchgesetzt wird. | |
Solche Zwangsmaßnahmen müsste aber die EU beschließen, die für | |
Wirtschaftssanktionen zuständig ist. Eine entsprechende EU-Verordnung hätte | |
direkte Wirkung in allen Mitgliedstaaten. Entschädigungen sind nicht | |
erforderlich. | |
Da die EU die ausschließliche Kompetenz für die Handelspolitik hat, liegt | |
auch die Kompetenz für Wirtschaftssanktionen auf europäischer Ebene. | |
Erforderlich sind für Handelsbeschränkungen jeweils zwei Beschlüsse. Zuerst | |
beschließen die EU-Staaten im Rahmen der gemeinsamen Außen- und | |
Sicherheitspolitik einstimmig, ob es Sanktionen geben soll. Wenn das | |
passiert, gestaltet der EU-Ministerrat die Sanktionen per | |
Mehrheitsbeschluss aus. | |
Möglich sind Sanktionen gegen Staaten, aber auch gegen Einzelpersonen und | |
Unternehmen. Per Verordnung wird festgelegt, welche Einschränkungen gegen | |
wen verhängt werden. Anders als eine EU-Richtlinie gilt eine EU-Verordnung | |
ohne nationale Umsetzung. Nur für ein Waffenembargo wäre noch ein | |
nationaler Umsetzungsakt erforderlich. | |
[2][Sanktionen gegen Russland] sind für die EU kein Neuland. 2014 hat die | |
EU aus mehreren Gründen Wirtschaftssanktionen gegen die Russische | |
Föderation und russische Funktionäre verhängt. Damit reagierte die EU auf | |
den völkerrechtswidrigen Anschluss der Krim-Halbinsel sowie die | |
Destabilisierung der Ukraine durch die russische Unterstützung von | |
Separatisten im Osten des Landes. Verhängt wurden Ein- und Ausfuhr- sowie | |
Investitionsverbote. Betroffen sind vor allem die Rüstungs- und | |
Energieindustrie sowie der Finanzmarkt. Die Funktionäre erhielten | |
Einreisesperren und ihre Konten wurden eingefroren. Die Sanktionen gelten | |
heute noch. | |
## Auch EU-Partner ohne Ansprüche | |
Natürlich schädigen die Sanktionen nicht nur die russische Seite, sondern | |
auch die europäischen Geschäftspartner. Einen Anspruch auf Entschädigung | |
sehen die EU-Sanktionen allerdings nicht vor. „Hier gilt der Grundsatz, | |
dass jedes Unternehmen die allgemeinen Risiken eines Auslandsgeschäfts, für | |
das sich die Bedingungen rasch ändern können, selbst trägt“, erklärte | |
damals das Bundeswirtschaftsministerium. | |
Das Ministerium lehnte auch freiwillige Hilfszahlungen ab und verwies auf | |
allgemeine Programme zur Überwindung von Liquiditätsproblemen, etwa | |
günstige KfW-Kredite. Im Übrigen seien die Unternehmen selbst | |
verantwortlich. „Verluste aus konkreten Aufträgen, die infolge der | |
Sanktionen nicht mehr abgewickelt werden können, hätte das Unternehmen | |
durch den Abschluss einer staatlichen oder privaten | |
Exportkreditversicherung ausschließen können“, hieß es. | |
Dass Wirtschaftssanktionen grundsätzlich auf EU-Ebene beschlossen werden, | |
dürfte im Falle von [3][Nord Stream 2] keine hohe Hürde darstellen, da vor | |
allem Deutschland Interesse an dem Projekt hat. Viele EU-Staaten, | |
insbesondere in Osteuropa, lehnen die direkte Pipeline durch die Ostsee | |
dagegen sogar ausdrücklich ab, weil sie ihren Einfluss schmälert. | |
11 Sep 2020 | |
## LINKS | |
[1] /AKK-Maas-und-Spahn-zu-Fall-Nawalny/!5712616 | |
[2] /Diskussion-um-Nord-Stream-2/!5712755 | |
[3] /AKK-Maas-und-Spahn-zu-Fall-Nawalny/!5712616 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
## TAGS | |
Nord Stream 2 | |
EU-Sanktionen | |
Russland | |
Alexei Nawalny | |
Nord Stream 2 | |
Europäischer Gerichtshof | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Alexei Nawalny | |
Alexei Nawalny | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Sanktionen gegen Nord Stream 2: USA doch im Recht | |
Ein Bundestagsgutachten sagt: US-Sanktionen gegen deutsche Unternehmen, die | |
am Bau von Nord Stream 2 beteiligt sind, sind nicht völkerrechtswidrig. | |
Europäischer Gerichtshof und Russland: Öl-Gigant Rosneft scheitert | |
Das Gericht hat keine Einwände gegen die Sanktionen, die die EU gegen | |
Russland 2014 wegen der Destabilisierung der Ukraine verhängt hat. | |
Naturschutzexperte über Nord Stream 2: „Erdgas ist keine Lösung“ | |
Die Deutsche Umwelthilfe will Nord Stream 2 vor Gericht kippen. Das Projekt | |
sei klimapolitisch unverantwortbar, sagt der DUH-Geschäftsführer Sascha | |
Müller-Kraenner. | |
Diskussion um Nord Stream 2: Röttgen für Sanktionen | |
Der CDU-Politiker widerspricht Peter Altmaier, der meint, dass ein Abbruch | |
von Nord Stream 2 nichts bewirken würde. Putin verstehe diese Form der | |
Machtpolitik. | |
AKK, Maas und Spahn zu Fall Nawalny: Spielball Nord Stream 2 | |
Spitzenpolitiker*innen überlegen laut, wie man Russland zu Aufklärung im | |
Fall Nawalny bewegen kann. Mehr und mehr im Fokus: die Gaspipeline Nord | |
Stream 2. |